• Fritz Hetzer veröffentlichte im Februar 1912 einen Wegweiser für die Einführung des Giroverkehrs in Preußen und stellte darin zum Beispiel die pommerschen Überweisungspostkarten vor. : © Historisches Archiv des OSV

Vor 110 Jahren: Die Einführung des Giroverkehrs in Pommern

Die Aufnahme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch Überweisungen war ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung der Sparkassen zu modernen Universalinstituten. Anfang 1909 wurde der Giroverkehr zuerst im Königreich Sachsen durch die Mitglieder des Giroverbandes Sächsischer Gemeinden ermöglicht. Große Verdienste erwarb sich bei der Einführung der Nossener Bürgermeister und sächsische Verbandspräsident Dr. Johann Christian Eberle. Er wirkte auch überregional und warb für die Ausweitung des Gironetzes. Mit seiner Hilfe übernahm etwa der Stettiner Stadtrat Fritz Hetzer die Aufgabe der Einführung in der preußischen Provinz Pommern. Dort entstand der zweite deutsche Giroverband.

Den Sparkassen im Königreich Preußen erlaubte ein Erlass am 20. April 1909 den Scheck- und Giroverkehr für Kontokorrentguthaben unter bestimmten Voraussetzungen. Ein Zweckverbandsgesetz vom 19. Juli 1911 ermöglichte es den Kommunen, Zweckverbände als Körperschaften öffentlichen Rechts zu bilden, um wie in Sachsen einen Kommunalverband zur Abwicklung des Giroverkehrs einzurichten. Bei einer ordentlichen Generalversammlung des Pommerschen Sparkassenverbandes beschlossen 56 Sparkassen am 24. November 1911 einstimmig die Gründung eines Giroverbandes. Die Initiative zur Gründung des Giroverbandes der kommunalen Verbände der Provinz Pommern ergriffen dann die Städte Greifswald, Jarmen, Stettin und Stolp.

Gründung und Satzung wurden vom zuständigen Bezirksausschuss in Stettin am 17. Januar 1912 genehmigt. Grundlage war das erwähnte preußische Zweckverbandsgesetz. Nicht die Stadt- und Kreissparkassen, denen der Ortsgiroverkehr erlaubt war, durften demnach Mitgliedsanträge stellen, sondern nur die Kommunalverbände. Die Verwaltung des Zweckverbandes wurde satzungsgemäß in Stettin geführt, wo am 20. Februar 1912 die Gründungssitzung des Verbandsausschusses stattfand.* Anwesend waren vor 110 Jahren als Abgeordnete der vier Ur-Mitglieder Ratsherr Fleischmann für Greifswald, Bürgermeister Hausmann für Jarmen, Stadtrat Dr. Hetzer für Stettin und Stadtrat Baar für Stolp. Hetzer war Verhandlungsleiter. Der Verbandsausschuss wählte die Vorstandsmitglieder, darunter Hetzer, den Rendanten Bartelt aus Anklam sowie den Landrat von Wedemeyer aus dem Kreis Franzburg. Der Vorstand bestimmte Fritz Hetzer zum Verbandsvorsteher und fasste danach die ersten Beschlüsse.

So wurde Hetzer ermächtigt, mit der Stadtsparkasse Stettin einen Vertrag zur Einrichtung der Girozentrale abzuschließen. Die Sparkasse sollte die Kassenführung des Verbandes übernehmen. Für den Aufwand bekam sie 2.000 Mark im Jahr. Die Nutzung der Räume kostete nichts. Möglichst zum 1. März 1912 sollte der Ferngiroverkehr aufgenommen werden. Auf Kosten des Verbandes waren die Überweisungspostkarten anzuschaffen. Der Vorstand beschloss unter anderem die Aufnahme neuer Mitglieder in den Giroverband. Die Kommunalverbände Anklam, Belgard, Falkenburg und Stargard traten bei. Als am 11. April 1912 die zweite Sitzung des Verbandsausschusses und des Vorstands stattfand, konnte der Verbandsvorsteher berichten, dass bereits der erste Kooperationsvertrag abgeschlossen war, mit dem Giroverband Sächsischer Gemeinden.

* So berichtete es die Zeitschrift Sparkasse am 15. März 1912. Seltsamerweise datiert der erste Geschäftsbericht des Verbandes, der am 1. Juni 1913 in der Sparkasse abgedruckt wurde, die Gründung auf den 20. April 1912. Dieses Datum findet sich nun in zahlreichen Veröffentlichungen zur Sparkassengeschichte.

  • Ansichtskarte Rathaus Waren Mueritz 1910

    Im Rathaus von Waren (Müritz) wurde vor 180 Jahren eine Sparkasse eröffnet. (Ansichtskarte Kunstverlag J. Goldiner in Berlin, versendet 1910; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Drei 180er in Mecklenburg

Vor kurzer Zeit wurde im Blog von der Gründung der Sparkasse in Chemnitz vor 180 Jahren berichtet. Es gibt noch andere Sparkassenstandorte, die ein so hohes Alter vorweisen können, etwa drei im Mecklenburgischen. So eröffnete die Stadt Ribnitz bereits am 24. Juni 1839 eine Sparkasse. In Ribnitz-Damgarten ist heute die Sparkasse Vorpommern vor Ort. Waren ist Hauptsitz der Müritz-Sparkasse. Die Stadt bekam am 17. Juli 1839 eine „Ersparnisanstalt“. Eine Geschäftsstelle hat die Müritz-Sparkasse in Malchow. Dort nahm eine Sparkasse am 20. Dezember 1839 ihre Arbeit auf.

Aber woher wissen wir das so genau? Nun, auch im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin unterstanden die Sparkassen der Aufsicht des Staates. Und das Statistische Landesamt, damals das Großherzoglich statistische Bureau zu Schwerin, veröffentlichte zum Beispiel 1876 in den Beiträgen zur Statistik Mecklenburgs einen Aufsatz zum Sparkassenwesen in beiden Großherzogtümern. Darin finden sich unter anderem Gründungsdaten. Der Tag der landesherrlichen Genehmigung der Satzung und der Tag der Eröffnung wurden verzeichnet.

  • Statistik Stadtsparkassen Regierungsezirk Stralsund 1909

    In der Zeitschrift des Königlich Preussischen Statistischen Landesamtes 1911 sind auf Seite 139 diese Daten zu finden. Das Bild ist grafisch bearbeitet. : © Historisches Archiv des OSV

Statistisches aus Vorpommern

Über die Einzahlungen, Rückzahlungen, Zinszuschreibungen, den Gesamteinlagenbestand, die verschiedenen Anlagen der Sparkassen, ihre Zinsüberschüsse, Verwaltungskosten sowie Rücklagen und mehr informierte im Königreich Preußen das Königliche Statistische Bureau beziehungsweise Landesamt. In einigen Jahren wurden in der Zeitschrift der Einrichtung sogar Daten zu jeder einzelnen Sparkasse veröffentlicht. Eine wertvolle Quelle zur Geschichte des Sparkassenwesens nicht nur in Vorpommern ist zum Beispiel die Ausgabe des Jahres 1911, die auf 1909 zurückblickt. Sogar Gründungsjahre sind abgedruckt.

Weil den Sparkassen vom Staat eine sozialpolitische Bedeutung zugemessen wurde, betrachtete die Sparkassenstatistik sogar Kontengrößen. Ob allerdings alle Sparbücher mit nicht so hohen Einlagen in der Realität „kleinen Leuten“ gehörten, ist fraglich. Zugleich beschränkten unterschiedliche satzungsmäßige Kontenobergrenzen das Einlagengeschäft. Bemerkenswert erscheint in dem Zusammenhang, dass beim ältesten Institut im Geschäftsgebiet der heutigen Sparkasse Vorpommern tatsächlich nur Sparbücher bis 3.000 Mark erlaubt waren.

  • Im Rathaus von Greifswald wurde vor 190 Jahren erstmals eine Sparkasse eröffnet. (Ansichtskarte Verlag Albert Erdmann & Otto Abb in Greifswald, versendet 1906; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

  • Das Haus der ehemaligen Kreissparkasse befindet sich gegenüber dem Rathaus. Hier ist heute eine Filiale der Sparkasse Vorpommern untergebracht. (Ansichtskarte Verlag Dr. Phot.-Anst. Dresden, um 1920; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Die Greifswalder Sparkassen

Hier sehen Sie eine historische Ansichtskarte mit dem Motiv des Rathauses der Universitäts- und Hansestadt Greifswald. Im zweiten Stock des Gebäudes ist vor 190 Jahren eine kommunale Sparkasse eröffnet worden. Es handelte sich um die zweite Gründung im Gebiet der jetzigen Sparkasse Vorpommern. Am 30. Juni 1828 begann um 10:00 Uhr der Geschäftsbetrieb im Raum der Stadtkämmerei. Geöffnet war zunächst nur montags zwei Stunden für Ein- und donnerstags zwei Stunden für Auszahlungen.

„Der Zweck der Errichtung dieser Sparkasse ist, den hiesigen Einwohnern eine Gelegenheit zu eröffnen, ihre kleinen Ersparnisse zinsbar und sicher unterzubringen und sich dadurch ein Kapital zu ihrem Fortkommen oder für Fälle, welche sie ausser Erwerb setzen, zu sammeln, es dürfen daher auch nur hiesige Einwohner daran Theil nehmen.“*

So steht es in Paragraf 1 der Satzung des Geldinstituts geschrieben. Und im Vorwort verwiesen Bürgermeister und Stadtrat darauf, dass Sparkassen bereits in anderen Städten „einen wohlthätigen Einfluss auf Sittlichkeit und Sparsamkeit besonders bei der weniger bemittelten Classe der Einwohner gezeigt“ hätten. Man hoffte, insbesondere den nicht vermögenden, allein von der Arbeit lebenden Teil der Einwohnerschaft zum Vorsorgen animieren zu können. Damals gab es noch keine Arbeitslosenversicherung. Natürlich wurde nicht nur für Notzeiten gespart.

Zehn Jahre gingen ins Land. Die gute Geschäftsentwicklung fand dann ein, wenn auch vorübergehendes, Ende. Mit dem Sparkassenrahmengesetz, das am 12. Dezember 1838 in Preußen erlassen wurde, hatte der Magistrat nämlich erhebliche Probleme. Er fürchtete die staatliche Beaufsichtigung und um die städtischen Freiheiten. Auf keinen Fall wollte er die Sparkasse umgestalten oder um Ausnahmeregelungen bei der Regierung in Stralsund bitten. Ende 1838 betrugen die Einlagen bereits 116.028 Taler. Rund 6.000 Sparbücher waren bis dahin ausgestellt worden. Obwohl die Bürgerschaft die erfolgreiche Sparkasse gern erhalten wollte, wurde sie geschlossen.

Erst am 1. Juli 1892 erfolgte die Neueröffnung, wieder im Rathaus. Das Geschäftszimmer befand sich nun im ersten Stock hinter dem Steuerbüro. Glücklicherweise hatte die Greifswalder Bevölkerung nicht jahrzehntelang auf eine Sparkasse verzichten müssen. Seit dem 5. Januar 1856 wirkte hier nämlich eine Kreissparkasse. Ihre Hauptgeschäftsstelle befand sich Am Markt 10, also schräg gegenüber des Rathauses. Eine historische Ansicht finden Sie als zweite Abbildung dieses Blogs.

* Acta der königlichen Regierung zu Stralsund betr. die Errichtung einer Sparkasse in der Stadt Greifswald, Blatt 10, in: Vorpommersches Landesarchiv Greifswald, Rep 65 c. Stralsund

  • Stadtwappen, Rathaus und Nikolaikirche zieren ein historisches Sparbuch aus Stralsund. 1827 verfasste die Stadt die Satzung der Sparkasse. 1828 wurde sie im Rathaus eröffnet. : © Historisches Archiv des OSV

  • Das mittelalterliche Rathaus ist das Wahrzeichen der Hansestadt Stralsund. : © Hansestadt Stralsund/Pressestelle

190 Jahre Sparkasse in Stralsund

„Schon an vielen Orten hat die Einrichtung öffentlicher Anstalten, in welchen ein Jeder auch die kleinsten Ersparnisse sicher anlegen kann, um sie in Zeiten der Krankheit oder Noth, so wie zur Einrichtung eines eigenen Hausstandes oder zur Pflege des Alters, jederzeit und vermehrt zurückzunehmen, sich als wohltätig für Sittlichkeit und bürgerliches Glück bewiesen, und die lebhafteste Theilnahme des Publikums erregt. Ein HochEdler Rath glaubt deshalb auch hier nur einem allgemeinen Wunsche zu begegnen, indem hierdurch mit Zustimmung des Ehrliebenden bürgerschaftlichen Collegii und unter der Garantie der Stadt eine solche Spar-Kasse errichtet wird […].“

Mit diesen klangvollen Worten beginnt die Ordnung für die in der Stadt Stralsund errichtete Sparkasse vom 30. November 1827, das Gründungsdokument der dritten pommerschen Sparkasse überhaupt.* Wie zu lesen ist, war der Grundgedanke, der Einwohnerschaft das Vorsorgen zu erleichtern. Und dabei standen nicht etwa nur unerwartet eintretende Notlagen im Mittelpunkt, sondern auch Lebensziele, wie zum Beispiel eine eigene Wohnung oder ein gesicherter Lebensabend. Die Wünsche und Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden hinsichtlich ihrer Zukunft waren verschieden. Die Stadtsparkasse, das erste Geldinstitut in Stralsund, konnte Hilfe zur Selbsthilfe leisten.

Am 15. Januar 1828 wurde sie in der sogenannten Achtmannskammer im Rathaus eröffnet. In diesem historischen Raum befindet sich heute ein öffentliches Café. Warum Achtmannskammer? Die Finanzen der Stadt wurden damals von Bürgervertretern verwaltet. Acht Männer, davon sieben Kaufleute sowie ein Schneider, Schuster, Schmied oder Bäcker, führten die Kasse. Sie wurden vom Magistrat gewählt. Die Bürgerschaft hatte das Vorschlagsrecht. Die Spareinlagen der Sparkassenkundschaft gingen damals übrigens direkt an die Stadtkasse. Sie dienten zur Abdeckung von Kommunalschulden. Für die Verbindlichkeiten der Sparkasse haftete die Stadt mit ihrem Vermögen.

Dass das Geldinstitut sehr guten Zuspruch fand, konnte der Stadtrat bald berichten. „Ein HochEdler Rath vernimmt mit Vergnügen, daß das Institut der hiesigen Sparkasse immer mehr das Vertrauen des Publikums gewinnt […].“ Einzahlungen waren ab 15 Silbergroschen zulässig. Belegt ist, dass die Sparkasse aber nicht nur von Kleinsparern zum Vorsorgen genutzt wurde, sondern auch von Wohlhabenden zur Geldanlage. Der „kleine Mann“ musste seine Spargroschen aber erst einmal zusammenkratzen. Zwölf Pfennige ergaben einen Silbergroschen. Was das Geld damals wert war, zeigen Ihnen einige Stralsunder Lebensmittelpreise.

* Stralsund war die dritte Gründung nach Swinemünde und Stettin (heute Republik Polen). Im Geschäftsgebiet der jetzigen Sparkasse Vorpommern war Stralsund die erste Gründung. Nur wenige Monate später, am 30. Juni 1828, eröffnete eine Stadtsparkasse am heutigen Hauptsitz Greifswald.

  • Das Diagramm zeigt die Zahl der Fusionen, die zwischen 1991 und 2013 im Geschäftsgebiet stattfanden. : © Historisches Archiv des OSV

  • Das Diagramm zeigt die Zahl der Sparkassen am Jahresende. : © Historisches Archiv des OSV

Fusionen seit der Wende

Als im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 die ostdeutschen Länder neu gegründet wurden, existierten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern Sachsen und Sachsen-Anhalt insgesamt 160 Sparkassen. Heute wirken in diesem Geschäftsgebiet des Ostdeutschen Sparkassenverbandes fusionsbedingt 45 Institute.

Die erste Verschmelzung fand am 1. Juli 1991* statt. Aus der Sparkasse Potsdam, der Stadt- und Kreissparkasse Brandenburg und den Kreissparkassen Belzig, Nauen und Oranienburg wurde die Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam. Die letzte Fusion war vor über vier Jahren. Am 1. September 2013 fusionierte die Sparkasse Rügen mit der Sparkasse Vorpommern.

Die meisten Fusionen erfolgten im Jahr 1994. Durch Kreisgebietsreformen entstanden neue Gewährträgerstrukturen, an die die Sparkassen anzupassen waren. Der Verband begleitete den Prozess beratend. Schwerpunkte waren dabei zum Beispiel die rechtliche Vorbereitung und Durchführung der Vereinigungen sowie die betriebswirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Umsetzungen.

Während sich die Zahl der Institute in Sachsen-Anhalt seit 1992 um zwei Drittel verringert hat, betrug der Rückgang im Freistaat Sachsen über drei Viertel. Hier bestanden ehemals die meisten Sparkassen, 50 an der Zahl. Von insgesamt 83 Fusionsprozessen fanden 31 in Sachsen statt. Allein im Geschäftsgebiet der Ostsächsische Sparkasse Dresden gab es sechs. Dieses größte Institut Sachsens entstand am 1. Mai 2004 durch Zusammenführung der Stadtsparkasse Dresden und der Sparkasse Elbtal-Westlausitz.

Aber nicht alle heute bestehenden Sparkassen haben Fusionen hinter sich, etwa in Sachsen die Kreissparkasse Döbeln. In Mecklenburg-Vorpommern betrifft das die Sparkasse Mecklenburg-Strelitz in Neustrelitz, in Sachsen-Anhalt die Stadtsparkassen Dessau und Magdeburg. Die Stadt Schwedt erstritt 1994 vor dem brandenburgischen Landesverfassungsgericht ein Urteil zur Eigenständigkeit ihrer Sparkasse. Die Stadtsparkasse Schwedt ist die kleinste Sparkasse im OSV-Gebiet.

* Die Daten im Artikel beziehen sich auf die rechtliche Fusion.