• Die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG bringt 1990 das Bausparen zurück nach Ostdeutschland. Fortan gilt auch hier der 1970 entstandene Slogan: "Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause - LBS". : © Historisches Archiv des OSV

  • Die jüngste deutsche Landesbausparkasse hat ihren Sitz in Potsdam, Am Luftschiffhafen 1. Seit 1993 ist sie eine 100%ige Tochter des Ostdeutschen Sparkassenverbandes und seiner Mitgliedssparkassen. : © Historisches Archiv des OSV

  • Mittlerweile ist die LBS Ost „30 Jahre Zuhause in der Region“. Zum Jubiläum gibt es eine ganz besondere Aktion: Für jeden abgeschlossenen Bausparvertrag im Jahr 2020 wird ein Euro an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gespendet und damit ein Beitrag zum Erhalt der regionalen Umwelt geleistet. : © Jubiläumsbanner an der MBS Arena Potsdam, Historisches Archiv des OSV

Eigenes Heim, Glück allein – Bausparen ist wieder möglich

Blogserie, Teil 40

Mit der neuen Währung ist ab dem 2. Juli 1990 der Abschluss eines Bausparvertrages auch in der DDR möglich. Der Minister für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft, Axel Viehweger, unterzeichnet symbolisch drei Tage zuvor auf einer Pressekonferenz in Berlin den ersten Vertrag des Landes. Damit gibt er den Startschuss für eine ganz neue, zielgerichtete Sparform in der DDR, die gleichzeitig zur Vermögensbildung gut geeignet ist. Mitteilen kann er den Journalisten an diesem historischen Tag, dass der Ministerrat staatliche Fördermaßnahmen für das Bausparen beschlossen hat. In Aussicht gestellt werden in Analogie zum bundesdeutschen Bausparen, jedoch mit zusätzlichen Anreizen für einen begrenzten Zeitraum, etwa Prämien und Steuervergünstigungen sowie ab 1991 eine Arbeitnehmersparzulage. Zinsverbilligungen um drei Prozent für Vor- und Zwischenkredite sollen den Beginn der Bau- und Modernisierungsaktivitäten beschleunigen.*

„Mit den DDR-Sparkassen haben wir den Start gut vorbereitet“, erklärt der Geschäftsführer der Landesbausparkasse Münster in einem Zeitungsinterview zehn Tage zuvor.** So würden im Rahmen der Partnerschaften den 196 DDR-Sparkassen westdeutsches Know-how und die notwendige Technik zur Verfügung gestellt. Auch die Rahmenbedingungen stimmen: Denn die damals zwölf Landesbausparkassen (LBS) der Bundesrepublik und der Sparkassenverband der DDR schaffen mit der „LBS-Beteiligungs-GmbH“ die gemeinsame Grundlage für eine neue Landesbausparkasse, die mit der Währungsunion ausschließlich auf dem Territorium der DDR aktiv wird. Für die Kunden bedeutet das: Sie bekommen einen eigenen Spartopf.***

Warum das so wichtig ist, wird deutlich, schaut man sich das Geschäftsmodell näher an: In einem Vertrag legen Kunde und Sparkasse eine Gesamtbausparsumme fest. Daraufhin folgt eine Zeit des Ansparens mit ganz individuellen regelmäßigen Raten und/oder Sonderzahlungen. Ein Zinssatz zwischen 2,5 und 4 Prozent ist 1990 für das Guthaben festgeschrieben. Anschließend beginnt nach einer bestimmten Wartezeit die Zuteilungs- und Darlehensphase. Im Westen warten zu dieser Zeit Sparer der Landesbausparkassen etwa 55 Monate auf die Zuteilung, für den Osten werden nur 44 Monate prognostiziert.**** Damit DDR-Bausparer nicht etwa durch ihre angesparten Mittel die Wartezeit der Bundesbürger verkürzen, bleibt ihr Geld im „eigenständigen Bausparkollektiv“ bei der neu gegründeten Landesbausparkasse. Am Ziel angelangt, erhält der Bausparer zu seinem angesparten Guthaben ein fest – und gegenüber dem seinerzeit üblichen Marktzins von 8 bis 9,5 Prozent ein eher niedrig verzinstes Darlehen. Darin besteht der eigentliche Vorteil des Modells. Berücksichtigt man die attraktiven Förderprogramme des Staates ergeben sich weitere Vorzüge des Bausparens.

Zahlreiche Pressebeiträge klären bereits vor der Währungsunion die Bevölkerung der DDR über das System des Bausparwesens auf.***** Doch wieso ist gerade dieses Finanzprodukt von so großem öffentlichen Interesse? Ein Blick in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bringt Klarheit. Denn das Bausparen wird hier zur volkswirtschaftlichen Erfolgsgeschichte:

Nach dem Krieg war das Ausmaß zerstörten Wohnraums groß. 40 Prozent des Bestandes war betroffen, sodass der Wohnungsbau in der Wiederaufbauphase schnell in Gang gebracht werden musste. Waren es 1950 erst 300.000 Bausparverträge, stieg die Zahl in den folgenden Jahrzehnten rasant an. 1980 bestanden bereits mehr als 22 Millionen, 1990 sind es schließlich 26 Millionen Verträge mit einem Volumen von ca. 900 Milliarden D-Mark. Bis 1990 beteiligten sich die bundesdeutschen Bausparkassen an der Finanzierung von ca. zehn Millionen Wohnungen. Jeder zweite Haushalt verfügt 1990 über einen oder mehrere Bausparverträge. Die daraus resultierenden Mittel werden bei fast 80 Prozent der Eigenheime bzw. Eigentumswohnungen eingesetzt. Staatliche Förderungen tragen zur weiten Verbreitung und damit zum Erfolg des bundesdeutschen Bausparens wesentlich bei.

Eine ähnliche Entwicklung erhofft man sich nun auch in der DDR. Denn der Wunsch vieler Ostdeutscher nach den eigenen vier Wänden wird im Rahmen der absehbaren Preissteigerungen für Mieten als Potential erkannt. Hinzu kommt, dass Experten das Investitionsvolumen auf ca. 200 bis 500 Milliarden D-Mark schätzen, um den maroden Wohnungsbestand der DDR wieder auf Vordermann zu bringen. Jede zweite Wohnung von insgesamt sieben Millionen muss laut DDR-Bauministerium saniert werden. Kaum noch bewohnbar sind nach bundesdeutschen Maßstäben 1,5 Millionen Wohnungen. Insgesamt weisen etwa 80 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes Mängel auf, die einer Behebung bedürfen. Um Sanierung, Modernisierung und Schaffung von Wohneigentum 1990 rasch und im großen Stil voranbringen zu können, ist neben dem staatlichen Wohnungsbau die Mobilisierung von privatem Sparkapital unverzichtbar. Wichtig dabei ist, so auch mahnende Worte in dieser Zeit, dass man die eigenen Sparmöglichkeiten richtig einzuschätzen weiß. Denn der Traum vom eigenen Heim soll am Ende ja nicht zum Albtraum werden.******

Fortsetzung am 06.07.2020

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*Gelder aus dem Staatssäckel als Anschub für Bausparen, in: Neues Deutschland, 45. Jg., 150. Ausg., 30.6.1990, S. 3; Attraktive Bausparförderung nun auch in der DDR, in: Neue Zeit, 46. Jg., 157. Ausg., 9.7.1990, S. 4.

**Bereits auf der Gründungsversammlung des Sparkassenverbandes der DDR am 20. März 1990 rät der soeben gewählte Präsident, Rainer Voigt, zur schnellstmöglichen Bildung einer Landesbausparkasse der DDR. Das Bausparen sollte nicht allein der Konkurrenz überlassen werden, so Voigts Begründung. Quellen: Bausparen aus einem Topf?, in: Neues Deutschland, 45. Jg., 140. Ausg., 19.6.1990, S. 6 (Zitat); Leistungen der Sparkassen nicht länger gebührenfrei?, in: Neues Deutschland, 45. Jg. 68. Ausg., 21.3.1990, S. 3.

***Schauen wir auf 1990 zurück, so bestanden insgesamt noch 30 Bausparkassen in der Bundesrepublik Deutschland, 18 private und 12 öffentliche. Heute sind es laut Verbandsangaben noch 18. Darunter acht Landesbausparkassen, zu denen auch die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG als jüngste gehört. Sie blickt in diesen Tagen auf drei erfolgreiche Jahrzehnte zurück. So sind bis Ende 1991 bereits 156.000 Bausparverträge mit einer Summe von 5,1 Milliarden D-Mark abgeschlossen und am 31. März 1992 das erste Bauspardarlehen zugeteilt. Sieben Jahre später wird der einmillionste Bausparvertrag im sächsischen Pleißa unterzeichnet. Nach 25 Jahren hat die jüngste bundesdeutsche Bausparkasse rund 66.000 Immobilien im Wert von über 6,4 Milliarden Euro seit ihrer Gründung vermittelt. Im Laufe der Zeit baute die LBS-Ost ihre Marktführerschaft im Geschäftsgebiet stetig weiter aus. Quellen: div. Geschäftsberichte der LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG; 25 Jahre LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG, Oschersleben 2015; 25 Jahre Verbandsarbeit für ostdeutsche Sparkassen, Berlin 2016.

****Bausparen aus einem Topf?, in: Neues Deutschland, Jg. 45, Ausg. 140, 19.6.1990, S. 6; Eignes Heim und eigner Herd sind in Zukunft des Bausparens wert, in: Neue Zeit, 46. Jg., 148. Ausg., 28.6.1990, S. 3.; Dass Wartezeiten durchaus auch höher liegen können, zeigen Zahlen der privaten Bausparkassen von 1989: BHW – 74 Monate, Schwäbisch Hall – 61 Monate, Wüstenrot – 57 Monate, bei einem Standardvertrag mit 40 Prozent geleisteter Ansparsumme. Quelle: Vom „Auferstanden aus Ruinen“ zum Schaffe, schaffe, Häusle baue, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 171. Ausg., 25.7.1990, S. 3.

*****Die Berliner Zeitung widmet sich in der Reihe „Berliner Magazin“ am 30. Juni 1990 sogar ganzseitig dem Thema Bausparen. Neben Erläuterungen des Modells und einem Geschichtsabriss, gibt es auch Beispielrechnungen für eine Modernisierung bzw. für den Erwerb eines Hauses mithilfe eines Bausparvertrages sowie eine umfassende Übersicht von A bis Z, die aufzeigt, dass das Produkt dem Sparer viele Möglichkeiten eröffnet. Außenkamine, Garten, Küche, Malerarbeiten, Türen, Zentralheizungen und andere Dinge mehr lassen sich über diesen Weg sehr gut finanzieren.

******Dass die Mahnungen 1990 nicht unbegründet waren, verdeutlichen die wirtschaftlichen Verhältnisse: Nach der Währungsunion liegt das durchschnittliche Haushaltseinkommen in der DDR von zwei arbeitenden Erwachsenen bei knapp 2.100 D-Mark und das durchschnittliche ersparte Geldvermögen bei etwa 8.000 D-Mark pro Bürger. Im Vergleich dazu betragen das durchschnittliche Monatseinkommen eines vierköpfigen bundesdeutschen Haushaltes 4.118 D-Mark und das durchschnittliche Sparguthaben pro Kopf 45.000 D-Mark. Quellen zu den Daten und Fakten: Berliner Magazin „Bausparen“, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 150. Ausg., 30.6.1990, S. 22; Vom „Auferstanden aus Ruinen“ zum Schaffe, schaffe, Häusle baue, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 171. Ausg., 25.7.1990, S. 3.;  Berndt, Holger: Bausparen in der DDR, in: Sparkasse, 107. Jg., Nr. 6, 1990, S. 266; Mehr historische Informationen zum Thema Wohnen.