• © Historisches Archiv des OSV

Die Einführung der Reichsmark

Vor 100 Jahren erfolgte in Deutschland eine neue Währungsgesetzgebung. Die Reichsbank wurde eine souveräne, von der Regierung unabhängige Zentralnotenbank. Nicht ein Münzgesetz, wie das vom 4. Dezember 1871, sondern ein Bankgesetz führte neues Geld ein. Die Noten der Reichsbank sollten die Währungsbezeichnung Reichsmark tragen. Anders als bei der Einführung der Mark nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 ging es nicht mehr um eine Münz-, sondern um eine Papierwährung. Ihre bisher ausgegebenen Mark-Scheine sollte die Reichsbank im Verhälnis eine Billion zu eins in Reichsmark umtauschen. Reichsmark-Scheine ware künftig das einzige unbeschränkt gültige gesetzliche Zahlungsmittel.

Wirksam wurde das Bankgesetz aber erst zum 11. Oktober 1924. Die Reichsdruckerei stellte die ersten neuen Geldscheine im Herbst fertig. Das waren Werte von 10, 20, 50 und 100 Reichsmark. Um sie fälschungssicherer zu machen, verwendete man Hadernpapier aus textilen Rohstoffen. Zwar musste die Reichsbank 30 Prozent des Notenumlaufs durch Goldreserven decken. 1.392 Reichsmark entsprachen dabei einem Pfund Feingold. Die Scheine konnten aber nicht, wie in der Zeit der Mark vor dem Ersten Weltkrieg, in Gold eingelöst werden. Am 11. Oktober trat auch ein neues Münzgesetz vom 30. August 1924 in Kraft. Aber erst im Folgejahr wurden nach einer Bekanntmachung vom 17. April 1925 Geldstücke zu einer Reichsmark aus Silber geprägt.

  • Dieses Foto von Julius Dörr ist wahrscheinlich 1927 entstanden. : © Oderlandmuseum Bad Freienwalde

Der dichtende Sparkassenrendant

Julius Dörr kam am 23. Juni 1850 in Prenzlau auf die Welt. Seine Ausbildung absolvierte er im Büro des Magistrats der Stadt und dann beim Landratsamt in Angermünde.* Er wirkte zunächst ab 1. Januar 1875 als Kontrolleur der dortigen Kreiskommunalkasse und Kreissparkasse. Weil deren Rendant kränkelte, übernahm er dessen Arbeit ab Anfang 1877 mit. Nach seiner Beurlaubung wurde er am 1. Mai 1878 übergangsweise und nach Beschluss vom 16. Dezember 1878 fester Rendant. Doch Dörr blieb nicht in seiner uckermärkischen Heimat.

Weil er sein Gehalt bei einem größeren Institut verbessern wollte, wechselte er zum 1. Februar 1881 kurzfristig nach Freienwalde. Es gab eine freie Stelle, weil der Kassenführer der Oberbarnimer Kreiskommunal- und Kreissparkasse verstorben war. Dörr wirkte dort sehr erfolgreich als Rendant und leitete das Geschäft. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm der Kreis anlässlich des 25. Thronjubiläums des Kaisers im Juni 1913 den Titel Kreissparkassendirektor. Zum 1. April 1920 wurde er sogar noch offiziell als Direktor angestellt und damit ein letztes Mal höhergruppiert.

Nach über 40-jähriger Dienstzeit bei der Kreissparkasse Oberbarnim ging Dörr am 1. April 1921 in Pension. Er verstarb am 8. Juli 1930 und wurde in Bad Freienwalde begraben. Aber nicht als Sparkässler, sondern unter anderem als Mundartautor ist Julius Dörr heute besser bekannt. Er verfasste zum Beispiel Werke im Plattdeutsch der Uckermark, etwa dieses mit dem Titel „Ik reek nich rup“ (Ich reiche nicht rauf). Aus dem bäuerlichen Leben stammten viele Inhalte seiner Gedichte.

An’t Spinnrad sitt de schmuck Marie
Da schliekt sich sacht der Hans herbi
He fröggt nich lang, de Vagelbund
He püßt er midden up den Mund

Na töf, du Ströper, schellt Marie
Gliek biddst du’t af, dat segg ik di
Un nimm di’t ja nich wedder rut
Sünst is’t mit unse Fründschaft ut

Nu wes‘ man god und lat dat Grolln
Du brukst den Puß ja nich beholln
Fix giff’n mi torügg, Marie
Ik bün darüm nich bös mit di

Nu treckt Marie woll erst ne Schipp
Ach nä, se krüst de rode Lipp
un kiekt to Hansen fründlich up
Ik kann jo nich, ik reek nich rup

Da hett de Hans sich ielig bückt
Noch mänchen söten Puß sich plückt
Un schmuck Marie gaff Stück vör Stück
De Münz em ungetellt torügg

* Die Informationen zum beruflichen Werdegang sind der Personalakte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv entnommen.

  • 1 Mark von 1914 als Geldstück und als Geldschein : © Historisches Archiv des OSV

Die Einführung der Papiermark

Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde die Mark als einheitliche deutsche Währung eingeführt. Gesetze regelten nicht nur die Auspägung von Münzen, etwa die Herstellung von 100 1-Mark-Stücken aus einem Pfund Feinsilber. Die Reichsbank wachte über die Sicherheit der zum Teil durch Goldreserven gedeckten Markwährung. Reichsbanknoten gab es zuerst nicht unter 100 Mark, ab 1906 auch zu 50 und 20 Mark. Erst ab 1910 galten ihre Geldscheine als gesetzliche Zahlungsmittel. Die Bevölkerung nutze jedoch lieber weiter Goldmünzen.

Die Reichsbank war verpflichtet, ihre Noten gegen Gold einzulösen. Dabei entsprachen 1392 Mark einem Pfund Feingold. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Einlösepflicht am 4. August 1914 gesetzlich abgeschafft. Das war das Ende des Goldstandards. Zugleich gründete der Staat sogenannte Darlehenskassen, die Handel und Gewerbe durch Kredite fördern sollten. Sie gaben Darlehenskassenscheine aus. Diese waren keine gesetzlichen Zahlungsmittel und mussten nur von den Reichskassen und öffentlichen Kassen der Bundesstaaten angenommen werden.

Der Gesamtbetrag der Scheine wurde zunächst auf 1,5 Milliarden Mark begrenzt. Beim Kriegsende 1918 waren schließlich 10 Milliarden vorhanden. Da die Reichsbank die Darlehenskassenscheine zur Deckung ihrer eigenen Noten verwenden durfte, trugen sie auch so zur Expansion der Geldmenge bei. Die Vergrößerung des Volumens bei begrenztem Warenangebot führte bereits während des Ersten Weltkrieges zur Inflation. Einem unkontrollierten Verlust des Geldwertes wirkte der Staat jedoch durch verschiedene Maßnahmen entgegen.

  • Taler Königreich Preußen, 1830 - Taler Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, 1848 - Taler Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, 1870 : © Historisches Archiv des OSV

Geldgeschichte für den Nachwuchs

Ab dieser Woche besuchen wieder neue Auszubildende von Sparkassen Einführungsseminare an der Nord-Ostdeutschen Sparkassenakademie in Potsdam. Seit 2016 bin ich Teil des Programms und bringe dem Nachwuchs die Geschichte näher. „Wenn’s um Geld geht … Sparkasse“ hieß es früher einmal. Mit welchen Währungen die Sparkassen in der Vergangenheit schon alles zu tun hatten, wird immer anschaulich erklärt.

Sie starteten in der Zeit des Talers. Doch nicht überall gab es dasselbe Rechensystem. Am Beispiel des Geschäftsgebietes der Sparkasse Neubrandenburg-Demmin, deren Azubis heute anwesend waren, kann dies verdeutlicht werden. Demmin, 1842 der erste Sparkassenstandort, lag im preußischen Pommern. Malchin gehörte 1844 zum Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin. Neubrandenburg erhielt 1852 eine Sparkasse. Die Stadt befand sich im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz.

Die Taler trugen das Bildnis des jeweiligen Landesherrn. Während sie sich im Königreich Preußen aus 30 Silbergroschen zusammensetzten, waren es in Mecklenburg 48 Schillinge. Aber nicht nur Auszubildende aus den genannten Ländern waren zu Gast. In Anhalt machten in der Gründungszeit der Stadtsparkasse Dessau 24 Groschen einen Taler. Silbergroschen, Schilling und Groschen bestanden aus jeweils 12 Pfennigen. Die Einführung der einheitlichen Währung Mark zu 100 Pfennigen nach der Gründung des Deutschen Reiches machte das Rechnen dann einfacher.

  • Ansturm auf die Stadtsparkasse Berlin am Mühlendamm beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 110 Jahren (Abb. in der Illustrirten Zeitung, Nr. 3710, S. 260; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

„Kopflose Maßnahmen des Publikums“

Mit diesen Worten betitelte die Illustrirte Zeitung das Foto, das viele Kundinnen und Kunden zeigt, die bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor der Berliner Stadtsparkasse Schlange stehen, um Erspartes abzuheben. Das Berliner Tageblatt berichtete, dass zur Aufrechterhaltung der Ordnung Polizei angefordert werden musste. Als vertrauensbildende Maßnahme wies die Sparkasse mit riesigen Schildern am Gebäude auf die Haftung der Stadt für die Sicherheit der Einlagen hin. Das Geld sei als Privateigentum sowohl gegen den Zugriff des deutschen Staates und die Verwendung für Kriegszwecke als auch vor dem Feind geschützt, verkündete damals der preußische Innenminister.

Das Fachblatt des Deutschen Sparkassenverbandes, Die Sparkasse, widmete sich der Panik bei den Sparkassen im Nachgang und publizierte umfangreiches Zahlenmaterial. Verschiedene Ursachen wurden ausgemacht. Interessant erscheint zum Beispiel, dass Menschen schlichtweg Geld benötigten, um einzukaufen, weil sie Lebensmittelmangel befürchteten. Nach dem Bekanntwerden der Mobilmachung Russlands am 26. Juli 1914 nahmen die Angstabhebungen enorm zu. Den Höhepunkt erreichte der Run auf die Sparkasse der Stadt Berlin schließlich am 31. Juli (Freitag) mit 11.019 und 1. August 1914 (Samstag) mit 11.701 Rückzahlungen. Die Spareinlagen reduzierten sich um 1,291 und 1,366 Millionen Mark. Nach der Verkündung der deutschen Mobilmachung am ersten Augusttag legte sich die Unruhe und ab dem nächsten Kassentag ging der Andrang zurück.

  • Übersicht über den Stand der brandenburgischen Sparkassen per 30.06.1949, Anlage zum Rundschreiben Nr. 26/49 des Brandenburgischen Sparkassenverbandes (Ausschnitt); Angaben in Tausend Deutsche Mark der Deutschen Notenbank : © Historisches Archiv des OSV

Planwirtschaft im Spargeschäft

Hier sehen Sie die Top Ten der brandenburgischen Sparkassen. Der zuständige Regionalverband wusste vor 75 Jahren genau Bescheid, welche Fortschritte die Mitgliedssparkassen zum Beispiel im Spargeschäft machten. Nach der Währungsreform 1948 wurden die Institute intensiver in die sozialistische Planwirtschaft eingebunden. Die Spareinlagen sollten vermehrt werden, vor allem mit Hilfe der Werbung und durch die Förderung des Kleinsparens in Schulen und Betrieben. Die Steigerung der Spartätigkeit galt als wesentliche Stütze des Aufbaus und sollte in gleicher Weise dem Wohl des Einzelnen und der Gesamtheit dienen. Die politische und wirtschaftliche Bedeutung machte der Brandenburgische Sparkassenverband den Führungskräften auf Tagungen klar.

„Auftretende rückständige Meinungen, zunächst eine Besserung der Lebenslage der Bevölkerung abzuwarten und erst dann zu werben, wurden mit politischen Argumenten widerlegt (Hinweis auf den circulus vitiosus wie sie Lenin in ‚Die große Ininitiative‘ aufzeigt). Nach anfänglichem Sträuben hat sich die Mehrzahl der Sparkassenleiter und Angestellten mit grosser Aktivität eingesetzt.“*

Für jede Sparkasse wurde ein Soll festgelegt, das es zu erreichen galt. Die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) – Hauptverwaltung Finanzen, eine Regierungsinstanz der sowjetischen Besatzungsmacht, richtete am 3. Juni 1949 einen Erlass an die Landesregierungen. Der Zuwachs in 1949 sollte betragen: ein Prozent des Bestandes am 31. Dezember 1948, dazu zehn Deutsche Mark der Deutschen Notenbank (DM) für jedes Konto am Jahresende 1948 „zuzüglich der Summe, die errechnet wird aus der Anzahl der Einwohner des Tätigkeitsgebietes der Sparkasse abzüglich der Anzahl der bereits bestehenden Sparkonten, multipliziert mit DM. 2,-.“**

Der Sparkassenverband errechnete den individuellen Betrag und teilte ihn der Sparkasse mit. Die Ergebnisse musste er halbjährlich dem jeweiligen Landesfinanzministerium zur Weiterleitung an die Hauptverwaltung Finanzen der DWK liefern. Diese sah im Erlass eine gestaffelte Belohnung für die Leitung und die Angestellten der drei erfolgreichsten Sparkassen vor. So wollte man sie zum Wettbewerb motivieren. Vor allem die verstärkte Werbearbeit in der zweiten Jahreshälfte bewirkte letztlich, dass sich die Spareinlagen der brandenburgischen Sparkassen 1949 insgesamt um 19,25 Prozent erhöhten. Das Soll von 9,4 Millionen DM wurde mit 4,2 Millionen DM übererfüllt. Am erfolgreichsten waren die Stadtsparkasse Werder (Havel), die Stadtsparkasse Strausberg und die Kreissparkasse Teltow in Mahlow. 11 von 48 Instituten konnten ihre Planvorgaben allerdings nicht einhalten.

* Bericht des Brandenburgischen Sparkassenverbandes über den Spareinlagenwettbewerb im Jahre 1949 für die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium der Finanzen – Hauptabteilung Banken und Versicherungen, 03.01.1950

** Erlass der Deutschen Wirtschaftskommission – Hauptverwaltung Finanzen an die Landesregierungen, 03.06.1949, Auszug im Rundschreiben Nr. 23/49 des Brandenburgischen Sparkassenverbandes