In seinem Blogeintrag vom 1. März 2020 hatte Thomas Einert im Zusammenhang mit dem Beginn des Bausparens bei der Stadtsparkasse Chemnitz im Jahr 1930 den Abschluss von Vorratsbausparverträgen durch die Gemeinden und deren Übertragung an private Bauwillige erwähnt.
Nicht nur in Chemnitz, auch in anderen sächsischen Gemeinden, die Mitglieder des am 8. November 1929 gegründeten „Zweckverbandes für die Landesbausparkasse Sachsen“ waren, wurde dieses Verfahren genutzt. So schlug beispielsweise im November 1930 der Sparkassenausschuss der Gemeinde Arnsdorf/Sa. den Gemeindeverordneten den Abschluss von 5 Verträgen zu 6.000 RM und im August 1931 nochmals den Abschluss von weiteren Vorratsverträgen mit einer Gesamtbausparsumme von 30.000 RM vor. Ende 1931 teilte der Zuteilungsausschuss der Bausparkasse einen dieser Verträge zu. Die Gemeinde gab den Vertrag Anfang 1932 an einen Bausparer weiter, der bereits Mitte 1931 bei der Spar- und Girokasse Arnsdorf/Sa. um ein Hypothekendarlehen auf ein neu zu erbauendes Vierfamilienhaus nachgesucht hatte.*
In den Jahren der seit 1929 andauernden weltweiten Wirtschaftskrise stellte die Beschaffung dieser Vorratsverträge durch die Gemeinden aus zeitgenössischer Sicht ein Mittel zur „ständigen Förderung der Bautätigkeit“ und damit zu einem „Fortschritt im Kampf gegen die Arbeitslosennot“ (bei Verwendung für Neubauzwecke) sowie zur „regelmäßigen Einflußnahme auf die örtliche Wohnhausentschuldung“ (bei Verwendung zur Ablösung hochverzinslicher Hypothekendarlehen) dar.**
Das o. g. Vierfamilienhaus wurde 1932 gebaut. Um auf die Mitfinanzierung der Baukosten durch die Landesbausparkasse Sachsen hinzuweisen, durfte bzw. musste der Bauherr die abgebildete Messingtafel mit dem Satz „Erbaut mit Hilfe der Landesbausparkasse Sachsen“ und der Jahreszahl „1932“ an seinem Neubau anbringen. Dort verblieb die Tafel, bis man sie im Zuge einer Sanierung des Hauses im Jahr 1994 entfernte. Als Hersteller ist auf der Tafel die Firma „Amandus Northmann / Dresden“ genannt. Diese „Dresdner Gravier- und Präge-Anstalt“ hatte ihre Geschäftsräume Ende 1932 auf der Pillnitzer Straße 31 in Dresden.***
Der Verweis auf die Finanzierung von Sanierungs- oder Bauvorhaben durch öffentliche Förderdarlehen oder -zuschüsse mittels anzubringender Tafeln wird noch heute u. a. im Rahmen der Schulhausbau- oder Städtebauförderung mit Fördermitteln der Europäischen Union, der Bundesrepublik oder des Freistaates Sachsen praktiziert.
Jörg Wolf
seit über 25 Jahren Privatforscher zur sächs. Sparkassengeschichte
* Protokollbuch Sparkasse der Gemeinde Arnsdorf/Sa., S. 35, S. 42, S. 45, S. 47.
** Landesbausparkasse Sachsen Dresden: Zwischenbericht für das 1. Geschäftsjahr 1930 (1. März – 31. Dezember 1930), S. 6.
*** Adreßbuch für Dresden und Vororte […] 1933, I. Teil, S. 562.