• © Historisches Archiv des OSV

Wer wäre gerne Millionär?

Diese Frage stelle ich gern als Referent bei Bildungsveranstaltungen und drücke Interessierten einen Schein aus unserem Bestand in die Hand. Natürlich geschützt in einer Archivfolie. Vor genau 100 Jahren kamen sie in Umlauf, die ersten einseitig bedruckten Eine-Million-Mark-Noten der Reichsbank. Die Zentralnotenbank gab in der Inflationszeit nach dem Ersten Weltkrieg immer höhere Geldwerte heraus. So datierten beispielsweise auf den 1. Februar 1923 erste Scheine zu 100.000 Mark. Am 20. Februar folgte schon die Million. Die Kaufkraft des Geldes sank immer mehr.

Diese Million Parpiermark entsprach am Ausgabetag lediglich noch 180,64 Goldmark der Vorkriegszeit. Die massive Staatsverschuldung führte zu einer enormen Geldschöpfung und zu krassen Preiserhöhungen. Nach dem Ende der Hyperinflation konnte man dann mit solchen „kleinen“ Scheinen gar nichts mehr anfangen. Denn eine Billion Mark enstprach einer Rentenmark oder Reichsmark. Und wie viele Millionen sind eine Billion? Wer war dann gern nur Papiermark-Millionär? Auch Milliarden- und Billionen-Scheine gab es übrigens 1923. Aber davon wird in einem anderen Blog die Rede sein.

  • Sparbücher der Niederbarnimer Kreissparkasse von 1929 (links), 1939 (mittig) und 1944 (rechts) : © Historisches Archiv des OSV

Niederbarnimer Sparbuchdesign

Hier sehen Sie drei Sparkassenbücher der 1857 gegründeten Sparkasse des Kreises Niederbarnim. Sie liefen ab 1929, 1939 sowie 1944. In dieser Zeit hat sich die Gestaltung der Bücher der brandenburgischen Kreissparkasse mehrfach verändert. 1937 wurden im Deutschen Reich die ersten Einheitssparkassenbücher in roter Farbe designt. Diese Deutschen Sparkassenbücher variierten jedoch weiterhin, zum Beispiel hinsichtlich des Formats und Aufdrucks.

Die Sparkassen ließen die Bücher mit ihren Institutsnamen und den Wappen ihrer kommunalen Träger drucken. Und so fand in diesem Fall das Niederbarnimer Wappentier, der halbe (silberne) Adler mit Kleestängeln auf den Flügeln, weiterhin Verwendung. Erwähnenswert ist außerdem, dass nicht alle Sparkassen sofort auf Rot umstellten. Die meisten Sparbücher in unserem Archiv, die bis zum Ende der NS-Zeit ausgestellt wurden, sind tatsächlich sehr unterschiedlich, verschiedenfarbig gestaltet. Vielleicht brauchte man damals schlichtweg vorhandene Vorräte auf.

  • © Historisches Archiv des OSV

Von Papier und Gold

Diese abgebildeten Reichsbanknoten aus unserem Archivbestand wurden Anfang des 20. Jahrhunderts gedruckt. Damals lief in Deutschland noch mehr Münz- als Papiergeld um. Die Menschen hatten lieber Goldmünzen in der Hand, auch nachdem die Reichsbanknoten am 1. Januar 1910 zu gesetzlichen Zahlungsmitteln erhoben worden waren. Vorher mussten sie nur von den Kassen der Reichsbank und der Länderbanken angenommen werden. Scheine der Reichsbank zu 20 und 50 Mark gab es übrigens erst ab 1906. Vorher war die 100-Mark-Banknote der Schein mit dem niedrigsten Wert. Mit der Einführung kleinerer Noten hoffte das Reich, die Goldreserven für Krisenzeiten schonen zu können.

Die Deckung des Papiergeldes war gesetzlich geregelt. Die Reichsbank als deutsche Zentralnotenbank hatte ihre Noten zu mindestens einem Drittel durch Goldreserven, kursfähige deutsche Münzen und Reichskassenscheine zu decken. Das Pfund Feingold (500 Gramm) entsprach 1.392 Mark. Für den Rest, sprich maximal zwei Drittel, waren diskontierte Wechsel zu halten. Zum Vertrauen in das Papiergeld trug sicherlich bei, dass es bei der Reichsbank in Gold eingelöst werden konnte. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde diese Möglichkeit jedoch zum 31. Juli 1914 abgeschafft.

  • © Historisches Archiv des OSV/ Depositum der Sparkasse Burgenlandkreis

Ein Buch zur Kontrolle

Vor genau 150 Jahren, am 1. Februar 1873, griff der Weißenfelser Buchbindermeister Carl Friedrich Traugott Nixdorf zur Schreibfeder und signierte ein sogenanntes Controllbuch für die örtliche Kreissparkasse. Er war im Curatorium, dem Verwaltungsorgan des Instituts, tätig. Wahrscheinlich stammen auch die ersten Eintragungen von ihm. Bei anderen Sparkassen wurde dieses Dokument auch als Gegenbuch bezeichnet. In ihm waren alle Ein-und Auszahlungen, die im Journal auftauchten, gleichfalls mit fortlaufender Nummer zu notieren. So sehen wir zum Beispiel oben eine Einlage von Frau Michael aus Schkortleben über 25 Taler. Ihr Einlage- beziehungsweise Sparkassenbuch trug die Nummer 6140. Das Controllbuch hatte öffentliche Glaubwürdigkeit und diente in strittigen Fällen als Beweismittel. Rendant, also Rechnungsführer, der Kreissparkasse war übrigens seit der Eröffnung des Instituts am 15. November 1858 der Sekretär Friedrich Samuel Hemmann. Das Kassenlokal befand sich vor anderthalb Jahrhunderten noch in seiner Wohnung in der Jüdenstraße.

  • © Historisches Archiv des OSV

  • © Historisches Archiv des OSV

Von Stadt, Kreis und Fusionen

Hier sehen Sie zwei ähnlich gestaltete Sparkassenbücher aus unserem Archivbestand, die Anfang der 1930er Jahre ausgestellt wurden. Das linke Buch stammt von der Stadtsparkasse am Topfmarkt 6, wo sich heute die Naumburger Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Burgenlandkreis befindet. Das Exemplar rechts gab die Kreissparkase am Domplatz 3 aus. Seit 1823 bestand die Stadtsparkasse. 1914 wurde Naumburg kreisfrei. Im selben Jahr entstand dort eine Kreissparkasse. Doch sie existierte nicht lange.

1932 ging der Naumburger nämlich im Weißenfelser Landkreis auf. Dort wiederum wurden die Stadt- und die Kreissparkasse Weißenfels 1934 zur Kreis- und Stadtsparkasse verschmolzen. Die Stadtsparkasse Naumburg hingegen betraf eine Fusion erst 1951. Die Landesregierung Sachsen-Anhalts ordnete damals den Übergang fast aller Stadtsparkassen auf Flächensparkassen an. Mit der Verwaltungsreform im Folgejahr entstanden viele kleine Landkreise in der DDR, so auch ein Kreis Naumburg. Auf Direktive des Finmanzministeriums wurden neue Kreissparkassen eingerichtet. 1997 war die Kreissparkasse Naumburg dann eines der Institute, die die Sparkasse Burgenlandkreis gründeten. 1994 war der gleichnamige Landkreis bei einer Kreisgebietsreform gebildet worden.

  • Eines von vielen Dokumenten aus unserem Aktenbestand, in dem die Überführung von Sparguthaben Geflüchteter in den Staatshaushalt der DDR ersichtlich ist. : © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

„Republikflüchtlinge“ und ihr Vermögen

Als Studentin des Studiengangs „Archiv“ an der Fachhochschule Potsdam absolvierte ich mein Praxissemester beim Historischen Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes vom 1. August 2022 bis zum 16. Dezember 2022. Im Zuge der Erschließung von Akten, bin ich auf ein interessantes Kapitel der deutschen Geschichte gestoßen, welches ich hier gerne für Sie kurz zusammenfassen möchte.

Im Zeitraum nach der Gründung der DDR im Herbst 1949 bis zum Bau der Mauer im Sommer 1961 flüchteten rund 3 Millionen Menschen aus der DDR. Nach dem Bau der Mauer sank die Zahl zwar drastisch, aber trotzdem gelang auch in der Zeit bis zur Wiedervereinigung Menschen die Flucht. [1] In der DDR wurden Bürger, die über die Grenze nach Westdeutschland fliehen wollten bzw. geflohen waren, „Republikflüchtlinge“ genannt. [2] Scheiterte die Flucht, mussten die „Republikflüchtlinge“ mit mehrjährigen Haftstrafen rechnen. [3] Sowohl bei einer erfolgreichen Flucht als auch einem erfolglosen Fluchtversuch verwirkten die Menschen ihren Anspruch auf ihr Vermögen und sonstiges Eigentum in der DDR.

Doch was geschah mit dem Vermögen der Geflüchteten? Die Regierung der DDR ließ sämtliche Vermögenswerte der Flüchtlinge beschlagnahmen. Das waren zum Beispiel Grundstücke, Unternehmen, aber auch Bankguthaben. Diese Beschlagnahmung kam einer entschädigungslosen Enteignung gleich. Später wurde das Vermögen unter die „treuhänderische Verwaltung“ des Staates [4], oder auch staatliche Verwaltung genannt [5], gestellt. Das heißt, der Staat hat die Vermögenswerte im Namen der Eigentümer verwaltet. 1968 wurde die Verwalterverordnung erlassen, aufgrund dessen der Staat seit 1969 durch eine rechtsgeschäftliche Veräußerung auf das Vermögen zugegriffen hat. [6] Doch nicht nur Grundstücke und Bankguthaben wurden beschlagnahmt, auch Bankschließfächer, die „Republikflüchtlingen“ gehörten, wurden 1962 im Rahmen der „Aktion Licht“ geöffnet und die Wertgegenstände und Unterlagen entnommen. Die Wertgegenstände wurden über den staatlichen Kunsthandel der DDR verkauft und ihre Herkunft von der Stasi akribisch verschleiert, weshalb es schwierig ist, ihre Provenienz zu identifizieren. [7]

Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde das „Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen“ (Vermögensgesetz) erlassen. Dieses Gesetz regelt die Rückübertragung der Vermögenswerte bzw. die Entschädigung der Eigentümer. Zur Durchführung dieses Gesetzes wurden Landesbehörden eingerichtet, bei denen man einen Antrag stellen konnte. [8] Anträge auf Rückübertragung oder Entschädigung für Vermögensverluste nach dem Vermögensgesetz konnten grundsätzlich bis zum 31. Dezember 1992, für bewegliches Vermögen bis zum 30. Juni 1993 gestellt werden. [9] Da die Fristen bereits abgelaufen sind, ist eine Geltendmachung eines Anspruchs zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Weiterhin führt das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) jedoch Aufgebotsverfahren durch, die der Ermittlung unbekannter oder unauffindbarer Eigentümer von Vermögenswerten dienen. [10]

Elena Williams, Praktikantin beim Historischen Archiv des OSV

Quellen:

[1] Halbrock, Christian; Jabs, Cornelia; Kowalczuk, Ilko-Sascha: Republikflucht, Bekämpfung der, in: Das Bundesarchiv (Hrsg.): MfS-Lexikon, online verfügbar: URL: https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/mfs-lexikon/detail/republikflucht-bekaempfung-der/ [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: Republikflüchtling, der, online verfügbar: URL: https://www.dwds.de/wb/Republikflüchtling [letzter Zugriff am 15.12.2022].

[3] Bundesstiftung Aufarbeitung: Informationen zur Geschichte von Flucht, Fluchthilfe und Freikauf, online verfügbar: URL: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/dossiers/flucht-fluchthilfe-und-freikauf/geschichte#:~:text=Mit%20dem%20verschärften%20Passgesetz%20von,DDR%20werden%20verfolgt%20und%20bestraft. [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[4] Bundesverfassungsgericht: Urteil des Ersten Senats vom 23. November 1999, online verfügbar: URL: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1999/11/fs19991123_1bvf000194.html [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[5] Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen: Staatliche Verwaltung, online verfügbar: URL: https://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/EigentuemersucheundAufgebotsverfahren/StaatlicheVerwaltung/start.html [letzter Zugriff am 15.12.2022].

[6] Bundesverfassungsgericht: Urteil des Ersten Senats vom 23. November 1999, online verfügbar: URL: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1999/11/fs19991123_1bvf000194.html [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[7] Habermalz, Christiane: Wissenschaftler untersuchen DDR-Kunstraubsystem, in: Deutschlandfunk Kultur, 07.05.2019, online verfügbar: URL: https://www.deutschlandfunkkultur.de/forschungsprojekt-zur-aktion-licht-wissenschaftler-100.html [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[8] Bundesministeriums der Justiz: Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, online verfügbar: URL: https://www.gesetze-im-internet.de/vermg/BJNR211590990.html#BJNR211590990BJNG002306301 [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[9] Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen: Fristen, online verfügbar: URL: https://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/Vermoegensrecht/Fristen/inhalt.html [letzter Zugriff am 15.12.2022].

[10] Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen: Eigentümersuche und Aufgebotsverfahren, online verfügbar: URL: https://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/EigentuemersucheundAufgebotsverfahren/start.html [letzter Zugriff am 15.12.2022].