• "Kohle ist knapp, Geld im Flutsch futsch! Kampf dem Zins! Es lebe das Kunstgeld! …" (Lyriker Bert Papenfuß aus dem Strategiepapier zur Kunstaktion). Sechs von insgesamt 54 verschiedenen Knochengeldscheinen, z. B. von den Künstlern A. R. Penck (oben links) oder Klaus Staeck (Mitte rechts). : © Historisches Archiv des OSV

Das Knochengeld-Experiment von 1993

Heute vor genau 30 Jahren endete im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg ein einmaliges Kunstprojekt. Laut Wolfgang Krause, einem der Organisatoren, war es sogar „das erste alternative Geldprojekt in Deutschland seit 1900, welches nicht durch Justiz oder Polizei abgebrochen wurde.“

Dabei hatten die Landeszentralbank Berlin und die Deutsche Bundesbank die Kunstaktion mit dem vollständigen Titel Knochengeld-Experiment – Künstler machen Geld, die Galerie als Bank, die Wechselstube sehr wohl im Auge. Da diese jedoch zeitlich begrenzt war und eine Verwechslungsgefahr mit DM-Scheinen nicht bestand, konnte die Aktion nach sieben Wochen am 29. Dezember 1993 erfolgreich abgeschlossen werden.

Circa 60 eingeladene, internationale Künstlerinnen und Künstler, darunter so bekannte Namen wie A. R. Penck, Klaus Staeck, Helge Leiberg, Olaf Nicolai oder Via Lewandowski gestalteten in einer Woche 54 verschiedene Geldscheine. Diese wurden dann mittels handelsüblichem Kopierer 100 Mal vervielfältigt und von Hand signiert. Ein Schein war 20 Knochen und entsprach 20 DM.

Als Dezentralbank und Wechselstube – und somit Ort des Geschehens – diente die Galerie o zwei in der Oderberger Straße. Unter der Aufsicht der Gruppe Ioë Bsaffot (Ganoven-Rotwelsch für gefälschte Papiere) wurde das Knochengeld ausgegeben. Damit konnte man in 29 Geschäften und Restaurants im Kiez bezahlen.

In Anlehnung an die Schwundgeld-Theorie des deutsch-argentinischen Finanztheoretikers Silvio Gesell (1862-1930) verlor das Knochengeld wöchentlich um fünf Prozent an Wert, also ein Knochen bzw. eine DM, wenn es nicht ausgegeben wurde. Denn wenn Geld im Umlauf bleibt und nicht gespart wird, könnte dies einer schwächelnden Wirtschaft zumindest regional helfen.

Damit erklärt sich auch der Name Knochengeld. Er geht auf eine Idee des antiken griechischen Philosophen Diogenes von Sinope zurück. Dieser schlug vor, Geld müsste aus Knochenscheiben sein. Denn diese könnten nicht gehortet werden, da sie nach einiger Zeit anfangen, unangenehm zu riechen.

Dass dies in der Praxis nicht ganz so funktionieren würde, war den Initiatioren der Aktion sicher auch bewusst. Nur ein Viertel der Knochen kamen tatsächlich in den Umlauf. Viele Besitzer von Knochengeldscheinen spekulierten auf eine Wertsteigerung ihrer Kunstobjekte.

Wir hatten das Glück vor einigen Jahren einen kompletten Satz an Knochengeldscheinen zu erwerben und unserer mittlerweile sehr umfangreichen Geldsammlung hinzuzufügen.

  • © Historisches Archiv des OSV

Von Papier und Gold

Diese abgebildeten Reichsbanknoten aus unserem Archivbestand wurden Anfang des 20. Jahrhunderts gedruckt. Damals lief in Deutschland noch mehr Münz- als Papiergeld um. Die Menschen hatten lieber Goldmünzen in der Hand, auch nachdem die Reichsbanknoten am 1. Januar 1910 zu gesetzlichen Zahlungsmitteln erhoben worden waren. Vorher mussten sie nur von den Kassen der Reichsbank und der Länderbanken angenommen werden. Scheine der Reichsbank zu 20 und 50 Mark gab es übrigens erst ab 1906. Vorher war die 100-Mark-Banknote der Schein mit dem niedrigsten Wert. Mit der Einführung kleinerer Noten hoffte das Reich, die Goldreserven für Krisenzeiten schonen zu können.

Die Deckung des Papiergeldes war gesetzlich geregelt. Die Reichsbank als deutsche Zentralnotenbank hatte ihre Noten zu mindestens einem Drittel durch Goldreserven, kursfähige deutsche Münzen und Reichskassenscheine zu decken. Das Pfund Feingold (500 Gramm) entsprach 1.392 Mark. Für den Rest, sprich maximal zwei Drittel, waren diskontierte Wechsel zu halten. Zum Vertrauen in das Papiergeld trug sicherlich bei, dass es bei der Reichsbank in Gold eingelöst werden konnte. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde diese Möglichkeit jedoch zum 31. Juli 1914 abgeschafft.