• Marktplatz und Rathaus in Finsterwalde (Ausschnitt Ansichtskarte Kunstdruckerei Gebrüder Isenbeck in Wiesbaden, vers. 1907; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Die ersten Überschüsse der Stadtsparkasse Finsterwalde

Die Sängerstadt Finsterwalde ist Hauptsitz der Sparkasse Elbe-Elster, mit deren Geschichte wir uns in der Vergangenheit viel beschäftigt haben. Für die Erstellung einer Chronik sind umfangreiche Recherchen in Archiven erfolgt, die sich natürlich auch den Anfängen des gesellschaftlichen Engagements widmeten. Einen Beitrag zum Standort Kirchhain finden Sie beispielsweise hier im Blog.

Auch bei der Stadtsparkasse Finsterwalde dauerte es eine Weile – zwei Jahrzehnte – ehe sie der Kommune Geld zur Verfügung stellen konnte. Für die Überschüsse des Geschäftsjahres 1905 in Höhe von 7.200 Mark genehmigte die Aufsichtsbehörde 1906 die Verwendung. Damit konnte dann ein Bebauungsplan für die Stadt finanziert werden.

Diese Informationen lieferte die „Acta des Magistrats der Fabrikstadt Finsterwalde betreffend: die Verwaltung der Sparkasse“ im Kreisarchiv in Herzberg (Elster). Ein Glücksfall, denn zu vielen Vorgängerinstituten der Sparkasse Elbe-Elster gibt es keine regionale Überlieferung vor Ort. In der Akte, die von 1899 bis 1911 geführt wurde, fanden sich der Jahresabschluss der Sparkasse (Blatt 100) sowie das Genehmigungsschreiben des Regierungspräsidenten (Blatt 131).

Im Vorbericht zum Jahresabschluss steht, dass der Garantieverband erstmals Geld erhielt. Dies wurde verifiziert. Das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam verwahrt die „Nachweisung über den Geschäftsbetrieb und die Ergebnisse der Sparkassen im Regierungsbezirke Frankfurt a./Oder für das Kalenderjahr 1905″ aus dem Jahr 1906. Die Statistik belegt, dass die Stadtsparkasse Finsterwalde tatsächlich zum ersten Mal Überschüsse von 7.200 Mark bereitstellte.

  • Der städtische Schlachthof wurde 1899 auch mit Sparkassengewinnen finanziert. (Ansichtskarte Verlag Gustav Kabes in Grimma, um 1900; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Die Überschüsse der Grimmaer Sparkasse

Offenbar war man in Grimma mächtig stolz auf den Schlachthof. Zusammen mit patriotischem Dekor der Kaiserzeit fand er auf einer Ansichtskarte Platz. 1899 wurde die Einrichtung erbaut. An der Finanzierung war die Stadtsparkasse beteiligt. Überschüsse flossen auch in andere kommunale Infrastruktur. So erhielt die Stadt zum Beispiel eine elektrische Straßenbeleuchtung. Erstmals konnte Grimma 1884 von den Gewinnen der Sparkasse profitieren. 9.000 Mark sollten für die Pflasterung von Straßen und Anlegung von Bürgersteigen verwendet werden. 12.000 Mark waren für die Zinstilgung einer für die Errichtung der Schule aufgenommenen Anleihe vorgesehen. 4.000 Mark bekam die öffentliche Armenversorgung.

Für soziale Zwecke und Infrastrukturprojekte wurde auch in manch anderen Jahren Geld ausgegeben. Die Rahmenbedingungen änderten sich jedoch nach zwei Verordnungen des sächsischen Innenministeriums vom 29. Dezember 1899 und 11. Juni 1900. So galten nur noch freiwillige kommunale Ausgaben als gemeinnützig. Gesetzlich festgelegte Gemeindeaufgaben, wie etwa die Armenfürsorge, durften nicht mehr mit den Überschüssen der Sparkassen bezahlt werden. Bei der Verwendung für das Kirchen- und Schulwesen, das ebenfalls über Steuern finanziert wurde, konnte eine Fallprüfung erfolgen. Das Ministerium machte deutlich, dass ausschließlich gemeinnützige Sparkassen, die nicht als Erwerbsunternehmen der Gemeinden fungierten, keine Einkommensteuer bezahlen mussten. Nur bei Verwendung der Überschüsse für gemeinnützige und wohltätige Zwecke galt die Steuerbefreiung weiterhin.

Was die Verwendung des Reingewinns betraf, so konnte der Staat allerdings keine positive Definition geben, was nun gemeinnützig, also für die Allgemeinheit zum Nutzen, war. Die örtlichen Aufsichtsbehörden sollten dies entscheiden. Es schien zumindest unbedenklich, Parkanlagen einzurichten beziehungsweise zu erhalten, Straßen und Plätze zu verschönern oder die öffentliche Beleuchtung und Wasserversorgung zu errichten. Es gab dennoch zahlreiche Streitfälle und manchmal konnten die Entscheidungen der Behörden nur als Willkür empfunden werden. Die für Grimma zuständige Kreishauptmannschaft in Leipzig sah beispielsweise die Finanzierung der erwähnten Straßenbeleuchtung eher als eine Aufgabe der Ortspolizei und als nicht gemeinnützig an.

  • Flussbäder in der Elbe zeigt diese Ansichtskarte von Dresden um 1910. (Ansichtskarte Verlag Römmler & Jonas in Dresden) : © Historisches Archiv des OSV

Badespaß dank der Sparkasse

Draußen hat die Badesaison begonnen. Die Temperaturen ermuntern geradezu zum ersten Schwimmen in 2022. Mancherorts gibt es zu diesem Zweck sogar naturnahe Freibäder in Flüssen. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden bestand eine Tradition des Flussbadens von 1826 bis 1947. Auf der Elbe schwammen Anfang des 20. Jahrhunderts diverse Plattformen mit Schwimmbereich im Inneren. Da kam beim Baden der Dampfer nicht in die Quere. Mitfinanziert wurden Flussbadeanstalten und Volksbäder damals von der Städtischen Sparkasse, über deren Gewinne Dresden zu bestimmten Zwecken verfügen durfte. Von 1904 bis 1908 wurden dafür 22.609 Mark ausgegeben. Insgesamt konnte die Kommune in dieser Zeit über 1,8 Millionen Mark Sparkassenüberschüsse verwenden. Auch Krankenhäuser, Feuerwehren sowie gemeinnützige und wohltätige Vereine erhielten Geld. Parkanlagen wurden verschönert. Damit der Dresdner nicht hinter den Baum musste, richtete die Stadt sogenannte Bedürfnisanstalten ein. Dafür gab es 28.775 Mark von der Sparkasse.

  • Geschäftsdaten von Sparkassen, hier der Stand des Reservefonds 1900, die insgesamt seit der Gründung und im Jahr 1900 (rechts) für öffentliche Zwecke verwendeten Gelder, enthält diese Nachweisung über den Geschäftsbetrieb und die Ergebnisse der Sparkassen im Regierungsbezirk Merseburg für das Rechnungsjahr 1900. Ausschnitt /Landesarchiv Sachsen-Anhalt, C 20 I, Ib Nr. 838, Bd. 8

  • Auf Grundlage der Akten konnten zum Beispiel für 1900 Geschäftsdaten der historischen Sparkassen im Geschäftsgebiet der Sparkasse Elbe-Elster ermittelt werden. : © Historisches Archiv des OSV

Von Archivterminen und Überschüssen

Normalerweise würde ich gerade im Brandenburgischen Landeshauptarchiv sitzen und für die Sparkasse Elbe-Elster Akten fotografieren. Sie werden als Quelle für die Aufarbeitung der Geschichte benötigt, die im Auftrag des Vorstandsvorsitzenden erfolgt. Der heutige, langfristig geplante, Termin fällt zwar nicht, wie zunächst befürchtet, der „Osterruhe“, aber letztlich der „Notbremse“ zum Opfer, da die Inzidenz wieder über 100 liegt. In Corona-Zeiten ist das Arbeiten in öffentlichen Archiven schwierig. Auch wenn kein Lockdown ist, kann wegen der Sicherheitsvorschriften nur eine begrenzte Zahl von Nutzern im Lesesaal Platz nehmen. Daraus resultieren längere Wartezeiten. Ich hoffe, dass der nächstmögliche Ersatztermin Ende Mai 2021 nicht ausfällt, wir dann die „dritte Welle“ hinter uns haben.

Glücklicherweise konnte ich bei meinen Recherchen 2020 schon eine Menge Material digitalisieren, das ich auswerte. Ein wichtiges Thema beim Projekt ist das gemeinnützige Engagement. Sparkassen sind seit jeher am Gemeinwohl orientierte Kreditinstitute. In den Unterlagen der Sparkassenaufsichtsbehörden im Brandenburgischen Landeshauptarchiv und im Landesarchiv Sachsen-Anhalt fanden sich zahlreiche Belege aus der Zeit des Deutschen Reichs vor dem Ersten Weltkrieg. Die Vorgängerinstitute der Sparkasse Elbe-Elster mussten nämlich damals ihre „Nachweisungen über den Geschäftsbetrieb und die Ergebnisse“ in Frankfurt (Oder) oder Merseburg abliefern. Die Aufsicht erfasste die Daten aller Sparkassen in Tabellen. Die Übersichten geben unter anderem Aufschluss über die Gelder, die für öffentliche Zwecke zur Verfügung gestellt wurden. (Bild 1) Sie stammten aus den Überschüssen (Reingewinn) der Rechnungsvorjahre beziehungsweise den Reservefonds.

Bevor Geld floss, mussten ausreichende Sicherheitsrücklagen angesammelt sein. Es dauerte also, bis die Bevölkerung auch auf diese Weise von ihrer Sparkasse profitierte. So wird bei der Auswertung der Geschäftsdaten aus den vor genau 120 Jahren erstellten Jahresabschlüssen deutlich, dass noch nicht alle im heutigen Geschäftsgebiet der Sparkasse Elbe-Elster bestehenden Institute 1900 Geld zur Verfügung stellten. Schon gar nicht die gerade erst eröffnete Stadtsparkasse Liebenwerda. Die älteren Kreissparkassen in Herzberg und Liebenwerda hingegen konnten hohe Beträge vermerken. Dass es nicht regelmäßig etwas gab, zeigt wiederum das Beispiel der alten Stadtsparkasse Kirchhain. Die in meiner Übersicht (Bild 2) dargestellten Abführungen erfolgten ausschließlich 1887/1888. Belegt sind in den Akten manchmal die Verwendungszwecke der von den Sparkassen zur Verfügung gestellten Überschüsse. So konnte etwa die Stadtsparkasse Mühlberg erstmals 1879 ausschütten. Nachgewiesen ist die Bewilligung von 5.727,74 Mark für den Bau eines Schulhauses am 23. Mai des Jahres. Gerade solche Informationen sind ein Glücksfall für den Historiker. So wird anschaulich, wie die Sparkassenüberschüsse früher zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt wurden.

  • Übersichtskarte der Eisenbahnstrecke von Lübben nach Falkenberg aus dem Jahr 1894, beigefügt zur Rentabilitätsrechnung der "Gesellschaft für Bau und Betrieb von Eisenbahnen Henning, Hartwich & Comp."/ Landesarchiv Sachsen-Anhalt, C 48 Ih, Nr. 267, Bd. 5

Planung ist das A und O – zwei Eisenbahnen für den Schweinitzer Kreis

Im Rahmen meines Studienganges Archiv an der Fachhochschule Potsdam absolviere ich derzeit mein Praxissemester im Historischen Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes. Einen Teil des Praktikums verbrachte ich im Homeoffice. Hier zählte bisher die inhaltliche Erschließung von Akten, welche den Werdegang der Sparkasse des Schweinitzer Kreises mit Sitz in Herzberg dokumentieren, zu meinen Hauptaufgaben. Herr Einert hatte zuvor die Zweigstelle Merseburg des Landesarchivs Sachsen-Anhalt besucht und Fotografien angefertigt. Die Unterlagen sind eine wichtige Quelle für die Erforschung der Geschichte der Sparkasse Elbe-Elster. Beim Lesen der Akten stieß ich auf den Planungsvorgang zweier Bahnstrecken innerhalb der Kreise Lübben, Luckau, Schweinitz, Liebenwerda und Torgau im Jahr 1895, die mich als bekennende Bahn-Liebhaberin begeisterten. Ich kann zwar nicht mit solch namhaften Eisenbahnen wie dem Orient-Express oder der Transsibirischen Eisenbahn dienen, dennoch waren die beiden Bahnstrecken bedeutsam, weil sie den Wunsch nach wirtschaftlichem Wachstum erfüllen sollten.

Von der Notwendigkeit zum Beschluss
Das erste Schriftstück, durch das ich auf die Eisenbahnstrecken aufmerksam wurde, stammt vom Landrat des Schweinitzer Kreises, Herrn von Bodenhausen. Dieser unterrichtete am 2. Februar 1895 den königlichen Regierungspräsidenten, Herrn Grafen zu Stolberg-Wernigerorde, über den am 29. Januar 1895 gefassten Beschluss des Schweinitzer Kreistages: „Die vom Kreistage beschlossene Uebernahme einer Zinsgarantie bis zur Höhe von 3½ % auf 15 Jahre für 3/5 des zum Bau einer Eisenbahn von Lübben über Uckro-Schlieben, Herzberg nach Falkenberg erforderlichen, von dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten zu prüfenden und festzustellenden Grundkapitals und die Uebernahme bis zu 290 000 Mark Stammactien für den Bau einer Kleinbahn von Prettin über Jessen, Schweinitz nach Holzdorf, seitens des Kreises.“ Der Landrat erläuterte, dass das Erbauen einer Bahn für den Schweinitzer Kreis zwingend notwendig sei, da es einige Kreisteile gebe, die bisher vom Bahnverkehr abgeschnitten und deshalb in ihrem wirtschaftlichen Erwerb eingeschränkt wären. Er hoffte, dass den Kreisteilen durch den Bahnbau eine Teilhabe am wirtschaftlichen Wettbewerb ermöglicht wird.

Die Kleinbahn von Prettin nach Holzdorf
Zwei Denkschriften des Kreisausschusses des Schweinitzer Kreises vom 5. Januar 1895 fassten die beiden Bauvorhaben zusammen. Die erste Denkschrift betraf den Bau, die Finanzierung und den Betrieb einer 32 Kilometer langen Kleinbahn von Prettin an der Elbe über die Städte Jessen und Schweinitz nach Holzdorf. Der Eisenbahnbau- und Betriebsunternehmer Philipp Balke aus Berlin sollte dieses Projekt durchführen. Dazu wurde mit ihm ein Bauvertrag in Höhe von 960.000 Mark geschlossen. Das Anlagekapital von 960.000 Mark teilte sich in 560.000 Mark Vorzugsaktien, welche durch Balke in Zahlung genommen wurden, und in 400.000 Mark Stammaktien, die durch die „Interessenten“ aufgebracht werden mussten. Bei diesen handelte es sich um den Kreis Torgau, auf dessen Gebiet sich 9 Kilometer Strecke befanden, und um den Kreis Schweinitz mit 23 Kilometern Streckenlänge. Von den 400.000 Mark entfielen also 110.00 Mark auf den Kreis Torgau und 290.000 Mark auf den Schweinitzer Kreis. Außerdem sollten die Kreise ein Unternehmen mit dem Namen „Prettiner Kleinbahn-Gesellschaft“ gründen.

Die Bahn von Lübben nach Falkenberg
Die zweite Denkschrift betraf die Planung der Eisenbahnstrecke von Lübben über Uckro, Schlieben und Herzberg nach Falkenberg. Bereits mehrere Jahre zuvor war versucht worden, die Genehmigung der Staatsregierung für dieses Bauvorhaben einzuholen. Die Konzession wurde stets verweigert, weil sich der Staat keine Konkurrenz schaffen wollte. Schließlich erteilte der Minister der öffentlichen Arbeiten am 5. Juni 1894 der Firma „Gesellschaft für Bau und Betrieb von Eisenbahnen Henning, Hartwich & Comp.“ die Vorkonzession. In einem ausführlichen Kostenüberschlag vom Dezember 1894 stellte das Unternehmen alle anfallenden Kosten auf. Folglich wurden Positionen wie Brücken, Tunnel, Bahnhöfe und Verwaltungskosten berechnet – um nur einen kleinen Teil der Posten zu nennen, die bedacht werden mussten. Jeder Bahnhof und jede Haltestelle wurde daraufhin mit den einzelnen Kostenpunkten aufgeführt. Die Gesamtkosten der Strecke beliefen sich auf 5.157.000 Mark.

Die Gesamtlänge der Bahn zwischen den Anschlussbahnhöfen betrug 71,6 Kilometer. Der Schweinitzer Kreis wurde auf einer Länge von rund 45 Kilometern durchlaufen. Die Baufirma forderte von den beiden Kreisen eine Garantieleistung. Für den Schweinitzer Kreis bedeutete dies 3/5 des Garantiezuschusses, demnach einen Betrag von 3.094.500 Mark. Auf den Luckauer Kreis entfielen 2/5 des Garantiezuschusses, welche aus Kreissteuern finanziert werden sollten. Die Zinsgarantie wurde für 15 Jahre mit einer Dividende von 3½ % übernommen. Der Schweinitzer Kreis war verpflichtet, die Differenz der Dividende zu zahlen, wenn diese einmal nicht 3½ % betragen sollte. In den „Erläuterungen und Aufstellung der Rentabilitätsberechnung für die Eisenbahn“ der Firma „Henning, Hartwich & Comp.“ von 1894 wurde mit Gesamteinnahmen von 714.312 Mark durch den Güter-, Personen- und Gepäckverkehr sowie durch diverse weitere Einnahmequellen gerechnet. Abzüglich der Ausgaben ergab sich ein Reingewinn von 283.137 Mark. Davon wurden 14.156,85 Mark dem Reservefonds überschrieben.

Finanzierung und die Rolle der Sparkasse des Schweinitzer Kreises
Am Ende des eingangs erwähnten Schreibens des Landrats stellte er den folgenden Antrag an den königlichen Regierungspräsidenten: „Es geht daher der gehorsamste Antrag dahin, zu genehmigen, daß der Kreisverband:
a) zu der Eisenbahn Lübben – Uckro – Herzberg – Falkenberg aus Kreisfonds bewilligen und aufnehmen kann: in den ersten 2 Jahren nach der Betriebseröffnung ein Darlehen von je bis zu 105.000 Mk, in dem 3. und 4. Jahre je bis zu 90.000 Mark, in dem 5. und 6. Jahre je bis zu 75.000 Mk, in dem 7. und 8. Jahre je bis zu 60.000 Mk, in dem 9. und 10. Jahre je bis zu 45.000 Mk, in dem 11. und 12. Jahre je bis zu 30.000 Mk, in dem 13. 14. und 15. Jahre je bis zu 15.000 Mark, vorbehaltlich des jährlichen Nachweises der Verwendung, und daß zur Amortisation und Verzinsung dieser Schulden alljährlich 40.000 Mk aus den Ueberschüssen der Kreissparkasse und den Zinsen des Reservefonds nach Erfüllung der vorschriftsmäßigen Höhe entnommen werden,
b) zu dem Bau einer Kleinbahn von Prettin über Jessen, Schweinitz nach Holzdorf bis 290.000 Mark Stammactien übernehmen kann.“

Sowohl aus dem Schreiben des Landrats als auch aus den Denkschriften ging hervor, dass die Bevölkerung des Schweinitzer Kreises arm war und diese zur Deckung der Kosten nicht herangezogen werden konnte. Aufgrund des erzielten Reingewinns der Sparkasse, musste die Besteuerung der Kreiseinwohner nicht erfolgen. Die Kreissparkasse hatte im Jahr 1895 einen Reservefonds von 1.450.000 Mark bei Spareinlagen von 16.500.000 Mark, so der Landrat. Die Bauunternehmer beabsichtigten, die Bahn von Lübben nach Falkenberg Ende 1896, wahrscheinlich aber erst im Frühjahr 1897 fertigzustellen und in Betrieb zu nehmen. Somit war die erste Garantiesumme am 1. Juli 1898 fällig. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten die Überschüsse der Sparkasse des Schweinitzer Kreises von den drei Jahren 1895, 1896 und 1897 in den Reservefonds einfließen. Die Überschüsse mit den Zinsen des Reservefonds hatten im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (1890-1894) jährlich 114.000 Mark betragen.

Am Schluss der Denkschrift des Kreisausschusses, welche die Bahn von Lübben nach Falkenberg betraf, wurden die folgenden Fragen formuliert: „Ist nun eine jährliche Ausgabe von 40.000 Mark aus dem Reservefonds der Sparkasse gerechtfertigt oder nicht?“ In diesem Zusammenhang wurde der Sinn und Zweck der Sparkassenüberschüsse erläutert. Sie sollten gesetzmäßig nur für gemeinnützige Vorhaben des Kreises verwendet werden. „Was haben die Bewohner des Kreises von einem solchen Vermögen, das sie nicht verwenden können?“ Es wurde angenommen, dass die wirtschaftlichen Einnahmen der Einwohner durch die neuen Bahnstrecken steigen würden. „Es ist also thatsächlich eine für das Gemeinwohl fast der Hälfte der Kreisinsassen im hervorragendsten Sinne des Wortes gemeinnützige Anlage, wenn der Sparkassen-Ueberschuss, der sonst Niemand zu Gute kommt, auf diese Weise verwendet wird.“ Aus einem Statut von 1894 geht hervor, dass ferner die Aktiengesellschaft „Lübben – Luckau – Uckro – Alt-Herzberg – Falkenberger Eisenbahn-Gesellschaft“ mit Sitz in Berlin errichtet wurde. Außerdem wurde für die beiden Bahnstrecken ein Zuschuss von 3.000.000 Mark aus dem Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1895 festgelegt.

Saskia Brunst
Praktikantin im Historischen Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

Quelle: Landesarchiv Sachsen-Anhalt, C 48 Ih, Nr. 267, Bd. 5

  • Markt Ketzin Havel

    Dank der Sparkasse bekamen die Ketziner Kinder eine neue Schultoilette. (Ansichtskarte Verlag Emil Fricke in Ketzin an der Havel, versendet 1912; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Wie die Ketziner Kinder zu ihrer neuen Schultoilette kamen

Seit dem 19. Jahrhundert engagieren sich die Sparkassen im Verbandsgebiet des OSV gemeinnützig. Einige Beispiele dafür sind bereits hier im Blog vorgestellt worden. Auch die Sparkasse in Ketzin an der Havel, gegründet 1880, stellte in guten Zeiten Überschüsse bereit. Sie wurden mit Genehmigung der Regierungsbehörden zu verschiedenen öffentlichen Zwecken verwendet.

Die Trägerin der Sparkasse, die Stadt Ketzin, beschloss etwa vor 100 Jahren, 8.000 Mark als Zuschuss für ein neues „Schulabortgebäude“ einzusetzen. Dies war die Hälfte des vom Geldinstitut bereitgestellten Gewinns aus dem Geschäftsjahr 1915. Der Bau konnte mit Hilfe der Sparkasse vollendet werden. So kamen die Schulkinder zu einem neuen „stillen Örtchen“.

Dass Sparkassengelder in früheren Zeiten auch zum Bau von öffentlichen „Bedürfnisanstalten“ oder „Pissoirs“ genutzt wurden, ist übrigens keineswegs „anrüchig“. Vielmehr stellte deren Einrichtung eine wichtige Maßnahme der kommunalen Gesundheitsvorsorge dar. Auch für Kanalisationen oder Badeanstalten flossen zum Beispiel Überschüsse von Sparkassen.