• Die Unterschriften der verwunderten Kollegen aus Sachsen-Anhalt wurden digital retuschiert. : © Historisches Archiv des OSV

Verbandsvergleich mit Hindernissen

Verwundert zeigten sich die für die Statistik zuständigen Mitarbeiter des Sparkassenverbandes in Halle. Was war das denn? Konnten die verehrten Kollegen in Dresden etwa hellsehen? Der Sächsische Sparkassenverband hatte sich doch tatsächlich im Jahr vertan, als er am 24. April 1950 seine Daten übermittelte und um die der Nachbarn in Sachsen-Anhalt bat. Was die Ursache dieses Fehlers war, darüber können wir heute nur spekulieren. Und vielleicht kann man auch über die Reaktion der Verbandsmitarbeiter schmunzeln. Das Schriftstück ist, wie zahlreiche anderen Quellen zur Sparkassengeschichte, in unserem Archivbestand erhalten. Er erlaubt zum Beispiel einen Blick in die Zeit, als noch Sparkassenverbände in der DDR existierten. Aus den Unterlagen geht übrigens hervor, dass Sachsen im Spargeschäft 1949 weit vor den anderen Ländern rangierte.

  • Der langjährige Colditzer Bürgermeister Johannes Müller wurde vor 110 Jahren zum Vorstandsvorsitzenden des Sächsischen Sparkassenverbandes gewählt. (Abb. in: Hundert Jahre Sparkasse in Colditz, hrsg. vom Verwaltungsrat der Sparkasse zu Colditz, 1940, S. 9; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Vor 110 Jahren – Gründung des Sächsischen Sparkassenverbandes

Erste Sparkassenverbände gab es im Geschäftsgebiet des Ostdeutschen Sparkassenverbandes bereits vor über 130 Jahren. So entstand als erster am 3. Oktober 1883 in Dresden der Sächsische Sparkassenverband, der jedoch im Laufe der Jahre inaktiv wurde. Der Grund für den Zusammenschluss war die befürchtete Einführung konkurrierender Postsparkassen, die aber dann doch nicht zur Realisierung kamen.

Auch Anfang des 20. Jahrhunderts war es der Druck von außen, der die kommunalen Sparkassen zur Gründung eines Verbandes als gemeinsame Interessenvertretung bewegte. Im Frühjahr 1906 legte die sächsische Regierung dem Landtag eine Denkschrift vor. Man wollte den Sparkassen Anlagequoten vorschreiben und sie zum verstärkten Erwerb staatlicher Schuldverschreibungen zwingen.

Gegen den Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden formierte sich der Widerstand von Bürgermeistern. Sie sahen eine Einmischung in die Geschäftspolitik ihrer Sparkassen, die damals vor allem Hypothekenkredite vergaben. Eine Eingabe blieb unbeantwortet. Das Ministerium des Innern erließ am 2. August 1906 eine Anlageverordnung. Gemeinde- und Sparkassenvertreter protestierten. Das Ministerium ignorierte.

Insbesondere der Bürgermeister von Nossen, Dr. Johann Christian Eberle, wollte sich das nicht gefallen lassen. Der Plan, eine Interessenvertretung zu schaffen, nahm Gestalt an. Zu den führenden Köpfen gehörte auch der Bürgermeister von Colditz, Johannes Müller. Er war bereits an der Gründung des ersten Sparkassenverbandes beteiligt gewesen. Vornehmlich aus wirtschaftlichen Interessen wurde schließlich am 6. Mai 1907 in Dresden der Sächsische Sparkassenverband gegründet. Die Gründungsversammlung fand im „Vereinshaus“ in der Zinzendorfstraße statt.

Durch Zuruf wählten die Anwesenden Müller zum Vorsitzenden, Bürgermeister Bernhard Blüher aus Freiberg zu seinem Stellvertreter sowie Dr. Eberle und Bürgermeister Dr. Paul Johannes Michael aus Pulsnitz zu Schriftführern. Die Hauptversammlung beschloss die Verbandssatzung. Anschließend wählte man durch Zuruf für jede Kreishauptmannschaft des Königreichs einen Bürgermeister in den Vorstand: Dr. Eberle, Müller, Dr. Michael, Ludwig Emil Hesse aus Eibenstock sowie Dr. Julius Wirthgen aus Meerane. Diese fünf Männer wählten auf der ersten Vorstandssitzung als Vertreter der kleinen Sparkassen Bürgermeister Oswald Goldammer aus Geringswalde und Gemeindevorstand Max Klinger aus Siegmar zu.

Auf seinen Wunsch hin wurde Johannes Müller provisorisch zum Vorsitzenden gewählt. Nach seinem plötzlichen Tod übernahm Eberle Anfang 1908 das Amt. Schließlich konnte im Herbst dieses Jahres als Ergebnis langwieriger Verhandlungen im Verband, mit dem Landtag und dem Ministerium eine Einigung erzielt werden. Die strengen Vorschriften zum Anlagengeschäft wurden außer Kraft gesetzt. Die Mitglieder des Sächsischen Sparkassenverbandes sollten freiwillig und in moderater Weise ihren Wertpapierbestand vermehren.