• Stempel des Einheitszinssatzes in einem Sparbuch der Stadtsparkasse Dresden : © Historisches Archiv des OSV

Der Einheitszinssatz der DDR

Zum Jahresbeginn 1971 wurde er eingeführt, der einheitliche Zinssatz für Spareinlagen. Damit wurde Zinsaufwand gespart. Bis zur Wendezeit sollte der Satz von 3,25 % gültig bleiben. Grundlage für die Änderung vor 50 Jahren war ein Ministerratsbeschluss. Bis Ende 1970 wurden Spareinlagen je nach ihrer Laufzeit unterschiedlich verzinst. Nun erklärte man alle bestehenden Laufzeit- und Kündigungseinlagen als frei verfügbar. Aber wie sollten die Sparkassen ihren Kunden die Neuerung erklären? In unserem Archiv ist in der Akte HAP-E 472/2010 ein Entwurf der Staatsbank der DDR für eine Argumentation erhalten, der hier veröffentlicht wird. Es handelt sich um ein interessantes Dokument zum sozialistischen Sparkassenwesen.

„Seit der Gründung unserer Republik wird der Entwicklung des Sparwesens eine große Bedeutung beigemessen. Wie auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, so ist auch die Sparpolitik als Teil der Gesamtpolitik darauf gerichtet, die Übereinstimmung zwischen den persönlichen Interessen, d.h. den Interessen der Sparer, mit den gesellschaftlichen Interessen herzustellen. Eine solche Übereinstimmung ist nur im sozialistischen Staat möglich, weil nur er über die bewußte Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus, insbesondere durch die Gestaltung des gesellschaftlichen Systems als einheitliches Ganzes, eine den Interessen der gesamten Bevölkerung dienende Entwicklung gewährleisten kann. Das zeigt sich z. B. darin, daß die Regierung der DDR die Sicherheit der Spareinlagen und die absolute Steuerfreiheit dieser Einlagen garantiert. Diese Garantieerklärung bedeutet nicht nur, daß der Sparer jederzeit die von ihm eingezahlte Summe zurückerhalten kann, sondern der sozialistische Staat garantiert ihm gleichzeitzig, daß das von ihm eingezahlte Geld zu jedem späteren Zeitpunkt zumindest den gleichen Wert repräsentiert.

Um allen Bürgern unserer Republik für die Anlage ihrer Ersparnisse in Spareinlagen oder Wertpapieren gleiche Bedingungen zu sichern und sie damit am volkswirtschftlichen Nutzeffekt der angelegten Ersparnisse mit gleichen Anteilen zu beteiligen, hat der Ministerrat der DDR beschlossen, ab 1. Januar 1971 alle Spareinlagen und Wertpapiere einheitlich mit 3 1/4 % jährlich zu verzinsen. Mit dieser Maßgabe unserer Regierung erhalten von diesem Zeitpunkt ab über 15 Millionen Sparer in unserer Republik eine höhere Verzinsung ihrer Spareinlagen. Damit findet die ständig wachsende Wirksamkeit des ökonomischen Systems des Sozialismus auch im Nutzen für jeden Einzelnen ihren Ausdruck. Mit der Erhöhung des Normal-Zinssatzes für Spareinlagen von 3 % auf 3 1/4 % ist gleichzeitig die Abschaffung der sogenannten langfristig angelegten Spareinlagen und Wertpapiere zu 4 % und 5 % verbunden. Auch diese Spareinlagen und Wertpapiere werden ab dem 1. Januar 1971 mit 3 1/4 % verzinst. Damit wird die differenzierte Verzinsung der Spareinlagen und Wertpapiere beseitigt, die ökonomisch nicht gerechtfertigt ist, da mit allen Einlagen der gleiche volkswirtschaftliche Nutzeffekt erzielt wird.

Hinzu kommt noch, daß die mit einer bestimmten Laufzeit angelegten Spareinlagen nach Beendigung dieser Frist von 1 bzw. 3 Jahren frei verfügbar werden und trotzdem dafür noch weiter die höhere Verzinsung gewährt wurde. Für diese Einlagen bestand also hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeiten gar kein Unterschied zu den zu 3 % angelegten Guthaben anderer Sparer. Mit der Regelung erhielten rund 10 % der Sparer bzw. der Besitzer von Wertpapieren ökonomisch nicht gerechtfertigte Vorteile gegenüber allen anderen Sparern. Die Sicherung der ständigen Übereinstimmung zwischen den persönlichen und den gesellschaftlichen Interessen erforderte, diese Faktoren, die zu einer nicht gerechtfertigten Differenzierung auf dem Gebiete des Sparwesens führten, durch die Festlegung des einheitlichen Zinssatzes von 3 1/4 % jährlich, der für die überwiegende Mehrheit der Sparer finanzielle Vorteile mit sich bringt, zu beseitigen.“

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