• Die Grafik zeigt die Entwicklung des Durchschnittspreises für einen Scheffel Kartoffeln im Königreich Sachsen in Talern. Den Höchststand erreichte er im Mai 1847 mit zwei Talern, acht Neugroschen und fünf Pfennigen. : © Historisches Archiv des OSV

Spare in der Zeit, so hast Du in der Not

Sparkassen gibt es im Gebiet des heutigen Freistaats Sachsen seit dem Jahr 1819. Sie entstanden aus dem Grundgedanken heraus, dass der arbeitenden, nichtvermögenden Bevölkerung ein Institut zum Vorsorgen nützlich sein konnte. „Hilfe zur Selbsthilfe“ hieß das Motto. Für Lebensziele, das Alter, aber insbesondere auch für Notzeiten konnte gespart werden. Als sehr nützlich erwiesen sich die Rücklagen zum Beispiel vor 170 Jahren.

Das Königreich Sachsen wurde nämlich ab Mitte der 1840er-Jahre hart von einer über Europa hereinbrechenden Agrarkrise getroffen. Die Kartoffelfäule grassierte. Aber nicht nur die Bauern, die wegen der Missernte kaum etwas verkaufen und verdienen konnten, gerieten in eine missliche Lage. Es ging damals auch vielen Handwerkern schlecht, weil sie von der industriellen Konkurrenz bedrängt wurden.

Dann traf die Nahrungskrise mit einer internationalen Industrie- und Handelskrise zusammen und potenzierte deren Wirkung noch. Insbesondere in den Industriegebieten des Erzgebirges und Vogtlands, wo erwerbslose Landarbeiter, Handwerker und Gesellen für geringste Löhne in der Industrie Arbeit suchen mussten, gab es eine prekäre Situation.

Auch für Zeiten der Arbeitslosigkeit konnte mittels eines Sparbuchs Vorsorge getroffen werden. Die Wirtschaftskrise hemmte die Spartätigkeit. Die Teuerung bewirkte einen höheren Geldbedarf zum Leben. Es musste verstärkt auf die Rücklagen zurückgegriffen werden. 1847 wurden bei den sächsischen Sparkassen vor allem Konten mit kleineren Guthaben gekündigt. Es scheint, dass die „kleinen Leute“ tatsächlich ihre Notgroschen verbrauchten.

  • Aus der Sparkasse des Saalkreises und der Stadtsparkasse Halle wurde 1951 die Stadt- und Saalkreissparkasse Halle. : © Historisches Archiv des OSV

Ein Fusionssparbuch aus Halle (Saale)

Aus alten Sparkassenbüchern lassen sich viele historische Informationen entnehmen, zum Beispiel zur Währungsgeschichte. Aber auch Fusionen von Sparkassen belegen sie. So gibt es in unserem umfangreichen Bestand an Sparbüchern Exemplare, die solche Verschmelzungen mitgemacht haben. Dabei wurde der neue Name des Instituts einfach eingestempelt und das Buch weiter genutzt. In diesem Fall handelte es sich um die Fusion der Sparkasse des Saalkreises mit der Stadtsparkasse Halle zur Stadt- und Saalkreissparkasse Halle. Diese existierte von Anfang 1951 bis Ende 2007. Dann kamen das zuletzt benannte Institut und die Kreissparkasse Merseburg-Querfurt zusammen. Es entstand die heutige Saalesparkasse.

Eine Sparkasse des Saalkreises gab es übrigens schon seit dem Jahr 1846. Und weil 1857 auch noch eine Stadtsparkasse gegründet wurde, hatten für lange Zeit zwei kommunale Sparkassen ihren Sitz in Halle. Dies war aber in Preußen keine Besonderheit. Teilweise entstand dabei sogar eine Konkurrenzsituation. Nach Kriegsende 1945 wurden die beiden Kassen neu gegründet. Anfang der 1950er-Jahre war dann aber Schluss mit der Koexistenz. Um die Sparkassen zu rationalisieren und rentabler zu machen, erfolgten seinerzeit in der DDR zahlreiche Zusammenlegungen.

  • Medaille eines Arbeiter-Sparvereins mit einem Portrait König Alberts von Sachsen (1873 - 1902) auf der Rückseite : © Historisches Archiv des OSV

Arbeitersparvereine in Sachsen

Ameise, Biene, Ehrlichkeit, Eiche, Einigkeit, Eintracht, Erheiterung, Erholung, Familienbund, Freundschaftsbund, Frohsinn, Genossenschaft, Gerechtigkeit, Gemütlichkeit, Geselliger Kreis, Glück, Harmonie, Hoffnung, Kamerad, Liebe, Nachbarschaft, Rebe, Redlichkeit, Saxonia, Tannenbaum, Teutonia, Union, Veilchen, Verbrüderung, Vertrauen, Wanderlust, Zufriedenheit oder auch  Zukunft, solche klangvollen Namen führten Arbeitersparvereine Ende des 19. Jahrhunderts im Königreich Sachsen.

Sachsen war damals ein aufstrebendes Industrieland. Arbeiter und auch Arbeiterinnen gründeten dort Sparvereine als Selbsthilfeeinrichtungen. Die Mehrzahl entstand in den 1860er-Jahren. Hunderte sollen 1891 in Südwestsachsen bestanden haben.* Ihre Gründung lief folgendermaßen ab: Man versammelte sich und beschloss, jede Woche einen bestimmten Beitrag zu sparen. Dieser wurde von einer gewählten Person verwaltet und häufig der nächsten Sparkasse anvertraut. Gespart wurde üblicherweise bis zur Weihnachtszeit, für Einkäufe, um der Familie etwas zu bieten.

Wichtig war auch die gegenseitige Unterstützung in Notlagen. Es wurde zum Beispiel Geld für bestimmte Anlässe eingesammelt, etwa um Mitgliedern zur Heirat eine Freude zu machen oder um den Angehörigen Gestorbener eine kleine Beihilfe zu den Begräbniskosten zu leisten. Nicht fehlen durften gesellige Treffen und Unternehmungen. In der Regel kamen die Mitglieder alle zwei Wochen oder monatlich in einer bestimmten Kneipe zusammen, denn andere Versammlungsorte gab es nicht. Es wurden neue Mitglieder vorgeschlagen, die Kassenverhältnisse geprüft und Unternehmungen besprochen. Für diese galt es extra zu sparen. Dann wurde Skat gespielt und Bier getrunken.

„Mancher nimmt Anstoß daran, dass die Sparvereine zugleich Vergnügungsvereine sind, aber das lässt sich leicht rechtfertigen. Etwas Vergnügen will jeder Mensch haben, auch der sparende; […] Das Sparen allein bringt die Menschen nicht zu einem freundlichen Verkehr […] und der Arbeiter, der einem Verein beitritt, will seinen Vereinsgenossen gemütlich nähertreten und das macht sich von selbst bei einem Glase Bier, einem Tänzchen, einem Ausfluge oder Kinderfeste. Besonders junge Leute würde man ohne diesen Nebenzweck nicht anlocken.“*

Nur gelegentlich wurde über die Stränge geschlagen. Berichtet wird, dass wohl einige Tanzvergnügen bis 5:00 Uhr in der Früh dauerten oder Sparvereinler lieber den Omnibus statt den Zug von Chemnitz nach Frankenberg nahmen, um bei einem Ausflug in jedem Wirtshaus einzukehren. Gesitteter ging es hingegen bei einer Tagestour zu, die mehrere Chemnitzer Sparvereine 1885 mit einem eigenen Sonderzug nach Meißen unternahmen. Über ein Jahr hatte man sich auf das Event gefreut (und gespart), sah zum ersten Mal im Leben die Elbe und ein Schiff und konnte eine kurze Dampferfahrt unternehmen.

 

* Dr. Bode, Wilhelm: Die Arbeiter-Sparvereine im Königreich Sachsen, in: Der Arbeiterfreund – Zeitschrift für die Arbeiterfrage. Organ des Central-Vereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, hrsg. von Prof. Dr. Viktor Böhmert und Prof. Dr. Rudolf von Gneist, 30. Jahrgang, Heft 3, 1892

  • Sparkassengeschichte & Beachvolleyball - das Programm der Auszubildenden der Sparkasse Barnim beim Besuch in Berlin : © Historisches Archiv des OSV

  • Erste Standorte im Geschäftsgebiet der Sparkasse Barnim waren 1857 Bernau als Nebenstelle der Sparkasse des Kreises Niederbarnim und 1862 Eberswalde als Nebenstelle der Sparkasse des Kreises Oberbarnim. : © Historisches Archiv des OSV

Auszubildende der Sparkasse Barnim zu Besuch bei uns

Heute war es wieder einmal soweit. Im Bürogebäude am Spittelmarkt durften Britta Weschke und ich Auszubildende einer Mitgliedssparkasse des Ostdeutschen Sparkassenverbandes herzlich begrüßen. 18 Azubis der Sparkasse Barnim waren in die Hauptstadt gereist, um an unserer Bildungsveranstaltung teilzunehmen und sich anschließend beim Beachvolleyball sportlich zu betätigen.

Doch zunächst ging es für die Gäste hoch hinaus. In der 19. Etage konnten sie den Blick über Berlin schweifen lassen und bekamen von Frau Weschke Interessantes über den OSV und seine Aufgaben zu hören. Anschließend fand man sich zu einer 1 ½ stündigen Veranstaltung ein, bei der nicht nur die deutsche und regionale Sparkassengeschichte auf der Agenda stand.

Dass bereits die römischen Legionäre für das Alter vorsorgten, die Kirche im Mittelalter Zinsen verbot und sich der Autor des bekannten Romans „Robinson Crusoe“ Gedanken um eine Sparkassengründung machte, konnte ich beispielsweise ansprechen. Die erste Sparkasse der Welt entstand dann aber 1778 in Hamburg als private Einrichtung, die erste preußische 40 Jahre später in Berlin als kommunales Institut.

Und somit war man schon thematisch in der brandenburgischen Heimat angelangt, wo vor 160 Jahren der erste Sparkassenstandort im Geschäftsgebiet der Sparkasse Barnim entstand: Bernau. 1862 folgte Eberswalde, wo sich heute der Sitz der Sparkasse befindet. Wichtige Fakten zur Entwicklung bis in die heutige Zeit wurden, natürlich reich bebildert, durch eine Präsentation vermittelt. Objekte aus unserem Archiv machten die Runde. An wissenswerten Anekdoten mangelte es nicht. Denn es geht nicht darum, Inhalte „trocken“ vorzutragen. Selbstverständlich ging ich auf gute und schlechte Zeiten ein.

Die Ortskenntnis der Auszubildenden wurde zwischendurch anhand von alten Ansichtskarten von Sparkassengebäuden getestet. Sie konnten feststellen, in welcher Stadt sich die historische Geschäftsstelle befand beziehungsweise noch befindet. Auch ihr, zuvor erworbenes, Wissen um die Entwicklung der Logos der Sparkassenorganisation stellten die Azubis unter Beweis. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch unterhaltsame Werbefilme, die die Barnimer_innen sehr gut datieren konnten.

Wenn Sie als Auszubildende oder Mitarbeiter_innen eines Mitgliedsinstituts des OSV Lust haben, Ihre Sparkassengeschichte spannend präsentiert zu bekommen, dann melden Sie sich gern bei uns an. Wir machen es Ihnen einfach und bieten „maßgeschneiderte“ Präsentationen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Auch Inhouse-Termine sind möglich.

  • Der Landrat Christian Friedrich August Sommer war vor 180 Jahren Vorsitzender des Kuratoriums der Sparkasse. An ihn konnte man sich mit Kreditwünschen wenden. [Abb. in: Sparkasse des Schweinitzer Kreises (Hrsg.): 100 Jahre Kreissparkasse Herzberg, 1937, S. 12; Bestand: Historisches Archiv des OSV]

  • Siegelmarken dienten schon im 19. Jahrhundert zum Verschließen von Briefen. : © Historisches Archiv des OSV

Von der Gründung einer Sparkasse in Herzberg (Elster)

Vor 180 Jahren war es soweit. Im Hause des Kaufmanns Carl Gottlieb Caspar in der Kirchstraße 2 in Herzberg an der Elster nahm eine Kreissparkasse die Geschäftstätigkeit auf. Dieses Geldinstitut des Schweinitzer Kreises war anfangs immer dienstags und freitags von 8:00 bis 12:00 Uhr geöffnet. Am Dienstag, den 1. August 1837, betreute Caspar als Kassenführer seine ersten Kundinnen und Kunden. Das Sparkassenbuch mit der Nummer 1 stellte er über runde 12 Taler für Fräulein Marie Sommer aus. Das war die Tochter des Landrats Christian Friedrich August Sommer. Sein Sohn Hermann erhielt Nummer 2. Noch zwei weitere Sparbücher wurden am 1. August ausgestellt, für Caroline Raak und Juliane Schneider.

Landrat Sommer war Vorsitzender des Vorstands der Sparkasse, den man damals Kuratorium nannte. Sommer selbst hatte am 8. Juli 1837 die Eröffnung im Kreisblatt angekündigt und zugleich darauf  aufmerksam gemacht, dass die Einlagen gegen ausreichende Sicherheiten an Einwohner und Kommunen des Kreises ausgeliehen werden konnten. Schriftliche und mündliche Kreditanträge wollte der Landrat persönlich entgegennehmen.

Gemäß § 13 der Satzung der Sparkasse des Schweinitzer Kreises waren Pfanddarlehn und Hypothekenkredite im Angebot. In staatliche/kommunale Papiere sollte nur vorübergehend investiert werden, wenn sich gerade keine Kreditnehmer fanden. Nach der Sparkassengründung warb Landrat Sommer im Kreisblatt wiederholt dafür, sich mit Darlehnswünschen an ihn zu wenden. Den ersten Hypothekenkredit bekam am 7. September 1837 der Herzberger Seilermeister August Schenke.

Nur wenige Meter vom einstigen Geschäftslokal der Kreissparkasse entfernt ist heute die Sparkasse Elbe-Elster vor Ort. Torgauer Straße 68 lautet die Adresse. Auch bei diesem Institut gibt es durch Grundpfandrechte gesicherte und Kommunalkredite. Natürlich ist die Produktpallette 2017 viel umfangreicher als 1837. Und auch die Öffnungszeiten haben sich im Laufe der Zeit den Bedürfnissen der Kundschaft entsprechend verändert.

  • Das Geschäft von Ernst Tolg in Löwenberg war vor 100 Jahren eine Sparkassen-Agentur. (Ansichtskarte Verlag Paul Klinke in Berlin, versendet 1913; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

  • Die unterschiedliche Frequentierung der Nebenstellen der Ruppiner Kreissparkasse im Jahr 1919 verdeutlicht die Tabelle. : © Historisches Archiv des OSV

Ruppiner Sparkassen-Agenturen

Dass vor allem preußische Flächensparkassen früher auf von Privatleuten verwaltete Nebenstellen setzten, da sich nicht überall Zweigstellen mit richtigen Beamten rentierten, ist bereits im Blog berichtet worden. Neue Erkenntnisse gibt es nun zu einer weiteren brandenburgischen Sparkasse, der Ruppiner Kreissparkasse in Neuruppin.

Dieses Institut verfügte vor 100 Jahren über neun Nebenstellen: Dreetz, Friedrichsdorf, Gransee, Lindow, Löwenberg, Menz, Rheinsberg, Sieversdorf und Wildberg. 1919 kamen noch Altruppin und Köritz dazu. Geöffnet war damals den ganzen Tag über, während die Hauptgeschäftsstelle in Neuruppin von 8:00 bis 13:00 Uhr Kassenstunden hatte.

Vor allem Kaufleute, in Lindow auch eine Kaufmannsfrau, boten einen Sparkassen-Service an. Man konnte Geld einzahlen und ausgezahlt bekommen. Am meisten zu tun hatte damit der Kaufmann Neumann in Gransee (siehe Abbildung 2). Er war seit 1910 für die Kreissparkasse tätig. Noch länger stand der Kaufmann Tolg im Dienst der Kreissparkasse. Auch sein Geschäft in Löwenberg war eine dezentrale Anlaufstelle für die Kundinnen und Kunden der Region.