• Barrikadenkampf in Berlin am 18. März 1848 (Ausschnitt Stich von C. Becker; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Auf die Barrikaden!

In mehreren Beiträgen ist bereits thematisiert worden, dass Ereignisse vor 175 Jahren zu Angstabhebungen von Sparkassenkunden führten. In Preußen war es unter anderem die Nachricht von der Erhebung in Berlin, welche viele Menschen verunsicherte. Nach Erfolgen der revolutionären Bewegungen in Paris und Wien heizte sich die Stimmung in Berlin im März auf. Bei Volksversammlungen im Tiergarten vor der Stadt wurden zum Beispiel Forderungen nach Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit sowie politischer Mitsprache laut. Insbesondere Menschen aus der Unterschicht radikalisierten sich. Sie wollten auch ihre sozialen Bedingungen verbessern. Ein Arbeitsministerium, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichberechtigt vertreten sein sollten, war eine Forderung.

Es kam zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Soldaten und Demonstranten. Immer mehr Militär wurde nach Berlin befohlen, was die Lage noch verschärfte. Der König Friedrich Wilhelm IV. musste sich letztlich kompromissbereit zeigen und kündigte politische Reformen an. Unter anderem sollte die Pressezensur aufgehoben und eine Verfassung mit Volksvertretung eingeführt werden. Doch viele der Menschen, die sich am Nachmittag des 18. März 1848 zu einer Demonstration vor dem Stadtschloss versammelten, wussten das noch nicht. Oder es war ihnen nicht genug. Die tumultartigen Zustände auf dem Platz führten zur Auflösung der Veranstaltung. Der König gab den Befehl. Die Soldaten nutzten auch Waffen. Die Menge flüchtete. Die Aufständischen bewaffneten sich mit dem was sie in die Hände bekamen und errichteten Barrikaden. Es tobte ein blutiger Straßen- und Häuserkampf. Von Dächern und aus Fenstern flogen Wurfgeschosse. Schusswaffen hatten die Rebellen aus Lagern erbeutet. Auch einige Kanonen nutzten sie.

Das Militär ging mit großer Brutalität vor. Sogar mit Schrot (Kartätschen) geladene Kanonen wurden eingesetzt, um die Straßen zu säubern. Doch ganz Berlin ließ sich nicht erobern. Die Soldaten waren zwar zahlenmäßig weit überlegen, jedoch mit der Kriegsführung in einer Stadt überfordert. So empfahl der örtliche Befehlshaber General Karl von Prittwitz schließlich dem König, die Berliner durch schweren Artilleriebeschuss aus der Distanz zur Kapitulation zu zwingen. Der ließ jedoch in der Nacht seine Truppen die Kämpfe einstellen. Am Vormittag des Folgetages erfolgte eine Übereinkunft, die Barrikaden zu beseitigen, wenn das Militär abzog. Aufständische trugen ihre Toten in den Schlosshof und Friedrich Wilhelm IV. musste ihnen die Ehre erweisen. Diese 183 sogenannten Märzgefallenen wurden schließlich am 22. März bei einer Trauerfeier mit riesiger Anteilnahme der Bevölkerung auf den Gedarmenmarkt und dann zum Stadtschloss gebracht, später in Friedrichshain vor den Toren der Stadt bestattet.

  • Spareinlagen am Jahreschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

  • Spareinlagen am Jahresschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

Sparkassenrun in der Revolutionszeit

Die Unterlagen der Aufsichtsbehörden sind eine wertvolle Quelle, wenn man sich mit der älteren Sparkassengeschichte beschäftigt. So sind zum Beispiel im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg Akten des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen vorhanden, in denen die jährlichen Geschäftsdaten sämtlicher Sparkassen des Landesteils des Königreichs Preußen für die Mitte des 19. Jahrhunderts stehen. Das war für die Geldinstitute eine schwierige Zeit. Revolutionäre Ereignisse wirkten sich damals auf die Einlagenentwicklung aus. Ins Auge fällt, dass unter den 15 Sparkassen in den hier abgebildeten zwei Diagrammen eine besonders hart getroffen wurde. Die Hintergründe habe ich im Rahmen einer Auftragsarbeit erforscht. Wichtige Informationen fanden sich im Merseburger Standort des Landesarchis sowie im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin. Auch die Publikation von Karl Pallas zur Geschichte Herzbergs aus dem Jahr 1901 war sehr nützlich. Dieses Werk steht in der Berliner Staatsbibliothek.

Tatsächliche hatte der massive Rückgang der Spareinlagen in Herzberg verschiedene Ursachen. Kunden dieser seinerzeit einlagenstärksten Sparkasse im Regierungsbezirk Merseburg befürchteten nach den Straßenkämpfen am 18. März 1848 in Berlin, dass der König die Gelder der Kreissparkasse beschlagnahmen werde, um seine Truppen zu bezahlen. Auch in Herzberg kam es übrigens zu revolutionären Unruhen. Ende März wurde etwa auf Beschluss einer Volksversammlung dem Bürgermeister Biltz der Schlüssel zu seiner Amtsstube abgenommen. Seine Wohnung besetzte die Schützengilde, um ein angebliches Entwenden von Akten zu verhindern. Unter dem Druck der Verhältnisse und mit Genehmigung der städtischen Behörden entließ Landrat Gustav von Kleist den Bürgermeister. Somit musste auch dessen Stelle im Kuratorium (Verwaltungsrat) der Schweinitzer Kreissparkasse neu besetzt werden.

Für mehr Aufregung sorgten allerdings die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Sparkasse. Gerüchte kursierten. Der Rendant, Kaufmann Emil Rudolf Hoyer, erledige seine Arbeit nicht ordentlich. Noch mehr Zweifel an der Sicherheit der Spareinlagen kamen auf. Der Landrat entdeckte bei einer Revision Nachlässigkeiten und informierte die Aufsichtsbehörde in Merseburg, den Kreistag und am 15. April 1848 die Öffentlichkeit durch das Kreisblatt. Beschuldigt wurde Hoyer, die ihm gezahlten Zinsen für Kredite häufig verspätet zur Kasse gebracht und gebucht zu haben. Er musste seinen Posten aufgeben. Eine sachliche Information über diese Pflichtverletzungen hielt von Kleist für angebracht, damit die Kundschaft nicht noch mehr in Aufregung geriet.

Der abgesetzte Rendant ließ sich den Umgang mit seiner Person nicht gefallen, zumal er auch seine Kaution nicht wiederbekam. Um die „Volksgunst“ habe er dann „gebuhlt“ und sich für unschuldig erklärt, die Sparkasse öffentlich diskreditiert und letztlich sogar ein eigenes Geldinstitut gegründet, zu dem Kunden auch wechselten. Dies berichtete der Landrat der Regierung in Merseburg. Hoyer soll sogar die ihm übergebenen Sparkassenbücher der Kreissparkasse zur Auszahlung vorgelegt haben. Weil diese die geforderten Gelder nicht in bar vorrätig hatte, habe er die Abtretung der besten Hypothekenkredite verlangt.

Innerhalb eines halben Jahres wurden allein bis September 1848 rund 200.000 Taler Einlagen gekündigt. Ab 30 Talern galt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Ab 15 Talern war es ein Monat. Geringere Beträge bekam man satzungsgemäß sofort. Sofern es die Kassenverhältnisse zuließen. Die Kreissparkasse hatte fast ausschließlich in Hypothekenkredite investiert und verfügte über keine nennenswerten Wertpapierbestände, die sie verpfänden konnte. Der Staat nahm ihre Hypothekendokumente 1848 leider nicht als Sicherheitsleistung an und gewährte keine Vorschüsse als Hilfe. In der Not mussten Kredite gekündigt werden, um Geld zur Auszahlung der Sparer zu beschaffen. Außerdem versuchte man die Kunden 1849 durch eine Erhöhung der Sparzinsen zu halten. Um bei künftigen Notfällen besser gerüstet zu sein, legte ein Satzungsnachtrag am 15. Januar 1850 den Aufbau eines Reservefonds von 20.000 Talern in Wertpapieren fest.

  • Vor 100 Jahren wurde der Sprengstoffanschlag verübt. (Ansichtskarte Verlag Ernst Esser, 1921; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Der Anschlag von Rodewisch

Diese Ansichtskarte aus unserem Archivbestand sieht ganz schön mitgenommen aus. Noch schlechter ist aber der Zustand des Postkartenmotivs. Vor 100 Jahren fiel das Rathaus von Rodewisch im Vogtland, in dem auch die Stadtsparkasse ihren Sitz hatte, einem Dynamitanschlag zum Opfer. Es musste danach abgerissen werden. Als Täter wurden linke Revolutionäre ausgemacht. Den Kampfgruppen des berüchtigten Max Hoelz wurde der Anschlag zugeschrieben. Er war eine zentrale Figur des Mitteldeutschen Aufstandes und hatte einiges auf dem Kerbholz. Im Frühjahr 1921 versuchten Kommunistem gemäß den Vorgaben aus Moskau, die proletarische Revolution in Deutschland mit Gewalt durchzusetzen. Auch in Sachsen wurden staatliche Einrichtungen zum Ziel von Bombenanschlägen. Im Vogtland besetzte man zum Beispiel die Rathäuser von Plauen und Falkenstein. Dass die Täter es in Rodewisch auf die Stadtsparkasse abgesehen hatten, lässt sich vermuten. Schließlich gingen auch Banküberfälle auf das Konto von Hoelz.

  • Taler mit Abbild des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin : © Historisches Archiv des OSV

Der „Angsttaler“

Diesem Silbertaler, der im Revolutionsjahr 1848 im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin geprägt wurde, fehlt etwas. Friedrich Franz II. ließ, im Gegensatz zu anderen Landesherrschern, die Kürzel „G.G.“ hinter dem „V.“ weg. Vor dem Hintergrund der politischen Unruhen der Zeit bezeichnete er sich nicht als Regent „Von Gottes Gnaden“. Diese Legitimation „von oben“ stand nämlich im Widerspruch zur Idee der Volkssouveränität. Der Großherzog zeigte sich kompromissbereit hinsichtlich der Forderungen der Bürger. Durch verschiedene Zugeständnisse gelang es seiner Regierung, den Sturz zu verhindern. Deswegen wird solch ein Geldstück als „Angsttaler“ bezeichnet. Als 1864 erstmals wieder Taler geprägt wurden, existierte allerdings nur noch eines der während der Revolution erstrittenen Rechte. Man durfte auf offener Straße Tabak rauchen. Und Friedrich Franz bezeichnete sich nun wieder als Souverän „V.G.G.“.