• Spareinlagen am Jahreschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

  • Spareinlagen am Jahresschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

Sparkassenrun in der Revolutionszeit

Die Unterlagen der Aufsichtsbehörden sind eine wertvolle Quelle, wenn man sich mit der älteren Sparkassengeschichte beschäftigt. So sind zum Beispiel im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg Akten des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen vorhanden, in denen die jährlichen Geschäftsdaten sämtlicher Sparkassen des Landesteils des Königreichs Preußen für die Mitte des 19. Jahrhunderts stehen. Das war für die Geldinstitute eine schwierige Zeit. Revolutionäre Ereignisse wirkten sich damals auf die Einlagenentwicklung aus. Ins Auge fällt, dass unter den 15 Sparkassen in den hier abgebildeten zwei Diagrammen eine besonders hart getroffen wurde. Die Hintergründe habe ich im Rahmen einer Auftragsarbeit erforscht. Wichtige Informationen fanden sich im Merseburger Standort des Landesarchis sowie im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin. Auch die Publikation von Karl Pallas zur Geschichte Herzbergs aus dem Jahr 1901 war sehr nützlich. Dieses Werk steht in der Berliner Staatsbibliothek.

Tatsächliche hatte der massive Rückgang der Spareinlagen in Herzberg verschiedene Ursachen. Kunden dieser seinerzeit einlagenstärksten Sparkasse im Regierungsbezirk Merseburg befürchteten nach den Straßenkämpfen am 18. März 1848 in Berlin, dass der König die Gelder der Kreissparkasse beschlagnahmen werde, um seine Truppen zu bezahlen. Auch in Herzberg kam es übrigens zu revolutionären Unruhen. Ende März wurde etwa auf Beschluss einer Volksversammlung dem Bürgermeister Biltz der Schlüssel zu seiner Amtsstube abgenommen. Seine Wohnung besetzte die Schützengilde, um ein angebliches Entwenden von Akten zu verhindern. Unter dem Druck der Verhältnisse und mit Genehmigung der städtischen Behörden entließ Landrat Gustav von Kleist den Bürgermeister. Somit musste auch dessen Stelle im Kuratorium (Verwaltungsrat) der Schweinitzer Kreissparkasse neu besetzt werden.

Für mehr Aufregung sorgten allerdings die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Sparkasse. Gerüchte kursierten. Der Rendant, Kaufmann Emil Rudolf Hoyer, erledige seine Arbeit nicht ordentlich. Noch mehr Zweifel an der Sicherheit der Spareinlagen kamen auf. Der Landrat entdeckte bei einer Revision Nachlässigkeiten und informierte die Aufsichtsbehörde in Merseburg, den Kreistag und am 15. April 1848 die Öffentlichkeit durch das Kreisblatt. Beschuldigt wurde Hoyer, die ihm gezahlten Zinsen für Kredite häufig verspätet zur Kasse gebracht und gebucht zu haben. Er musste seinen Posten aufgeben. Eine sachliche Information über diese Pflichtverletzungen hielt von Kleist für angebracht, damit die Kundschaft nicht noch mehr in Aufregung geriet.

Der abgesetzte Rendant ließ sich den Umgang mit seiner Person nicht gefallen, zumal er auch seine Kaution nicht wiederbekam. Um die „Volksgunst“ habe er dann „gebuhlt“ und sich für unschuldig erklärt, die Sparkasse öffentlich diskreditiert und letztlich sogar ein eigenes Geldinstitut gegründet, zu dem Kunden auch wechselten. Dies berichtete der Landrat der Regierung in Merseburg. Hoyer soll sogar die ihm übergebenen Sparkassenbücher der Kreissparkasse zur Auszahlung vorgelegt haben. Weil diese die geforderten Gelder nicht in bar vorrätig hatte, habe er die Abtretung der besten Hypothekenkredite verlangt.

Innerhalb eines halben Jahres wurden allein bis September 1848 rund 200.000 Taler Einlagen gekündigt. Ab 30 Talern galt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Ab 15 Talern war es ein Monat. Geringere Beträge bekam man satzungsgemäß sofort. Sofern es die Kassenverhältnisse zuließen. Die Kreissparkasse hatte fast ausschließlich in Hypothekenkredite investiert und verfügte über keine nennenswerten Wertpapierbestände, die sie verpfänden konnte. Der Staat nahm ihre Hypothekendokumente 1848 leider nicht als Sicherheitsleistung an und gewährte keine Vorschüsse als Hilfe. In der Not mussten Kredite gekündigt werden, um Geld zur Auszahlung der Sparer zu beschaffen. Außerdem versuchte man die Kunden 1849 durch eine Erhöhung der Sparzinsen zu halten. Um bei künftigen Notfällen besser gerüstet zu sein, legte ein Satzungsnachtrag am 15. Januar 1850 den Aufbau eines Reservefonds von 20.000 Talern in Wertpapieren fest.

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