• © Historisches Archiv des OSV

Mädchen für alles

Ist Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, der Begriff „Mädchen für alles“ geläufig? Meta Hänicke aus Görlitz war jahrelang als Dienstmädchen tätig, zunächst mit gerade einmal 14 (!) Jahren ab dem 1. Oktober 1901 bei einem Kaufmann in Zossen. Dies war ihr erster Dienstherr. „Mädchen für Küche und Haus“ notierte er im Zeugnisbuch. Sehr fleißig, ordentlich und ehrlich sei sie gewesen und ihr Betragen sehr gut. Beglaubigt wurde das Dienstverhältnis von der örtlichen Polizeibehörde, die auch das Gesinde-Dienstbuch ausgestellt hatte. Statt eines Passfotos gab es damals nur eine Personenbeschreibung. Das Führen des Buches mit den Beurteilungen war Pflicht für die unverheirateten Hausbediensteten. So wurde das Gesinde- beziehungsweise Dienstbotenwesen staatlich kontrolliert. Bei ihren späteren männlichen und auch weiblichen Dienstherrschaften war Meta dann immer das „Mädchen für alles“. Sprich: sie hatte alles zu tun, was angeordnet wurde. Über die Entlohnung erfahren wir leider nichts aus dem Buch. Üblicherweise bekamen Dienstleute Geld, Kost und Logis. Als potentielle Kundschaft aus der unteren Schicht der Gesellschaft wurden sie von Sparkassen umworben. Schon die erste deutsche Sparkasse in Hamburg 1778 bot männlichen und weiblichen Dienstboten die Möglichkeit, sich zum Beispiel etwas für die Hochzeit zusammenzusparen. Ein klassisches Sparziel war die Aussteuer. Ob dies auch Meta Hänicke im Blick hatte, ist nicht bekannt. Die Eintragung ihrer letzten Dienstherrin am 1. Januar 1910 gibt nur Aufschluss, dass sich die mittlerweile 22-Jährige wieder eine neue Anstellung suchte, um sich zu verbessern. Dieser Plan scheint nicht verwirklicht worden zu sein. Ob der passende Mann dazwischen kam, lässt sich nur spekulieren.

  • Stich Dienstmadchen Herrschaft

    Ein neues Dienstmädchen stellt sich bei der Herrschaft vor. (Lithografie von Villain, um 1820) : © Historisches Archiv des OSV

  • Statut Sparkasse Dresden 1821

    Auch für die weiblichen und männlichen Dienstboten wollten Sparkassen da sein. (Abb. Ausschnitt Regulativ der Dresdner Sparkasse von 1821) : © Ostsächsische Sparkasse Dresden

  • Gesindeordnung Sachsen

    Ein leichtes Leben hatte das Dienstpersonal wirklich nicht. Es stand unter der Kontrolle der Herrschaft. (Abb. Auschnitt sächsische Gesindeordnung von 1833) : © Historisches Archiv des OSV

Dienstmädchen als Sparkassenkundinnen

Bei Sparkassen zählten Frauen wahrscheinlich schon von Anfang an zur Kundschaft. Jedenfalls wurden sie frühzeitig in den Statuten angesprochen. Konkret ermöglichte man männlichen und weiblichen Dienstboten das Sparen. Bereits bei der ersten Sparkasse der Welt in Hamburg konnten sie 1778 vorsorgen. Auch in vielen jüngeren Satzungen begegnet uns die Kundengruppe. So wollte zum Beispiel 1821 die Kasse in der sächsischen Haupt- und Residenzstadt Dresden insbesondere für diesen Teil der arbeitenden Bevölkerung da sein.

Dass Dienstboten das Angebot annahmen, dafür finden sich etwa in der staatlichen Sparkassenstatistik Belege. So war diese Kundengruppe vor 165 Jahren bei der Dresdner Stadtsparkasse offenbar die fleißigste beim Sparen. Sie zahlte sogar mehr ein als die selbstständigen Gewerbe- und Handeltreibenden. Im Gegensatz zu diesen Mittelständlern zeigte sich das Erwerbsleben der Bediensteten aber wenig selbstbestimmt.

In der Stadt und auf dem Land waren die Frauen und Männer tätig. Auch als Gesinde wurden sie bezeichnet. Es handelte sich um Hilfskräfte in der Landwirtschaft oder im Haushalt. Dienstmädchen wohnten im Haus der Dienstherrschaft und hatten manchmal die Möglichkeit, etwas vom Lohn zurückzulegen. Bei guten Anstellungsbedingungen blieb wohl der eine oder andere Taler zur freien Verfügung. Er konnte unter anderem für die Aussteuer Verwendung finden.

Das Geld für schicke Kleider oder Vergnügungen auszugeben, konnte die Herrschaft allerdings verbieten. Das sittsame Verhalten des Dienstpersonals wurde überwacht. Viele Regeln bestimmten den Alltag. Freizeit gab es meist nur am Sonntag nach dem Gottesdienst. Sächsische Sparkassen, die auf die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden achteten, hatten genau dann geöffnet. Mit Rücksicht auf die arbeitenden Menschen erlaubte das Dresdner Innenministerium vor 150 Jahren sogar offiziell, an Sonntagen und weniger bedeutenden Feiertagen Kassenstunden abzuhalten.