• Siegel der vor 190 Jahren eröffneten Sparkasse : © Historisches Archiv des OSV

Von den Anfängen der Sparkasse in Görlitz

Sechs Jahre, nachdem die Landstände der Niederlausitz eine in mehreren Kreisen wirkende Sparkasse mit Sitz in Lübben gegründet hatten, trat auch für die preußische Oberlausitz solch eine Flächensparkasse ins Leben. Die Kommunalstände gründeten die Oberlausitzer Provinzial-Spar-Kasse, die am 1. Oktober 1830 die Geschäftstätigkeit aufnahm. Ihre Verwaltung oblag dem Ständischen Landsteuer-Amt in Görlitz. Angebunden war eine Nebenkasse. In weiteren neun Städten existierten solche Einrichtungen, deren Zuständigkeit sich zunächst auf den Sparverkehr beschränkte. Die Sparkasse nahm Einlagen schon ab zehn Silbergroschen (Sgr.) an und berechnete Zinsen ab einem Taler (Thlr.). Menschen aus den unteren Gesellschaftsschichten, insbesondere jüngere, wurden in einer Bekanntmachung vor der Eröffnung als Zielgruppe angesprochen.

„Ein Silbergroschen, welcher von der Geburt eines Kindes an bis zu dessen 15ten Jahre wöchentlich zurückgelegt und wenn das Zurückgelegte 10 Sgr. beträgt, jedesmal in die Sparkasse eingezahlt wird, machet 33 Thlr. 7 Sgr. aus und ist bei dessen Eintritte in die Lehrzeit, eine bedeutende Beihülfe zum Lehrgelde und anständiger Bekleidung. Fünf Silbergroschen, die ein Geselle wöchentlich, anstatt auf den Tanzboden oder in Bierhäuser zu tragen, zur Sparkasse einzahlt, wachsen in 20 Jahren bis zu 246 Thlr. 29 Sgr. 4 1/2 Pf. an. Ein Dienstbote, der vierteljährig 4 Thlr. Lohn bekommt und davon regelmäßig 1 Thlr. in die Sparkasse einlegt, hat nach 20 Jahren ein Kapital von 114 Thlr. 29 Sgr. 7 1/2 Pf., und heirathet er eine Person, die eben so vorsichtig gehandelt, so haben sie zusammen 229 Thlr. 29 Sgr. 3 Pf., wovon sie sich ein Haus kaufen, ihr Hauswesen einrichten, oder die Betreibung eines für sie vortheilhaften Gewerbes anfangen können.“

Aber nicht nur für das Fortkommen im Leben, sondern auch für Notzeiten, etwa die Arbeitslosigkeit, gelte es, rechtzeitig Rücklagen zu schaffen. Nicht, dass die letzte Kuh oder der Hausrat verkauft werden müsse. Außerdem solle an die Zeit des Alters und der Krankheit gedacht werden. Es sei nicht gut für den Ruf, Hilfe von der Gemeinde zu erflehen oder im Armenhaus zu suchen. Wenn Gott dem Sparer seine Lebenstage verlängere, vermehre sich sein Vermögen weiter und er könne ein wohlerworbenes Gut hinterlassen. Die Erben wären dankbar, würden seinem Beispiel folgen und selbst Sparkassenkunden werden. Mit solchen Ausführungen wurde vor 190 Jahren die Selbstvorsorge propagiert, nicht nur in Görlitz. Die Sparkasse galt als wohltätige Einrichtung, die helfen konnte, die Lebensumstände der „kleinen Leute“ zu verbessern. Hilfe zur Selbsthilfe hieß das Prinzip.

In der Präambel der Satzung stand, dass mit der Gründung der Sparkasse die „unbemittelten“ Einwohner des preußischen Teils der Oberlausitz Gelegenheit bekamen, ihre kleinen Ersparnisse unterzubringen. In der Realität wurden, wie andernorts auch, nicht ausschließlich ärmere Menschen Kunden und genossen die Vorteile einer sicheren und zinsbaren Geldanlage. So zeigt beispielsweise die Aufstellung der Ende 1830 bei der Görlitzer Nebenkasse des Instituts bestehenden 193 verzinsten Konten lediglich 44 Stück unter zehn Taler. Das dickste Konto betrug 300 Taler. Auf dem Sparbuch mit der Nr. 1 lagen 99 Taler, 16 Silbergroschen und 6 Pfennige. Interessant erscheint im Zusammenhang mit der Frage nach der Herkunft, dass gemäß Statut niemand verpflichtet war, dem Rendanten Auskunft über seinen gesellschaftlichen Stand zu geben.

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