• © Folkard Wunderlich

Zum 80. Todestag von Dr. Johann Christian Eberle

Am 7. Dezember jährt sich der Todestag des wohl bedeutendsten Sparkassenreformers Deutschlands zum 80. Mal. Johann Christian Eberle wurde am 3. Mai 1869 als fünftes Kind einer pfälzischen Weinbauernfamilie in Laumersheim geboren. Obwohl sein Vater bereits 1870 starb, wurde ihm doch der Besuch der Lateinschule in Grünstadt ermöglicht und später des Gymnasiums in Speyer, das er 1888 mit dem Reifezeugnis abschloss.

Nach Ableistung seines Militärdienstes studierte er in Heidelberg, Leipzig und München Rechts- und Staatswissenschaften, Philosophie und Volkswirtschaftslehre. Damit war eine breite Grundlage für seine spätere Tätigkeit gelegt. Beim Rat der Stadt Leipzig fand er eine Anstellung zunächst als Referendar und nach bestandenem zweiten juristischen Staatsexamen wurde er 1897 zum Ratsassessor ernannt. Dabei waren seine Hauptaufgabengebiete die städtischen Klär- und Schleusenanlagen, der Grundbesitz der Stadt Leipzig sowie die Sparkassenverwaltung.

Bereits 1898 wurde er Bürgermeister der sächsischen Kleinstadt Nossen. Und dort brachte ihn die Amtsausübung wieder mit der Arbeit der Sparkassen in Berührung und ließen ihn an der zu dieser Zeit sichtbaren  Entwicklung und Begrenzung der Sparkassengeschäfte Kritik üben. Eberle suchte ein Gegengewicht zu der immer stärkeren Konzentration des Kapitals und der kreditwirtschaftlichen Bevorteilung der Großunternehmen gegenüber der regionalen klein- und mittelständischen Wirtschaft zu schaffen. Sein Engagement galt der heimischen Wirtschaft in Verbindung mit den Sparkassen vor Ort. Aus den örtlich gesammelten Einlagen sollten zur finanziellen und damit wirtschaftlichen Förderung der Mittelschichten neben den langfristigen jetzt auch kurzfristige Kredite vermittelt werden können, um dieser bis dahin negativen Entwicklung entgegentreten zu können.

Durch ein eigenes Gironetz der Sparkassen sollte auch kleinen Handwerkern und Gewerbetreibenden die Möglichkeit eröffnet werden, am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen zu können. Erste Ergebnisse dieses Engagements Eberles waren 1908 die Gründung des Sächsischen Giroverbandes und 1909 die Girozentrale Sachsen als erste Einrichtungen dieser Art. Als ein Höhepunkt dieser von Johann Christian Eberle initiierten Entwicklungen im Sparkassenwesen darf der 1924 stattgefundene Zusammenschluss des Deutschen Sparkassenverbandes, des Deutschen Zentralgiroverbandes und des Verbandes der kommunalen Banken zum Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Berlin bezeichnet werden.

Auf einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus in Laumersheim nennt ihn die Sparkassenorganisation den „Erneuerer der deutschen Sparkassen“. Sein Grabmal ziert die Inschrift: „Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung“, ein Bibelzitat aus Römer 13,10, das offenbar als Motivation über vielen seiner Aktivitäten stand, in vielen seiner Reden Anwendung fand und sicher auch retrospektiv seine frühe Entwicklung aus bescheidensten Verhältnissen kennzeichnet. Johann Christian Eberle wurde auf dem  Johannisfriedhof in Dresden- Tolkewitz beigesetzt. Sein Grabmal ist erhalten und wird durch den Ostdeutschen Sparkassenverband und die Ostsächsische Sparkasse Dresden gepflegt.

 

Folkard Wunderlich
freier Mitarbeiter
Ostsächsische Sparkasse Dresden

 

 

  • Stich Dienstmadchen Herrschaft

    Ein neues Dienstmädchen stellt sich bei der Herrschaft vor. (Lithografie von Villain, um 1820) : © Historisches Archiv des OSV

  • Statut Sparkasse Dresden 1821

    Auch für die weiblichen und männlichen Dienstboten wollten Sparkassen da sein. (Abb. Ausschnitt Regulativ der Dresdner Sparkasse von 1821) : © Ostsächsische Sparkasse Dresden

  • Gesindeordnung Sachsen

    Ein leichtes Leben hatte das Dienstpersonal wirklich nicht. Es stand unter der Kontrolle der Herrschaft. (Abb. Auschnitt sächsische Gesindeordnung von 1833) : © Historisches Archiv des OSV

Dienstmädchen als Sparkassenkundinnen

Bei Sparkassen zählten Frauen wahrscheinlich schon von Anfang an zur Kundschaft. Jedenfalls wurden sie frühzeitig in den Statuten angesprochen. Konkret ermöglichte man männlichen und weiblichen Dienstboten das Sparen. Bereits bei der ersten Sparkasse der Welt in Hamburg konnten sie 1778 vorsorgen. Auch in vielen jüngeren Satzungen begegnet uns die Kundengruppe. So wollte zum Beispiel 1821 die Kasse in der sächsischen Haupt- und Residenzstadt Dresden insbesondere für diesen Teil der arbeitenden Bevölkerung da sein.

Dass Dienstboten das Angebot annahmen, dafür finden sich etwa in der staatlichen Sparkassenstatistik Belege. So war diese Kundengruppe vor 165 Jahren bei der Dresdner Stadtsparkasse offenbar die fleißigste beim Sparen. Sie zahlte sogar mehr ein als die selbstständigen Gewerbe- und Handeltreibenden. Im Gegensatz zu diesen Mittelständlern zeigte sich das Erwerbsleben der Bediensteten aber wenig selbstbestimmt.

In der Stadt und auf dem Land waren die Frauen und Männer tätig. Auch als Gesinde wurden sie bezeichnet. Es handelte sich um Hilfskräfte in der Landwirtschaft oder im Haushalt. Dienstmädchen wohnten im Haus der Dienstherrschaft und hatten manchmal die Möglichkeit, etwas vom Lohn zurückzulegen. Bei guten Anstellungsbedingungen blieb wohl der eine oder andere Taler zur freien Verfügung. Er konnte unter anderem für die Aussteuer Verwendung finden.

Das Geld für schicke Kleider oder Vergnügungen auszugeben, konnte die Herrschaft allerdings verbieten. Das sittsame Verhalten des Dienstpersonals wurde überwacht. Viele Regeln bestimmten den Alltag. Freizeit gab es meist nur am Sonntag nach dem Gottesdienst. Sächsische Sparkassen, die auf die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden achteten, hatten genau dann geöffnet. Mit Rücksicht auf die arbeitenden Menschen erlaubte das Dresdner Innenministerium vor 150 Jahren sogar offiziell, an Sonntagen und weniger bedeutenden Feiertagen Kassenstunden abzuhalten.