• © Historisches Archiv des OSV

Von Spreewaldgurken und Girokonten

Nicht nur saure Gurken verkaufte vor über 90 Jahren die Firma Robert Eckhardt, Inhaber Carl Boschan. Es handelte sich um eine Gurkeneinlegerei und Sauerkohl-Fabrik sowie Zwiebel- und Gemüsegroßhandlung in Vetschau in der Niederlausitz. In Tonnen, Blechkübeln und -eimern wurden der Kundschaft zum Beispiel leckere Salzdill-, Pfeffer- oder Senfgurken ausgeliefert. Und natürlich war auch der bekannte Spreewälder Meerrettich im Sortiment.

Die fälligen Rechnungsbeträge für die Waren wollte das Unternehmen gern überwiesen bekommen. Auch der Konsumverein für Spremberg und Umgebung war damals Kunde und bezahlte seine Rechnungen per Überweisung. In Zeiten ohne Internet, PCs und Smartphones wurde der Empfänger per Benachrichtigungskarte informiert, dass eine Gutschrift aufs Girokonto erfolgt war. Schon seit 1916 bot die Stadtsparkasse Vetschau den bargeldlosen Zahlungsverkehr an, der nicht nur Geschäftsleuten von Nutzen war. Heute ist in Vetschau die Sparkasse Niederlausitz vor Ort und betreut zahlreiche Girokonten der Menschen in der Region.

  • Von 1892 bis 1908 war die Sparkasse in diesem Kreishaus untergebracht. (Abb. Ausschnitt Ansichtskarte Verlag Reinicke & Rubin in Magdeburg, versendet 1899; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Eine Sparkasse für den Landkreis Cottbus

Im Südosten des Bundeslandes Brandenburg liegt das Geschäftsgebiet der Sparkasse Spree-Neiße, der gleichnamige Kreis und die kreisfreie Stadt Cottbus. Verschiedene kommunale Sparkassen wirkten hier im Laufe der Geschichte. Erste Nebenstellen richtete bereits 1824 die kommunal-landständischen Hauptsparkasse der Niederlausitz in Guben und Spremberg ein. Die Stadt Cottbus übernahm 1833 die Garantie der dortigen Sparkasse von einem Bürgerverein.

Die erste Kreissparkasse nahm vor 150 Jahren ihre Geschäftstätigkeit auf. Am 16. Januar 1867 kam Frau Marie Amalie Krause vom Brunschwig-Rittergut und brachte 50 Taler zum sogenannten Ständehaus in der Sandower Straße in Cottbus. Sie war die erste Kundin und bekam das Sparbuch Nummer Eins ausgestellt. Als „Rendant“ kümmerte sich der Kreissteuer-Einnehmer Herr Kuhne um alle „Kassen-, Secretariats- und Registraturgeschäfte“. Für seine Tätigkeit erhielt er im ersten Jahr ein Gehalt von 50 Talern und als Tantieme ein Prozent der Spareinlagen.

Eigene Geschäftsräume hatte die Sparkasse im Ständehaus nicht. Man teilte sich ein Zimmer mit der Kreis- und Kreis-Kommunalkasse, der Krankenkasse sowie der Kreis-Feuer-Sozietätskasse. Da die Dokumente und Geldbestände der Sparkasse gesondert untergebracht sein mussten, standen jedoch noch ein Raum für die Akten und einer mit dem Geldschrank zur Verfügung. Und dieser füllte sich. In den ersten beiden Wochen wurden 27 Konten angelegt. Die erste Gemeinde wurde am 7. März 1867 Kundin: Schorbus, heute Ortsteil von Drebkau, mit neun Talern. Auch Vereine, Stiftungen und Innungen legten sich ein Konto zu.

Sogar die Cottbus-Schwielochsee-Eisenbahngesellschaft, die die erste Eisenbahn der Lausitz (Güterverkehr mit Pferdebahn) betrieb, zahlte ein. Zum Jahresschluss bestanden dann 86 Sparbücher und Gesamteinlagen von 4.428 Talern, 3 Silbergroschen und 5 Pfennigen. 4.000 Taler waren mittlerweile in Obligationen des Kreises angelegt. In den ersten Jahren wurde vor allem in diese Wertpapiere investiert und so zum Beispiel der Eisenbahnbau finanziert. Die Verdichtung des Streckennetzes war wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Cottbus wurde ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt.

  • Guestrow Rathaus Ansichtskarte 1916

    Die Stadtsparkasse Güstrow wurde vor 190 Jahren im Rathaus eröffnet und befand sich bis 1918 dort. (Ansichtskarte Verlag Hermann Wagener in Güstrow, versendet 1916; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Vor 190 Jahren – Sparkasseneröffnung in Güstrow

Pressemeldung ++++ Pressemeldung ++++ Pressemeldung

Güstrowsches Gemeinnützigen Wochenblatt, 6.1.1827, S. 7

Am Montag, den 8. d.M., wird die hiesige Spar-
Casse statutenmäßig förmlich eröffnet, und wün-
schen wir dem gemäß, dass alle Hausherren unse-
rer Stadt ihre Gesellen und Lehrlinge, Knechte und
Mädchen und sonstige Hausgenossen auf den
Nutzen dieser Anstalt aufmerksam machen und
nach ihren Kräften zur Erreichung des beabsich-
tigten guten Zwecks beitragen mögen. Die Sitzun-
gen finden jeden Montag in Gegenwart eines Ma-
gistrats-Mitgliedes, eines Ausschußbürgers und
des Berechners in dem kleinen Sitzungs-Zimmer
auf dem Rathause Morgens 11 bis 1 Uhr statt. Die
Rückzahlung der Einlagen, die nicht 50 Rthlr. …
übersteigen, geschieht wie in Erinnerung gebracht
wird, ohne Kündigung und ist dies besonders und
deshalb festgesetzt, damit sämtliche Handwerks-
gesellen und Dienstboten, die vielleicht plötzlich
ihre Conditio und auch die Stadt verlassen, jeden
Augenblick das ihrige zurücknehmen können.

Güstrow, den 4. Januar 1827
Bürgermeister und Rath

  • Doebeln Ansichtskarte Sparkasse

    Blick von der Nikolaikirche über die Dächer von Döbeln; Zu sehen ist auch das Rathaus mit Sparkasse und Stadtbank. (Ansichtskarte Kunstverlag Reinhard Rothe in Meißen, ca. 1935; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

170 Jahre Sparkasse in Döbeln

In der mittelsächsischen Stadt Döbeln befindet sich der Hauptsitz einer gleichnamigen Kreissparkasse. Schon seit 170 Jahren ist eine Sparkasse hier vor Ort. Am 7. Januar 1847 eröffnete zunächst eine Stadtsparkasse, wenig später ein kommunales Leihhaus. Beide Einrichtungen arbeiteten zusammen. Die Geschäftsräume befanden sich, wie bei vielen anderen städtischen Sparkassen, im Rathaus. Die Döbelner Sparkasse war ab 1847 im alten und ab 1912 im neuen Rathaus zu finden. Dieses Gebäude zeigt unsere Ansichtskarte, das Heim der Kasse für 82 Jahre. 1994 bezog die Kreissparkasse ein eigenes Gebäude. Seit 2010 lautet die Adresse: Erich-Heckel-Platz 1.

Im Laufe der Zeit ist aus der Stadt- eine Kreissparkasse geworden. Darum ein Blick in die Fusionsgeschichte. Ende 1943 entstand die Kreisspar- und Girokasse Döbeln aus den Sparkassen und Girokassen/Stadtbanken in Döbeln, Leisnig, Marbach, Ostrau und Roßwein. Nach Kriegsende wurden die Geldinstitute im sowjetischen Besatzungsgebiet neu gegründet. 1945 eröffneten die Stadtsparkasse Döbeln und die Kreissparkasse Döbeln (damaliger Hauptsitz Waldenburg). Sie wurden Anfang 1950 zur Kreissparkasse mit Sitz in Döbeln zusammengelegt.

Derzeit unterhält das Institut außerhalb von Döbeln fünf Zweigstellen, eine davon in Leisnig. Dies ist sogar der älteste Standort. In der Muldenstadt eröffnete nämlich am 2. November 1836 eine „Spar- und Leihkasse“. Es handelte sich allerdings um eine private Einrichtung eines Vereins, die erst 1895 in kommunale Verwaltung überging. Nichtsdestotrotz kann man festhalten, dass die Traditionslinien im Geschäftsgebiet der Kreissparkasse mehr als 180 Jahre zurückreichen. Sparkassenstandorte waren übrigens bereits 1838 Roßwein, 1847 Waldheim, 1850 Hartha und 1906 Ostrau.

  • Hauptstrasse Dahme Brandenburg 1920

    Dahme in Brandenburg vor 100 Jahren; Heute befindet sich eine Sparkassenfiliale in der Hauptstraße 17, dem dritten Gebäude auf der rechten Straßenseite. (Abb. Ausschnitt Ansichtskarte Graphische Verlagsanstalt Dresden GmbH, versendet 1920; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Der Kredit der Stadtsparkasse Dahme

Am Anfang des Jahres 1877 war es, dass Dahme in der Mark Brandenburg eine eigene Sparkasse bekam. Ihre Funktion war qua Statut, „zur sicheren verzinslichen Anlage von Ersparnissen und zur Erlangung von Darlehen Gelegenheit zu bieten“. Am Ende des ersten Geschäftsjahres bestanden bei der Stadtsparkasse 113 Sparbücher mit insgesamt 84.898,66 Mark Guthaben. Auf das Sparbuch gab es damals 3 1/3 % Zinsen.

Natürlich musste das Geld der Sparerinnen und Sparer sicher und gewinnbringend verliehen werden, um ihnen diese Zinsen gewähren zu können. Dazu gab es vor 140 Jahren mehrere Möglichkeiten. Es konnten zum Beispiel Grundstücke beliehen werden. Allein 51.800 Mark machten Ende 1877 städtische und 4.800 Mark ländliche Hypotheken aus. 4,5 % betrug der Ausleihzins. Und wie sah es mit den Sicherheiten aus?

Bei Flächen auf dem Lande durfte der Beleihungswert bis zwei Drittel und bei städtischen nicht mehr als die Hälfte des durch gerichtliche Taxierung festgestellten Grundstückswertes betragen. Bei Liegenschaften war der Grundsteuerreinertrag maßgebend. Auf nicht mehr als das 20-fache konnte sich der Wert bemessen. Der maximale Beleihungswert von Gebäuden war hingegen das 12,5-fache des Gebäudesteuer-Nutzwerts beziehungsweise die Hälfte der Versicherungssumme bei der öffentlichen Feuersozietät.

  • Das sog. Berufsbeamtengesetz nutzten die Nationalsozialisten, um zum Beispiel nach § 4 Beamte aus politischen Gründen zu entlassen. (Anzeige im Sächsischen Verwaltungsblatt, 29.9.1933, S. 657; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Wie das NS-Regime sächsische Bürgermeister aus dem Amt entfernte

Es gab nicht nur gute Zeiten in der bald 200-jährigen Sparkassengeschichte unseres Verbandsgebietes. So wurden im „Dritten Reich“ Verwaltungsorgane und Personal der Sparkassen politisch „gleichgeschalt“ und die Institute in das NS-Wirtschaftssystem integriert. Üblicherweise führten im Freistaat Sachsen die Bürgermeister den Vorsitz im Verwaltungsrat der örtlichen Sparkasse. Im März 1933 besetzten die Nationalsozialisten die Rathäuser und „beurlaubten“ ihnen nicht genehme Gemeindeoberhäupter.

Das sogenannte Berufsbeamtengesetzes vom 7. April 1933 schuf dann die rechtliche Grundlage, um auch Bürgermeister zu entlassen oder in den Ruhestand zu versetzen. Es war das erste Gesetz im NS-Staat, das ganz offen Sonderrecht gegen rassisch und politisch unerwünschte Menschen durchsetzte und verfassungsmäßige Rechte von Beamten annullierte. Gemäß § 2, 4 und 6 wurden in Sachsen zahlreiche Bürgermeister entfernt. § 3, der „Arierparagraf“, fand offenbar keine Anwendung.*

„Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“, sollten nach § 4 entlassen werden. Dies war eine dehnbare Auslegungsform, mit der das Regime verschiedenste Gesinnungen bestrafte. Wer sich aus nationalsozialistischer Sicht verwerflich betätigt hatte, konnte aus dem Amt entfernt werden. Auf das Gesetz folgten zahlreiche Erklärungen und Ergänzungen, die noch verschärfend wirkten.

Bald mussten Verdächtige Fragebögen ausfüllen und mit Nachweisen beim zuständigen Ministerium zur Prüfung einreichen. Auf Vorschlag des sächsischen Innenministeriums verfügte Reichsstatthalter Martin Mutschmann die Entlassungen. Sie wurden im Sächsischen Verwaltungsblatt veröffentlicht. Aber welche Bürgermeister fielen allein 1933 dem § 4 zum Opfer und wurden aus dem Gemeindedienst entfernt? Dazu habe ich Ihnen eine Liste erstellt. Wer wissen möchte, wen die anderen beiden Paragrafen betrafen, kann sich gern an den Autor wenden.

Altenberg (im Erzgebirge): Max Just
Aue: Max Ziegler
Bergen (im Vogtland): Rudolph Härtel
Bräunsdorf (Amtshauptmannschaft Chemnitz): Paul Grimm
Brünlos (im Erzgebirge): Curt Paul Kalbskopf
Cainsdorf (bei Zwickau):  Emil Albin Müller
Colmnitz (Amtshauptmannschaft Freiberg): Oswin Arnold
Cossebaude: Carl Strehle
Cröbern (Amtshauptmannschaft Leipzig): Max Jäger
Crimmitschau: Dr. Friedrich Buchwald
Cunersdorf (Amtshauptmannschaft Annaberg): Ewald Pönitz
Cunnersdorf (bei Dresden): Otto Emil Berger
Dorfstadt (im Vogtland): Julius Arthur Müller
Dresden: Dr. Wilhelm Külz
Eibenberg: Franz Morgenstern
Euba (Amtshauptmannschaft Chemnitz): Alfred Schröder
Eythra (bei Leipzig): Albert Wachler
Freital: Gustav Klimpel
Gelenau (im Erzgebirge): Eugen Richard Möckel
Gittersee: Alfred Willy Obenaus
Gornau: Fritz Hugo Geithner
Groitzsch: Erich Brendel
Großenhain: Carl Oskar Augustin
Großolbersdorf: Max Siegfried Neef
Großpösna (bei Leipzig): Kurt Saalberg
Gundorf (Amtshauptmannschaft Leipzig): Hermann Arthur Ludwig
Hartenstein (bei Zwickau): Max Richard Strobel
Hartmannsdorf (bei Chemnitz): Paul Hofmann
Hirschfelde (Amtshauptmannschaft Zittau): Eduard Heinrich Nagel
Hörnitz (bei Zittau): Karl Bruno Zimmermann
Hohndorf (Amtshauptmannschaft Flöha): Bruno Clauß
Kleinnaundorf (Amtshauptmannschaft Dresden): Otto Paul Ihle
Kleinolbersdorf (Amtshauptmannschaft Chemnitz): Johannes Ebert
Kößern (Amtshauptmannschaft Grimma): Otto Ulbricht
Krebs (Amtshauptmannschaft Pirna): Karl Reppchen
Kriebethal (Amtshauptmannschaft Döbeln): Max Otto Prötzsch
Langenhessen (Amtshauptmannschaft Zwickau): Theodor Möbius
Lauterbach (bei Marienberg): Martin Floß
Leukersdorf (Amtshauptmannschaft Chemnitz): Max Schmiedel
Lugau: Johannes Martin Hoffmann
Mittelfrohna: Reinhardt Schneider
Mittweida: Dr. Carl Aribert Huth
Nerchau: Alfred Ackermann
Netzschkau: Franz Hunger
Nünchritz (Amtshauptmannschaft Großenhain): Walter Gustav Zill
Obercrinitz (Amtshauptmannschaft Zwickau): Bruno Ebert
Oberfrohna: Walter Andrae
Oberneuschönberg (Amtshauptmannschaft Sayda): Otto Naumann
Oberseiffenbach (Bezirk Sayda): Max Alfred Franz
Oberullersdorf (Amtshauptmannschaft Zittau): Gustav Zeißig
Oberweischlitz: Johannes Max Berger
Radeberg: Dr. Erich Weise
Radeburg: Richard Hartwig
Reumtengrün (Amtshauptmannschaft Auerbach): Albin Heinrich
Riesa: Curt Hans
Robschütz (Amtshauptmannschaft Meißen)
Rothenkirchen (Amtshauptmannschaft Auerbach): Max Taubert
Rothental (im Erzgebirge): Max Ebert
Sankt Michaelis (Amtshauptmannschaft Freiberg): Paul Schultze
Schöna (Amtshauptmannschaft Pirna): Albin Emil Grützner
Seehausen (bei Leipzig): Johannes Ernst Fischer
Steinbach (im Erzgebirge): Eugen Frey
Struppen: Hermann Herbert Gläßer
Trebsen (Amtshauptmannschaft Grimma): Paul Emil Unger
Ursprung (Bezirk Stollberg): Ernst Albin Müller
Vielau (Amtshauptmannschaft Zwickau): Arno Hugo Fuchs
Wachau (Bezirk Leipzig): Hermann Arthur Kretschmar
Weesenstein: Arthur Kurt Reppchen
Weißig (bei Freital): Johannes Wohlfarth
Weißig (Bezirk Dresden): Max Willy Müller
Wilschdorf: Otto Hänel
Wittgensdorf: Arthur Müller
Wolkenburg (Amtshauptmannschaft Rochlitz): Erich Hennicker
Zittau: Dr. Oswald Koltzenburg
Zug (Amtshauptmannschaft Freiberg): Rudolf Jentzsch

* In den Sächsischen Verwaltungsblättern fanden sich keine Anzeigen bzgl. der Bürgermeister. Dies ergab eine Auftragsrecherche des Autors zur sächsischen Sparkassengeschichte im Nationalsozialismus im Jahr 2012.