• Koffergroß und sieben Kilogramm schwer war das „erste Handy des OSV“. : © oebl.de / Stephan Hessberger

Telefonieren in den Westen? Nicht so einfach vor 30 Jahren …

Blogserie, Teil 18

Die Vorbereitungen zur Verbandsgründung laufen in der Abteilung Sparkassen der Staatsbank der DDR auf Hochtouren. Es gibt gemeinsame Besprechungen und einen regen Briefverkehr mit den Bonner Kollegen. Doch wenn es darum geht, schnell und persönlich etwas abzustimmen, dann muss telefoniert werden.

Genau hier liegt aber das Problem. Denn vor 30 Jahren konnte kaum jemand in der DDR einfach so zum Hörer greifen und in den Westen telefonieren.* Treffend heißt es in einer Dokumentation des MDR dazu: „Der Versuch von Deutschland nach Deutschland zu telefonieren, ist wie eine Odyssee – nur ohne Schiff.“  Anschaulich wird es, wenn man sich die Verbindungsmöglichkeiten zwischen Ost- und Westdeutschland in der Wendezeit zahlenmäßig vor Augen führt:

Die Situation im Spätherbst 1989 […] verschärfte sich zusehends von Tag zu Tag […] Für zehntausende gleichzeitige Kommunikationsbedürfnisse standen lediglich 1.461 Leitungen zur Verfügung, und zwar:

von der DDR in die Bundesrepublik   111
von der Bundesrepublik in die DDR   690
von der DDR nach West-Berlin   95
Von West-Berlin in die DDR      565

Damit konnte der Bedarf nach innerdeutschen Telekommunikationsleistungen nicht im Entferntesten abgedeckt werden.**

Vor diesem Hintergrund wird eine sehr pragmatische Lösung mit der Westberliner Sparkasse vereinbart. Bei der nächstgelegenen Filiale erhalten die Kollegen aus Ostberlin eine Möglichkeit, um mit dem Dachverband der westdeutschen Sparkassenorganisation, dem DSGV, telefonischen Kontakt aufzunehmen. Natürlich müssen dafür die Wege über die Grenze in Kauf genommen werden. Um jedoch Dinge auf der Arbeitsebene unkompliziert zwischen den festgesetzten „großen Koordinationsgesprächen“ abzuklären, ist diese Variante besser, als gar keine Telefonate führen zu können.

Es dauert nicht lange, bis das Westberliner Festnetz „praktisch überlastet“ ist. Denn diese Idee haben natürlich nicht nur die Mitarbeiter der Abteilung Sparkassen. So spricht es sich schnell herum, dass man von Westberlin aus in die alten Bundesländer telefonieren kann. Damit die Arbeitsprozesse nicht ins Stocken geraten, muss also dringend eine andere Lösung her.***

In dieser Situation stehen die Partner aus Bonn einem Mobilfunkkauf für die Kollegen im Osten aufgeschlossen gegenüber. Am 12. März 1990 erreicht ein Fax der DGZ Berlin mit wichtigen Detailinformationen über ein „Tragbares Mobiltelefon Siemens C2 für den DDR-Sparkassenverband“ die Verbandsleitung des DSGV in Bonn.****

Aus dem Schreiben geht hervor, dass so ein Gerät bereits von Botschaften, Ministerien, Parteien und der Industrie verwendet wird. Internationale Nachrichtenagenturen setzen „dieses Mobiltelefon in Ostberlin“ ein, denn – so das Ergebnis der „Erkundigungen am Sonnabend“ – es hat eine „Reichweite in Berlin: ganz Berlin, im Westen bis Potsdam“.

Deutlich wird das große Engagement für die Kollegen in der DDR. Der finanzielle Aufwand ist damals enorm und heutzutage kaum mehr vorstellbar: „Die Einmalkosten […] betragen für das Mobiltelefon 6.300 DM und für das Nachladegerät 260 DM (zuzüglich 14 % MwSt), die laufenden Kosten 120 DM je Monat für die Grundgebührenkarte und 0,23 DM je Gebühreneinheit (8 Sek., nach 18:00 Uhr sowie den ganzen Sonnabend u. Sonntag: 20 Sek.).“

Trotz der erheblichen Kosten, die bereits das Mobiltelefon verursacht, wird auch an ein Faxgerät gedacht. Dieses lässt sich einfach an das tragbare Gerät anschließen, sodass ein modernes Arbeiten von unterwegs möglich ist. Die Begründung lässt keine Zweifel an der Zweckmäßigkeit dieser teuren Anschaffung zu. Denn: „damit ließen sich die erheblichen Kommunikationsprobleme zwischen dem DDR-Sparkassenverband in Ostberlin und dem DSGV in Bonn […] vermutlich auf einen Schlag lösen.“

Das Mobiltelefon wird tatsächlich für die DDR-Kollegen angeschafft. Als es nach der Installation endlich funktioniert, ist die Freude groß. Der DSGV kann wieder angerufen werden, sodass sich die Kommunikation, „gerade in dieser wichtigen Zeit, sehr stark verbesserte“. Doch überlastete Festnetze stellten nur vorübergehend kein Problem mehr dar. Der Tipp zur C-Netz-Nutzung spricht sich schnell herum.***** Innerhalb weniger Wochen ist auch die Kapazität des Mobilfunknetzes überschritten. Zu groß ist der Bedarf an Telefonaten in den Westen. Wer dennoch eine freie Leitung ergattert, für den gilt nach wie vor: „Fasse dich kurz!“******

Fortsetzung am 20.03.2020

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*Aus der eigenen Familiengeschichte kenne ich Berichte über lange Wartezeiten auf eine handvermittelte Westverbindung. Meine Großeltern hatten zwar ein Telefon, meldeten aber, um zum Beispiel Eltern oder Geschwistern im Ruhrgebiet zum Geburtstag zu gratulieren, das Gespräch um 5 Uhr morgens an, um auch tatsächlich noch am selben Tag eine Verbindung zu bekommen. Trotz der frühen Anmeldung konnte es sein, dass das Telefonat erst um Mitternacht zustande kam. „Lediglich die Anschlussteilnehmer in Ost-Berlin und einigen grenznahen Ortsnetzen im Bezirk Potsdam konnten direkt nach West-Berlin und in die Bundesrepublik telefonieren.“ Vgl. dazu: Kowalczuk, Sascha-Ilko ; Polzin, Arno: Fasse Dich kurz!, der grenzüberschreitende Telefonverkehr der Opposition in den 1980er Jahren und das Ministerium für Staatssicherheit, Vandenhoeck & Ruprecht, 2014, S. 14.

**Baudis, Werner ; Kahle, Wolf  (u.a.): Kommunikationsnotstand in der DDR, in: Grenzenlose Lei(s)tung – Die deutsche Einheit und der Einsatz der Telekom beim „Aufbau Ost“. Hrsg. von Klaus Kinkel, Deutsche Verlags-Anstalt, 2014, S. 108; Derselbe Aufsatz enthält übrigens auch die Anzahl der nicht realisierten privaten Telefonanträge, die Ende 1989 bei 1,3 Mio. lag. Berücksichtigen muss man dabei, dass viele Bürger wegen der langen Wartezeiten – immerhin wartete man länger als auf ein Auto – erst gar keinen Antrag gestellt hatten.

***Hier berichtet – sowie auch im weiteren Textverlauf, inkl. Bildunterschrift – nach den Erinnerungen von Rainer Voigt und Frank Axel zu Telefonverbindungen zwischen ost- und westdeutscher Sparkassenorganisation. Bestand: Historisches Archiv des OSV, ZZI Rainer Voigt, 15.05.2012; ZZI Frank Axel, 08.08.2014.

****Fax der DGZ Berlin an den DSGV, Verbandsleitung in Bonn, Berlin, 12. März 1990, 11:03 Uhr, Bestand: Sparkassenhistorisches Archiv des DSGV, I. K/55a.

*****„Das C-Netz war in der Wendezeit aufgrund der großen Funkzellen (15 bis 20 Kilometer) gerade im ehemaligen grenznahen Bereich, insbesondere in Berlin, sehr beliebt.“ Das analoge, zellular strukturierte C-Netz wurde im Jahr 2000 abgeschaltet. Vgl. 20 Jahre digitaler Mobilfunk sowie Vom Koffertelefon zum Minigerät, in: KOMM, 2009, Heft 12.

******In den ersten Jahren nach der Wende wurden über 30 Mrd. DM in das veraltete, mit „musealen Einrichtungen“(**S. 107) ausgestattete Netz der DDR investiert. Es bot sich die Chance, alles neu aufzubauen. So entstand in den 1990er Jahren das modernste Telefonnetz Europas. Aus dem mit Rücksicht auf Wartende kreierte Hinweis aus den 1930er Jahren: „Fasse dich kurz!“, der in der DDR für Telefonzellen und im Telefonbuch weiterhin Anwendung fand, wurde das bundesrepublikanische und für uns heute selbstverständliche: „Ruf doch mal an!“.

  • Am 8. März 1990 wurde der Sparkassenverband im Sparkassenstatut rechtlich verankert. : © Historisches Archiv des OSV

Rechtliche Weichenstellungen

Blogserie, Teil 17

Am 6. März 1990 beschloss die Volkskammer der DDR (Parlament) einstimmig die Änderung des Gesetzes über die Staatsbank. Das stellte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem freien Bankenmarkt im Osten dar. Die Staatsbank sollte nicht mehr von der Regierung abhängig sein. Die Tätigkeit als Emissionsbank, als Kredit- und Verrechnungszentrum wurde festgeschrieben. Die Erhaltung der Stabilität der Währung stand im Mittelpunkt. Bisherige Aufgaben konnten Geschäftsbanken übertragen werden. Die Aufsicht über die Tätigkeit der Geschäftsbanken und Sparkassen wurde von der Staatsbank wahrgenommen.*

Am 9. März verkündete der Vorsitzende des Staatsrates die Regelungen. Bereits am Tag zuvor hatte der Ministerrat der DDR (Regierung) Änderungen des Statuts der DDR-Sparkassen bekanntgegeben. Die Sparkassen sollten zwar ihre Aufgaben nicht mehr in Durchführung der Beschlüsse der SED erfüllen, galten aber weiterhin als volkseigene Kreditinstitute.** Die Aufsichtsfunktion der Staatsbank und ihres Präsidenten wurde festgelegt. Auch § 12 des Einheitsstatuts von 1975 erhielt eine neue Fassung.

Aufgaben des Sparkassenverbandes der DDR

  • Die Sparkassen sind Mitglied des Sparkassenverbandes. Die Aufgaben des Verbandes sind in der Satzung des Sparkassenverbandes geregelt.
  • Der Verband ist in den Bezirken durch Bezirksgeschäftsstellen vertreten. Ihnen obliegt die Durchführung der Verbandsarbeit in den Bezirken.“

Am 20. März 1990 sollten diese Neuerungen gültig werden. An diesem Tag fand die Gründungsversammlung des Sparkassenverbandes der DDR statt, welche ursprünglich für den 15. März avisiert war.*** Auch der Ort war ein anderer. Nicht ins Haus der Ministerien in Ost-Berlin, sondern ins Tagungszentrum des Ministeriums für Nationale Verteidigung in Strausberg wurden die Direktoren und Direktorinnen der 196 Sparkassen eingeladen, um die Verbandssatzung zu beschließen. Über den Ablauf des Tages wird natürlich hier im Blog am 20. März 2020 berichtet werden.

Fortsetzung am 12.03.2020

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* Vgl. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Staatsbank der deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990, § 5, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 16, 12.03.1990, S. 125; Bestand: Historisches Archiv des OSV

** Vgl. Bekanntmachung über die Änderung des Statuts der Sparkassen der Deutschen Demokratischen Republik vom 8. März 1990, § 1, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 19, 23.03.1990, S. 174; Bestand: Historisches Archiv des OSV

*** Vgl. Zeitlicher Ablaufplan zur Vorbereitung der Bildung des Sparkassenverbandes vom 23.01.1990, in: Historisches Archiv des OSV Akte HA 69/2004, Bd. 1

  • Die Beklebung der Sparkassenfenster mit rotem Streifen und Sparkassen-S ist eine der werblichen Sofortmaßnahmen. In Suhl kommt das neue Design schon am 16. März 1990 zum Einsatz - also bereits vier Tage vor dem offiziellen Beschluss durch alle 196 DDR-Sparkassen. : © Sparkassen-Werbedienst, Historisches Archiv des OSV

  • Auch von außen haben die roten Fensterklebestreifen eine große Signalwirkung. Das Sparkassen-S leuchtet 1990 schon von Weitem den Kunden der Hauptgeschäftsstelle der Kreissparkasse Jessen entgegen. : © Historisches Archiv des OSV

  • Räumlich und menschlich nah - das Auftaktplakat ist 1990 bundesweit zu sehen. Auch der Abbinder im TV-Werbespot demonstriert mit dem Slogan "Sparkassen - gemeinsam in Ost und West" den solidarischen und engen Schulterschluss. : © Historisches Archiv des OSV

Wie das rote Sparkassen-S in die DDR kam – Imagetransfer von West nach Ost

Blogserie, Teil 16

Am 6. März 1990 tagt der Arbeitsausschuss des Zentralen Werbeausschusses in Stuttgart. Auf der Tagesordnung steht ein vom Deutschen Sparkassenverlag verfasstes Papier zu „Ideen für Kommunikationskonzepte in der DDR“.* Zu Gast sind auch Vertreter der DDR-Sparkassen. Das ist für alle Beteiligten von Vorteil. Denn gemeinsam lassen sich auf diese Weise schnell und unkompliziert „grundlegende Weichen zur Marktkommunikation der Sparkassen in der DDR“ stellen.**

Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Festlegung von ersten geeigneten Maßnahmen, die „auf den jeweiligen Bedarf“ der einzelnen Sparkasse noch zugeschnitten werden können. Außerdem wird die mögliche kommunikative Unterstützung erörtert. Warum diese frühzeitige Befassung mit dem Thema – verbunden mit einem Imagetransfer von West nach Ost – so wichtig ist, zeigt sich in der Analyse der Situation:

Zur Aufgabe***

Die Neuorientierung in der DDR wird auch zu Wettbewerb unter den Kreditinstituten führen. Die Sparkassen in der DDR werden sich diesem Wettbewerb stellen müssen. Dies wird besondere Anstrengungen erfordern, vor allem weil westliche Finanzinstitute mit hohem technischen und organisatorischen Standard in den DDR-Markt dringen.****

Ziel muß deshalb für die DDR-Sparkassen sein, die eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen und die vorhandene Kundenbasis mit geldwirtschaftlichen Leistungen gut zu versorgen […]

Vorbemerkung

Die Sparkassen der DDR werden sich in dem bevorstehenden neuen Markt neu positionieren müssen. Dafür wird der Aufbau einer eigenen unverwechselbaren Identität erforderlich sein. Unabdingbare Voraussetzung dafür sind in der Kreditwirtschaft Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Beides sind Positionen, die nur sehr langfristig – üblicherweise durch konkretes Handeln über Jahre – aufgebaut werden können […]

Die Sparkassen in der Bundesrepublik haben sich über Jahre und Jahrzehnte durch ihr Handeln vor Ort und generelle vertrauensbildende Maßnahmen ein erhebliches Vertrauenspotential aufbauen können. Heute bestätigen Untersuchungen, daß das Vertrauen in die Sparkassen höher ist als bei allen anderen Kreditinstituten […]

Mit der Verwendung von Corporate design und Kampagnenauftritt können die DDR-Sparkassen folgendes erreichen:
 

  • hohe Markenbekanntheit in kurzer Zeit
  • keine hohen Positionierungskosten im Markt
  • Imagetransfer von West- auf Ostsparkassen als leistungsfähige Institute
  • glaubwürdigen und aufmerksamkeitsstarken Auftritt in der Kommunikation
  • durch ähnliche Struktur Übernahme des Arguments der regionalen Verwurzelung und lokalen Präsenz als Wettbewerbsvorteil

Die Neuausrichtung soll in mehreren Etappen vollzogen werden. Sofortmaßnahmen, die bereits an diesem Tag beschlossen werden, umfassen 10 Punkte, für die aus dem „laufenden Werbeetat des Fonds für zentrale Gemeinschaftswerbung“ Mittel in Höhe von 2,145 Mio. DM zur Verfügung gestellt werden. Zu den wichtigsten und öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen gehören: das Bekleben der DDR-Sparkassenfenster mit roten Streifen und dem Sparkassen-S, wobei die Sparkasse Suhl als Testsparkasse fungiert, sowie die Verwendung des Plakats „Nähe ist bei uns kein Zufall, sondern Absicht – Gemeinsam in Ost und West: Die Sparkassen“.

Weitere Werbemaßnahmen für 1990 sind: Zeitungsbeileger, u. a. mit konkreten neuen Produkten, Kino- und Hörfunkwerbung, Prospekte und Anzeigen zum ERP-Kredit sowie 30.000 Broschüren zur Existenzgründung, ein Mitarbeiter-Wettbewerb im Herbst des Jahres sowie sogenannte „Streuartikel“. Letztere sollen als Werbegeschenke an Firmenkunden, Vereine sowie Privatkunden ausgegeben werden und durch ihre tägliche Verwendung an die örtliche Sparkasse erinnern. Der Verlag schlägt vor, das rote Sparkassen-S mit:

  • 2.500 Aschern
  • 5.000 Notizklötzen
  • 10.000 Spardosen
  • 20.000 Zahltellern
  • 20.000 Einwegfeuerzeugen und
  • 1.000.000 Kugelschreibern

bei den Sparkassenkunden der DDR bekannt und vertraut zu machen.*****

Wenn Sie noch Utensilien von 1990 haben sollten, sich an Ihr erstes Werbegeschenk oder an die erste Begegnung mit dem roten Sparkassen-S in Ihrer Sparkasse erinnern, dann erzählen Sie uns gern davon. Wir freuen uns über jede Geschichte aus dieser Zeit des Umbruchs und Neuanfangs.

Fortsetzung am 08.03.2020

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*1924 wird mit der Schaffung des Zentralen Werbeausschusses der Grundstein für eine einheitliche, überregionale Sparkassenwerbung gelegt. Seitdem gibt es eine zentrale Gemeinschaftswerbung der deutschen Sparkassenorganisation, die über Jahrzehnte Zeichen setzt. 1990 hat der Markenauftritt der westdeutschen Sparkassen zu einem Bekanntheitsgrad von über 90 % geführt: „kaum mehr steigerbar“ nennt der Deutsche Sparkassenverlag diesen Erfolg. Zitat: Ideen für Kommunikationskonzepte in der DDR, Vorlage zur Sitzung des AA ZWA am 6.3.1990, Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart, 27.02.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 632, Bd. 2.

**Gemeinsam in Ost und West: Die Sparkassen. In: Sparkassen-Werbedienst, 1990, Nr. 4, S. 75.

*** Ideen für Kommunikationskonzepte in der DDR, Vorlage zur Sitzung des AA ZWA am 6.3.1990, Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart, 27.02.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 632, Bd. 2.

****In demselben Papier heißt es im Abschnitt, der sich mit der kommunikativen Unterstützung befasst: „Die Großbanken sind bereits mit Repräsentanzen in der DDR vertreten und werden mit Sicherheit Beratungsstellen aufbauen.“ Die Konsequenz der Sparkassenorganisation liege also darin, „Beratungscentren nach westdeutschem Modell einzurichten. Parallel dazu sollen die DDR-Sparkassen auf westliches Beratungs- und Ausstattungsniveau gebracht werden.“  Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 632, Bd. 2.

***** Die 196 Vertreter aus den DDR-Sparkassen beschließen auf der Versammlung zur Gründung des Sparkassenverbandes am 20. März 1990 einstimmig, „das gemeinsam genutzte Sparkassensignet [Sparkassen-S] der Sparkassenorganisation der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich und des Königreiches Niederlande auch für die Sparkassen der DDR anzuwenden.“ Der kurz zuvor gewählte Präsident des Sparkassenverbandes der DDR erhielt gleichzeitig den Auftrag, sich um die notwendigen rechtlichen Schritte zu kümmern. Zitat: Beschluss Nr. 3/1990 des Verbandstages vom 20.3.1990, Sparkassenverband der DDR; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 709.

Quelle Titelbild: Sparkassen-Werbedienst Nr. 7, 1990, S. 167.

  • Motive von Werbepostkarten der LBS Sachsen, 1930er-Jahre : © Historisches Archiv des OSV

Vom Beginn des Bausparens in Chemnitz

Genau vor 90 Jahren nahm die Landesbausparkasse Sachsen ihre Tätigkeit auf. Dass sie in Form eines Zweckverbandes gegründet werden konnte, ist vor allem dem Engagement des sächsischen Verbandspräsidenten Dr. Johann Christian Eberle zu verdanken. Er wirkte nicht nur durch die Verbreitung des Giroverkehrs als Sparkassenreformer. Auch das Bauspargeschäft ergänzte die Tätigkeit der Sparkassen in ihrem Geschäftsgebiet. Durch das vertragliche, gemeinsame Sparen sollten der Neubau, der Kauf, der Umbau sowie die Entschuldung von Wohngebäuden gefördert werden. Das war in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, die sich im Industrieland Sachsen besonders schädlich auswirkte, nicht ganz einfach.

Dies berichtete etwa die Stadtsparkasse Chemnitz im Geschäftsbericht für 1930. So wurden lediglich von 7 Bausparern 14 Bausparverträge mit einer Gesamtvertragssumme von 100.000 Reichsmark abgeschlossen. Doch es gab Schützenhilfe. Um die örtliche Wohnungsbautätigkeit zu stärken, schlossen damals Gemeinden Verträge aus Mitteln ihrer Sparkassen ab. Diese Vorratsverträge wurden nach der Zuteilung an private Bausparer übergeleitet. Die Stadt Chemnitz schloss 300 Verträge über insgesamt 1,5 Mio. Reichsmark ab. Bei der ersten Baugeldzuteilung am 14. Dezember 1930 sollten dann zwei Verträge über 20.000 Reichsmark zugeteilt werden und der örtlichen Wohnungswirtschaft zugutekommen.

  • Auszug aus dem Regulativ der Stadtsparkasse Markneukirchen, 1903 : © Historisches Archiv des OSV

Kontenobergrenzen zur Einlagenabwehr

Lange Zeit wurde den kommunalen Sparkassen vom Staat eine sozialpolitische Funktion zugemessen, die sich in Einlagenobergrenzen manifestierte. So sollten Wohlhabende ferngehalten werden. Besonders streng zeigte sich dabei das Königreich Sachsen. So wurde 1860 vom Innenministerium vorgeschrieben, dass Sparkonten von Privatkunden 500 Taler nicht übersteigen durften. Mit der Umstellung der Währung 1875 waren das 1.500 Mark. Diese Regelung galt bis 1902, also über 40 Jahre. Es gab schrittweise Erhöhungen, 1902 auf 3.000 Mark und 1912 auf 5.000 Mark. Dies erfolgte mit dem Verweis, dass sich Gehälter und Löhne verbessert hatten und auch Arbeiter mittlerweile mehr sparen konnten.

„Die Regierung will also unbedingt daran festhalten, dass die Sparkasse nur die ersten Sparpfennige aufzunehmen und zu sammeln hat. Hat der Sparer ein kleines Kapital aufgespeichert, das groß genug ist, eine andere Anlage zu benutzen, so wird es aus dem Schutz der Sparkasse entlassen und muss selbstständig seinen Weg suchen.“*

In der Realität wurden die Sparkassen nicht nur von der „Unterschicht“ zum Sparen, sondern auch von der „Mittelschicht“ zur Geldanlage genutzt. Überliefert ist, dass die Obergrenzen wohl geschickt umgangen wurden, indem Kapital auf mehrere Sparbücher verteilt wurde. So bekam etwa jedes Familienmitglied eines ausgestellt. Oder man verwendete verschiedene Namen. Personalausweise existierten noch nicht. Eine andere Möglichkeit stellte die Nutzung mehrerer Sparkassen dar. Der Weg war nicht weit. In Sachsen bestanden besonders viele eigenständige Sparkassen.

Erwähnenswert ist, dass am Anfang des 20. Jahrhunderts gerade in wirtschaftlichen Krisenjahren die Einlagen zunahmen, weil Sachsen Geld aus Banken und industriellen Anlagen abzogen und bei den Sparkassen parkten. Gleichzeitig kam es, bedingt durch den Rückgang von Einkommen in diesen Zeiten, zu einem Rückgang der normalen Spartätigkeit. Übrigens suchten damals Anleger auch im Zuge von Zusammenbrüchen von Banken in Dresden und Leipzig einen „sicheren Hafen“.

* Braedt, Felix: Das Sparkassenwesen im Königreich Sachsen, 1912, S. 17

  • Die Anordnung über die Satzung des Sparkassenverbandes der DDR vom 20. März 1990 wird am 25. April im Gesetzblatt, Teil I, Nr. 24 veröffentlicht. : © Historisches Archiv des OSV

Vom Entwurf zur finalen Fassung – die Satzung steht

Blogserie, Teil 15

Am 26. Februar 1990 findet in Berlin mit Vertretern der Sparkassen aus allen Bezirken eine Arbeitsberatung zur „Endfassung der Satzung“ statt. Es entsteht die niedergeschriebene 5. Fassung der „Satzung des Sparkassenverbandes der DDR“, die zur Abstimmung an alle Sparkassendirektoren versendet werden kann. Der Zeitplan der Abteilung Sparkassen weist außerdem für den 8. März eine Beratung zum Thema mit der Leitung der Staatsbank aus.*

Maßgebliche Änderungen hat es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben. So wird es eben diese 5. Fassung sein, die 196 Stimmberechtigte nahezu unverändert als Beschluss Nr. 1/1990 des Verbandstages vom 20.3.1990, am Tag der Gründung des Sparkassenverbandes, einstimmig annehmen. Sie wird es sein, die in der finalen Fassung** auf Anordnung des Präsidenten der Staatsbank der DDR bestätigt und am 25. April 1990 im Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil I, Nr. 24 veröffentlicht wird.***

Was so einfach klingt und einvernehmlich aussieht, war in den Wochen davor ein beschwerlicher Weg. Schon in der ersten Januarhälfte 1990 lag ein erster Satzungsentwurf vor. Doch einig war man sich lediglich darüber, dass eine kurzfristige Herauslösung aus der Staatsbank und die Gründung eines eigenen Sparkassenverbandes sinnvoll seien. Über die Ausgestaltung der Einflussbereiche und Unabhängigkeiten gab es hingegen die unterschiedlichsten Vorstellungen.

Das wiederum produzierte aufwendige Klärungsprozesse in einer Phase, wo eigentlich keine Zeit für große Diskussionen blieb. Bis ein für alle Beteiligten akzeptabler Kompromiss gefunden war, gab es mehrere Überarbeitungen, Treffen und zahlreiche Stellungnahmen aus den Bezirken. Das Schreiben der Stadtsparkasse Dresden vom 6. Februar 1990 zum 2. Entwurf mit Stand vom 25. Januar 1990 steht beispielhaft für viele andere Sparkassen und verdeutlicht, was diesen wichtig war: Selbständigkeit und wirtschaftliche Unabhängigkeit sowie eine damit zusammenhängende „nur der Aufsicht der örtlichen Räte“ vorhandene Bindung. Man wolle in Zukunft „keine Einrichtung der örtlichen Räte“ mehr sein, so der Tenor.****

Eine weitere Hürde, die genommen werden musste, stellte das Schreiben des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates für örtliche Staatsorgane, Dr. Peter Moreth, dar. Er antwortete am 15. Februar auf den Satzungsentwurf:

[…] Die sich gegenwärtig mit hohem Tempo vollziehende Entwicklung in den Beziehungen zwischen der DDR und der BRD, insbesondere auch auf dem Gebiet der Währungspolitik (einschließlich der damit verbundenen offenen Fragen), lassen es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zweckmäßig erscheinen, über die Bildung eines Sparkassenverbandes und den Inhalt seiner Satzung zu befinden […]*****

Bedeutete dies nun das Ende für das zukunftsorientierte Vorhaben der Abteilung Sparkassen der Staatsbank der DDR? Mitnichten. Selbst Präsident Kaminsky nahm’s eher gelassen. Er leitete das Schreiben weiter und vermerkte handschriftlich:

Koll. Meier/Voigt
das müssen wir mit Moreth klären.

Nachfolgende Gespräche mit dem „Berater des Ministers konnten die Bedenken“ schließlich ausräumen – die Kuh war vom Eis. Es konnte weitergehen mit den Vorbereitungen zur Gründung des Sparkassenverbandes der DDR …******

Fortsetzung am 06.03.2020

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*Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 69/2004.

**Verändert findet sich neben Ausformulierungen von Zahlen lediglich in der finalen Fassung der § 5. Dieser erfährt eine Ergänzung in der Zusammensetzung des Verbandsrates, dem nun auch ein Vertreter des Städte- und Gemeindetages der DDR angehören soll. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 709.

***Kaminsky bittet mit Schreiben vom 29.3.1990 das Büro des Ministerrates der DDR um Veröffentlichung der Satzung des Sparkassenverbandes der DDR „im Zusammenhang mit dem Beschluß zur Schaffung des zweistufigen Bankensystems“. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 709.

****Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 76/2004a-c.

*****Interessant ist, dass sich der Ministerrat durchaus nicht einig war in der Frage eines Sparkassenverbandes der DDR. So stellt der amtierende Minister des Ministeriums der Finanzen und Preise, Dr. Walter Siegert, weder Gründung noch Satzung in Frage. Konstruktiv geht er an die Sache heran und teilt mit Schreiben vom 14. Februar 1990 seine Hinweise und Ergänzungen zum Satzungsentwurf mit. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 69/2004.

****** Zitat zu den Gesprächen aus: Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart 1998, S. 62;  Zu den weiteren Vorbereitungen gab es bereits am 23. Januar 1990 eine Vorlage Voigts an den Präsidenten der Staatsbank. Denn neben dem Satzungsentwurf sollten auch ein Entwurf zur „Änderung des Statuts der Sparkassen der DDR“ sowie ein „zeitlicher Ablaufplan zur Vorbereitung der Bildung des Sparkassenverbandes der DDR“ bestätigt werden. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 69/2004.