• Ade DDR-Mark! Hallo D-Mark! Kuriose Meldungen begleiten das Ankommen der D-Mark in der DDR: Am 28. Juni 1990 wird berichtet, dass das neue Geld in Dresden schon auf der Straße lag. Ein Sack frischgeprägter Münzen plumpste aus einem Geldtransporter. Erstaunte Bürger konnten nun beobachten, wie ein ganzer Konvoi zum Halten kam und bewaffnete Polizisten das Einsammeln absicherten. : © Historisches Archiv des OSV, Ausschnitt aus der Ausstellung Geldgeschichte(n), desingt von F. Fiedler, VISULABOR Berlin

D-Mark-Countdown im Spiegel der Presse

Blogserie, Teil 37

Jeden Tag erhalten unsere Kolleginnen und Kollegen eine Zusammenstellung von wichtigen Presseartikeln rund um die Sparkassenorganisation. Aktuelles aus dem Verbandsgebiet steht dabei im Mittelpunkt. So sind sie stets auf dem neuesten Stand, was Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angeht. Am Puls der Zeit zu bleiben, lautet die Devise. Unerlässlich ist dies gar, will man als Verband mit seinen Beschäftigten die Rolle als Vordenker und Ideengeber ausfüllen.

Was heute gilt, ist vor 30 Jahren nicht anders gewesen. Eine Presseschau informierte auch im Sparkassenverband der DDR regelmäßig über aktuelle, für das Sparkassenwesen bedeutende Entwicklungen.* Der größte Unterschied besteht – abgesehen von einer inzwischen veränderten Medienlandschaft – sicherlich in der Herstellung. Seinerzeit wurde noch früh morgens alles manuell durchgeschaut, Relevantes ausgeschnitten, geklebt, beschriftet, vervielfältigt und per Hauspost verteilt. Dank der Digitalisierung gibt es für diese Arbeiten nun Suchroutinen, spezielle Clipping-Software und elektronische Verteiler.

Eine Woche vor der Währungsunion dreht sich 1990 in der Presse natürlich alles um die D-Mark. Wie auch schon in den Monaten und Wochen zuvor.** Die Bürger der DDR werden jedoch nicht nur mit Informationen, sondern zunehmend mit ermahnenden Ratschlägen und gut gemeinten Tipps überschüttet. Traute man damals niemandem einen besonnenen Umgang mit der harten Währung zu? Dann müssten die Fakten aus tatsächlichem Verhalten, Umfrageergebnissen und Interviews mit DDR-Bürgern nach dem 1. Juli umso überraschender für einige Bedenkenträger gewesen sein.***

Doch schauen wir in die Berichterstattung zum D-Mark-Countdown einfach mal hinein:

Am Montag, dem 25. Juni 1990, berichtet die Presse von einem „großen Ansturm auf DDR-Sparkassen“. Das letzte Wochenende vor der Umstellung wurde noch einmal rege genutzt, um Konten entsprechend anzumelden und sich DM-Auszahlungsquittungen ausstellen zu lassen. Einen Tag später erfahren die Bürger ein Lob von der Deutschen Bundesbank. Denn die durchschnittliche gewünschte Barauszahlung liegt nach dem 1. Juli unter 400 DM und ist damit „niedriger als erwartet“. In einem Interview am selben Tag empfiehlt der Präsident des Unternehmerverbandes der DDR, Rudolf Stadermann, jedem Bürger „nicht in einen Konsumkaufrausch zu fallen, auch wenn der Nachholebedarf riesig ist.“ Lieber solle man sparsam sein, Preise vergleichen und auf Qualität achten.

Damit die Bargeldschecks auch tatsächlich eingelöst werden können, wird im Hintergrund ein  gigantischer logistischer Aufwand betrieben. Die Presse meldet beeindruckende Zahlen: 25 Milliarden D-Mark sind inzwischen aus der Bundesrepublik in der DDR eingetroffen. Allein die Banknoten weisen ein Gewicht von etwa 600 Tonnen auf. Die Münzen wiegen 400 Tonnen. Die Erstaufbewahrung erfolgt im ehemaligen Reichsbank-Tresor in Berlin. Er ist 1990 mit 8.000 Quadratmetern der größte in Europa. 30.000 Bankangestellte und Helfer stünden ab Sonntag 9:00 Uhr für die DM-Auszahlungen bereit. Etwa 10.000 Ausgabestellen würden eingeplant sein.****

Die Regierungen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland schalten kurz vor der Währungsunion großflächige Anzeigen. Gemeinsam informieren und mahnen sie: „Wir bekommen durch den Umtausch Geld in die Hand, mit dem man überall in der Welt bezahlen kann. Wenn in ganz Deutschland dieselbe Währung gilt, tragen wir auch gemeinsam Verantwortung, daß die D-Mark so stabil bleibt wie bisher. Das kommt nicht von selbst, sondern muß durch Leistung gedeckt sein […]“. Passend dazu teilt die „Berliner Allgemeine“ mit, was die D-Mark im Sommerurlaub 1990 wert ist. Ihr Fazit: Der erste Feriensommer mit offenen Grenzen könne gern in Griechenland, in der Türkei oder in Portugal verbracht werden. Aber auch Fernziele, wie die USA oder Kanada, sind attraktiv. Reisende haben mit der D-Mark in diesen Ländern in jedem Fall Kaufkraftvorteile. Einen wichtigen Hinweis gibt es noch für DDR-Bürger: Sie mögen doch in Europa das populärste Reisezahlungsmittel, den „eurocheque“, verwenden – also bequem ohne Bargeld unterwegs sein.

Auch der Ministerrat tagt in der Countdown-Woche zum letzten Mal vor dem „Start in die Union“.  Feinabstimmungen stehen auf dem Programm und Beratungen zu Regelungen des Steuerrechts, Zahlungsverkehrs, Zollgesetzes sowie der Außenwirtschaft. Auf einer anschließenden Pressekonferenz wird den Bürgern für ihr Engagement gedankt. Sie sollen mit „Hoffnung und Zuversicht“ in die nächsten Wochen und Monate blicken. Außerdem werden bisherige Subventionen für Energie, Wohnungen und Verkehr bis Jahresende weiter zugesichert. Den Betrieben werden Zulagen bei Investitionen in Aussicht gestellt, Neugründern eine zweijährige Steuerbefreiung.*****

Einen Tag vor der DM-Auszahlung, am 30. Juni 1990, warnt das Zentrale Kriminalamt die DDR-Bürger bereits vor der Gefahr gefälschter Banknoten und Münzen.  Man solle bei den Banknoten auf Erkennungsmerkmale achten, wie zum Beispiel an das durchscheinende Kopfwasserzeichen im druckfreien Bereich oder den fühlbaren Sicherheitsfaden. Münzen könnten geprüft werden. Echte klingen beim Fallen voll und rein im Gegensatz zu den eher dumpf tönenden Fälschungen.

„Bleiben Sie cool im heißen D-Mark-Sommer“, rät am selben Tag Gerd Warda in der „Berliner Zeitung“ und „Bedenken Sie: Hinter der Fassade des Überflusses geht es um Geld.“ Daher sollten die Bürger erst einmal Festgeld-Anlagen bevorzugen, abwarten, vergleichen und prüfen und bloß nicht „auf den ersten besten Vertreter“ hereinfallen, der vor der Tür stehen werde. Denn auch der wolle „nur eins: Ihr Geld!“

Was der D-Mark-Countdown außerdem mit sich bringt und vielen noch in Erinnerung sein dürfte: gähnend leere Regale. In Berlin wird sogar von einem „dramatischen Tiefpunkt“ der Versorgungslage berichtet. Immerhin kann man vor den Kaufhallen das Nötigste, wie Brot, Milch, Butter oder Kindernahrung, erstehen. Doch die Händler haben keine Wahl. Sie müssen sich auf den neuen Warenbestand und neue Preise ab dem 2. Juli 1990 einstellen. Ganz nebenbei soll auch noch eine Generalinventur gestemmt werden. So stehen stressige 12-Stunden-Tage am DM-Umstellungs-Wochenende nicht nur den Sparkassen bevor, sondern auch dem Handel.******

Fortsetzung am 29.06.2020

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*Aus Kapazitätsgründen stellte der Sparkassenverband der DDR die täglichen Presse-Information noch nicht selbst her, sondern bezog sie über den Verteiler der Pressestelle der Staatsbank der DDR. Später übernahm die Abteilung Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Volkswirtschaft, heute Team Kommunikation, diese Aufgabe im Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband. Seit 2001 gibt es den Pressespiegel des Verbandes als elektronische Variante. Ein BGH-Urteil schuf schließlich die urheberrechtlichen Voraussetzungen, um auch den Mitgliedssparkassen ab Januar 2003 den Pressespiegel nicht mehr in Papierform, sondern serviceorientiert auf elektronischem Wege und damit tagesaktuell zuzusenden. Quellen: Vorstandsinformation Nr. 129/2002, Akte HA-Günther 1/2004.

**So stand zum Beispiel der Sparkassenverband der DDR bereits am 7. Juni 1990 am Service-Telefon des ND für Fragen und Auskünfte rund ums neue Geld zur Verfügung. Leser interessierten sich für zukünftige Überweisungs- und Kontogebühren oder für Sparformen mit gesetzlicher Kündigungsfrist. Viele Fragen betrafen die Modalitäten der Antragstellung zur DM-Umstellung oder auch die Auszahlungsquittungen, die maximal über 2.000 DM ausgestellt werden konnten und für den Zeitraum 1. bis 6. Juli 1990 gültig waren. Gewerbetreibende wollten wissen, ob Wechselgeld ab dem 2. Juli zur Verfügung stehen würde. Ausländische Bürger und ältere Menschen fragten an, wie sie den Umtausch bewerkstelligen sollen. Jedes Thema wurde geduldig und klärend beantwortet, sodass die Presseinformation am nächsten Tag schließlich als praktikable Handreichung genutzt werden konnte. Quellen: Neues Deutschland, Jg. 45, 131. Ausg., 08.06.1990, S. 2.

***Umfrageergebnisse einer Marktanalyse in ca. 1.000 DDR-Haushalten zeigten deutlich, dass DDR-Bürger nach dem 1. Juli 1990 umsichtig und überlegt mit der neuen D-Mark-Situation umgingen. Im Vordergrund standen Sparen, Einkommen und Arbeitsplatzsicherung, Verringerung der Umweltverschmutzung und die eigene Altersvorsorge. Erst danach rückten Konsumwünsche in den Fokus, wobei ein neues Auto und das Reisen zu den Favoriten zählten. Eine Untersuchung des Allensbacher Instituts für Demoskopie bestätigt, wie andere Umfragen zuvor, die Ausgabendisziplin der DDR-Bürger. 1.500 Interviews führten hier zu der Erkenntnis, dass die Ostdeutschen große Kaufwünsche einerseits und eine eiserne Disziplin im Umgang mit Geld andererseits miteinander verbinden. 73 Prozent gaben sogar an, „man sollte sich nichts kaufen, was nicht auch sofort bezahlt werden kann.“ Statistisch gesehen, gab es keinen Westdeutschen der 1990 laut Allensbacher dieser Meinung gewesen wäre. Quellen: Neues Deutschland, Jg. 45, 153. Ausg., 04.07.1990, S. 6.; Berliner Zeitung, 46. Jg., 229. Ausg., 01.10.1990, S. 3.

****Die Deutsche Bank lässt über die Presse am 30. Juni 1990 mitteilen, dass sie bereits ab Mitternacht ihre Geschäftsstelle am Alexanderplatz 6 für DM-Auszahlungen öffnet.

*****ND-Korrespondenten machten sich vor der Währungsumstellung auf den Weg, um direkt vor Ort in Erfahrung zu bringen, wie man sich „auf die harte D-Mark(t)-Zeit vorbereitet“ fühlt. Sie fragten bei Unternehmen in Mecklenburg, im Anhaltinischen und in Sachsen nach. Im Ergebnis hielten sie ein Stimmungsbild fest, was 1990 für das ganze Land zutrifft. Es ist ein Schwanken zwischen Sorge und Optimismus, zwischen Aufbruchstimmung und noch ausstehenden Aufträgen, zwischen Strukturveränderungen, dem Ausbau rentabler Produktionssortimente und einer motivierten Belegschaft einerseits und dem Fehlen gesetzlicher Rahmenbedingungen, mangelnder bzw. widersprüchlicher Informationen staatlicher Stellen, verbunden mit großer Unsicherheit andererseits. Quelle: Neues Deutschland, Jg. 45, 150. Ausg., 30.06.1990, S. 6.

******Quellen: Berliner Allgemeine, Berliner Zeitung, Die Welt, Junge Welt, Neues Deutschland, Neue Zeit, div. Ausgaben vom 25.06. bis 30.06.1990.

  • Mit Informationsblättern vom Deutschen Sparkassenverlag konnten sich die Kundinnen und Kunden über die neuen Vordrucke informieren. : © Historisches Archiv des OSV

Alles neu im Zahlungsverkehr – Teil 2

Blogserie, Teil 35.2

Ein wichtiger Schritt in Richtung eines einheitlichen Zahlungsverkehrs-systems beider deutscher Staaten war die Vergabe neuer Bankleitzahlen für die Kreditinstitute der DDR. Diese konnten ab April 1990 bei der Deutschen Bundesbank beantragt werden und galten ab dem Tag der Währungsunion.* Die insgesamt 8-stellige Nummer enthielt in den ersten drei Ziffern den Bankbezirk, in welchem das Geldinstitut seinen Sitz hatte, z. B. 140 für Rostock oder 850 für Dresden. An vierter Position stand die Institutsgruppe, z. B. 5 für Sparkassen. Die letzten vier Stellen waren mit den ersten Ziffern der alten DDR-Kontonummernsystematik identisch.

Des Weiteren wurden Anfang Juni 1990 in der Vereinbarung über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs nach der Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zahlreiche Festlegungen getroffen, um die innerdeutschen Zahlungsströme trotz der gegensätzlichen Systeme für die Übergangszeit bis zum 31.12.1991 überhaupt ermöglichen zu können. Grundlage der Vereinbarung war eine schrittweise Anpassung der DDR-Institute an den West-Standard mit möglichst wenig Übergangsrecht, um doppelte Umstellung zu vermeiden.**

Die wichtigsten Regelungen sahen in Kürze so aus: Alle westdeutschen Kreditinstitute sowie die Sparkassen der DDR, welche im Laufe der Übergangszeit auf die neue EDV übergeleitet worden waren, verpflichteten sich, ihre beleghaft aufkommenden Zahlungen für die ESER-Kreditinstitute in Datensätze umzuwandeln.*** Beleglose Zahlungen ließen sich dagegen mittels bestimmter Umsetzungsprogramme weiterverrechnen. Da in den ESER-Datensätzen jedoch nicht alle Informationen abgebildet werden konnten, wie z. B. Auftraggeber, Empfängername und Verwendungszweck, mussten den Empfängerbanken zusätzlich Drucklisten zur Verfügung gestellt werden.

Die Abwicklung von Zahlungsströmen von Ost nach West bzw. vom ESER-System an Kreditinstitute westdeutschen Standards konnte hingegen nur mittels Belegen und Datensätzen westdeutscher Norm erfolgen. Das führte zu einem starken Ansteigen des beleghaften Zahlungsverkehrs, da weder die ESER-Dateien noch die ESER-Belege für eine Weiterverarbeitung nach West-Standard geeignet waren.

Man kann sich vielleicht vorstellen, dass hier der Teufel im Detail steckte. Bei der Umsetzung der Vereinbarungen in die Praxis standen die Sparkassen vor erheblichen Schwierigkeiten, nicht zuletzt deshalb, weil auf sie bislang etwa 65-70 % aller Buchungsposten im Banksystem der DDR entfielen.****

Die schiere Menge an Zahlungsvorgängen nach der Währungsunion, auch hervorgerufen durch den Auftragsaufschub aufgrund des zwischen dem 1. und 8. Juli 1990 ruhenden Zahlungsverkehrs, brachte die Sparkassen an ihre Grenzen. Dazu kamen die Umgewöhnung aller Beteiligten an neue Zahlungsverkehrsabläufe, fehlerhaftes Ausfüllen der neuen Vordrucke durch die Kunden und erhebliche Postlaufzeiten.

Der Unmut der Kundschaft, besonders bei Verzögerungen von Lohn-, Gehalts- und Rentenzahlungen, war sogar Gegenstand der Presseberichterstattung. Firmeninhaber riefen die Belegschaft auf, ihre Gehaltskonten von der Sparkasse abzuziehen. Das Versandhaus Quelle schrieb an den Präsidenten des Sparkassenverbandes der DDR wegen Ausbleibens beträchtlicher Zahlungen von bestellter Ware durch DDR-Bürger. Die Liste ließe sich leicht fortführen … ***** Selbst den damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel erreichten Beschwerden.

Allein zwischen Juli und September 1990 waren 264 000 fehlerhafte Zahlungen aufgelaufen. Das entsprach einer Fehlerquote von 4,8 %. ****** Diese zu senken und die massenhaft ungeklärten Posten zu korrigieren, war das Anliegen zahlreicher Expertengespräche. Neben Personal-aufstockungen wurden weitere Maßnahmen ergriffen, wie z. B. das Einrichten eines eigenen Kurierdienstes für den schnellen Belegtransport oder die Integration der ostdeutschen Sparkassen in das Clearing-System, und damit in den Verbund der Datenfernübertragung der gesamten Sparkassenorganisation.

Nach und nach zeigten die Maßnahmen Wirkung. Im dritten Quartal 1991 gelang es, die langen Laufzeiten der Zahlungsvorgänge auf das bei deutschen Kreditinstituten übliche Maß zu verringern.*******

Fortsetzung am 21.06.2020

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* Die Zusammensetzung der zukünftigen Bankleitzahlen wurde zwischen der Staatsbank der DDR und der Deutschen Bundesbank vereinbart. Sie garantierte eine Konvertierung von alt in neu bzw. von neu in alt. Vgl. Schreiben des Sparkassenverbandes der DDR an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes der DDR vom 23.04.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

** Vgl. Schreiben des Sparkassenverbandes der DDR an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen und die Direktoren der Sparkassen vom 15.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

*** Zur Erinnerung: Der Zahlungsverkehr in der DDR war seit 1972 zu 100 % beleglos. Ausgenommen von der Verpflichtung waren Eilüberweisungen der Bundesbank, Platzüberweisungen und Schecks.

**** Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 223

***** Vgl. Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Oranienburg an den Präsidenten des OSGV vom 2. Januar 1991 zum Stahlwerk Hennigsdorf sowie Schreiben des Großversandhaus Quelle an den Präsidenten des Sparkassenverbandes der DDR Rainer Voigt vom 6. August 1990 wegen nicht eingegangener Zahlungen, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 698, HAP-E 699

****** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 225

******* Jahresbericht 1990/1991. Hrsg. v. Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband, Berlin, 1992, S. 22

  • neue Vordrucke im Zahlungsverkehr

    Ab Juli 1990 mussten sich die Sparkassenkunden und auch die Sparkassenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter an zahlreiche neue Vordrucke im Zahlungsverkehr gewöhnen. : © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

  • In der Anlage (Auszug) der Vereinbarung über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs nach der Währungsunion werden insegsamt 20 einzelne Regelungen aufgeführt. : © Historisches Archiv des OSV

Alles neu im Zahlungsverkehr – Teil 1

Blogserie, Teil 35.1

Die Unterschiede zwischen den Zahlungsverkehrssystemen beider deutscher Staaten hätten vermutlich nicht größer sein können. Sowohl in technisch-organisatorischer als auch in rechtlicher Hinsicht trafen hier zwei Welten aufeinander.

In der DDR wurde der Zahlungsverkehr aller Banken mit einem einzigen EDV-System namens ESER* abgewickelt. Dafür gab es in jeder Bezirkshauptstadt gemeinsame EDV-Stationen mit einheitlichen Buchungs- und Verrechnungsprogrammen. Die Verrechnung zwischen den Instituten erfolgte einzig und allein durch die Staatsbank, bei der jedes Kreditinstitut ein Konto zu führen hatte. Eine weitere Besonderheit war das Kontonummernsystem, das ebenfalls für alle Banken galt. Die sieben- bis maximal zwölfstellige Zahlenreihe vereinte Kontonummer, Bankleitzahl und Art des geführten Kontos in sich.

Täglich waren in der DDR insgesamt etwa 4 Millionen Verrechnungsposten zu bewältigen, welche seit Anfang der 1970er Jahre zu 100% beleglos vollzogen wurden.** Jeder vom Kunden papierhaft eingereichte Scheck oder Überweisungsträger wurde vor Ort bei der Sparkasse sofort in einen Datensatz umgewandelt, per Fernschreiber an die zuständige EDV-Station weitergeleitet und dort verarbeitet.

Im Binnensystem der DDR funktionierte der zentral gesteuerte und effiziente bargeldlose Zahlungsverkehr ausgezeichnet. Demgegenüber stand die geradezu schillernde Vielfalt des Zahlungssystems der Bundesrepublik.*** Es gab allein sieben verschiedene Gironetze mit ihren jeweiligen Clearingstellen, also Verrechnungsstellen gegenseitiger Forderungen. Selbst in der in sich geschlossenen Sparkassenorganisation konnte von einer einheitlichen Datenverarbeitung keine Rede sein. Sämtliche Technik und Verfahren der Zahlungsverkehrsabwicklung mussten durch ausgehandelte Abkommen, Vereinbarungen, Richtlinien o. ä. geregelt werden.****

Ein weiterer großer Unterschied war die automatische Belegbearbeitung bei den westdeutschen Instituten. Im Gegensatz zur vollständigen Beleglosigkeit im ESER-System der DDR wurden hier automationsfähige Zahlungsverkehrsbelege für Lastschriften, Überweisungen und Schecks maschinell erfasst; ermöglicht durch einen einheitlichen Codierzeilenaufbau und eine einheitliche Maschinenschrift. Die Belege leitete man dann bis zum Empfängerinstitut durch.

Allen Fachleuten war schon frühzeitig klar, daß sich mit der Einführung der D-Mark am 1. Juli 1990 neue Zahlungsströme entwickeln würden und daß das bisherige Zahlungsverkehrssystem sich den bundesdeutschen Gegebenheiten anzupassen hatte.*****

Denn das Zahlungsverkehrssystem der DDR ließ sich nicht mit den Anforderungen der Marktwirtschaft vereinbaren. Durch seine Beschränkungen behinderte es den Wettbewerb und den Aufbau eines vielfältigen, individuellen Dienstleistungsangebotes der einzelnen Kreditinstitute.

Im Vorfeld der Währungsunion wurden die Fragen des Zahlungsverkehrs in den Ausschüssen des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) und in den Gremien der Spitzenverbände des Kreditgewerbes – West und Ost – diskutiert. Am 12. Juni 1990 unterzeichnete dann der Präsident des Sparkassenverbandes der DDR, Rainer Voigt, die Vereinbarung über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs nach der Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Diese Vereinbarung wurde ab dem 1. Juli 1990 wirksam und regelte für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1991 die rechtlichen und organisatorischen Belange der innerdeutschen Zahlungsverkehrsvorgänge. Neben einer Präambel, Grundsätzen und Einzelregelungen ist im Anhang eine Auflistung von 20 verschiedenen den Zahlungsverkehr betreffenden Vereinbarungen, Abkommen, Richtlinien und Absprachen enthalten.******

Fortsetzung am 16.06.2020

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* ESER = einheitliches System elektronischer Rechentechnik

** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 218

*** Hergersberg, Johannes: Bargeldloser Zahlungsverkehr mit der DDR. In: Sparkasse, Nr. 7/90, S. 300

**** Vgl. ebd.

***** Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 220

****** Vgl. Schreiben des Sparkassenverbandes der DDR an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen und die Direktoren der Sparkassen vom 15.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

  • Blick aus der trockenen Sparkassenfiliale auf den pitschnassen Alexanderplatz; Bestand: Historisches Archiv des OSV

Dixie, Durst und Deutsche Mark

Blogserie, Teil 34

So lautete der Titel einer Veranstaltung des Deutschen Fernsehfunks, welche am Sonntag, den 10. Juni 1990, vor der Hauptstelle der Sparkasse der Stadt Berlin stattfand. Einen Tag bevor die DDR-Bürger ihre Umstellungsanträge abgeben konnten, sollte hier nicht nur über die Formalitäten der Währungsumstellung informiert werden. Live-Musik war angesagt und ein traditionelles Berliner Speisen- und Getränkeangebot geplant. Mit Informationsständen waren an dem Tag die Deutsche Bank, die Post und die staatliche Versicherung, die Sparkassen und die LBS vertreten. Die Volksbank hatte den Termin abgesagt. Lag es an den Wetteraussichten?

Mit der vom Deutschen Sparkassenverlag (DSV) bereitgestellten Dekoration dominierte die Sparkassenorganisation den Platz optisch.* Eine KNAX-Hüpfburg stand bereit. Zahlreiche Sonnenschirme und Banner waren aufgestellt, Wasserbälle aufgeblasen. Auch im Hintergrund strahlte das typische Sparkassenrot. Die Hauptstelle der Ostberliner Sparkasse war bereits mit den neuen Imagesymbolen versehen. Zigtausend Flug- und Faltblätter sowie Prospekte lieferte der DSV. Für die Kleinen gab es 10.000 KNAX-Hefte. Als Werbegeschenke bekamen Kinder auch Baseballmützen, Erwachsene Poloshirts oder Jogginganzüge.** In weit größerer Zahl waren Plastik-Tragetaschen, Kugelschreiber und andere Kleinigkeiten verfügbar.

Im Gebäude hatte die Sparkasse einen telefonischen Beratungsdienst für Anfragen zur Währungsunion eingerichtet. Persönlich kamen trotz des Dauerregens immerhin rund 40.000 Menschen zum Alexanderplatz. Sie holten sich Tipps zur Währungsumstellung und ließen sich das neue Angebot der DDR-Sparkassen, das diese auch mit Unterstützung ihrer westdeutschen Partnersparkassen realisieren konnten, vorstellen. Auch direkt vor Ort gab es eine Zusammenarbeit zwischen Ost und West. So waren etwa Frank Axel, damals Verbandsdirektor der Abteilung Passivgeschäft, Zahlungsverkehr, Wertpapiere beim Sparkassenverband der DDR, und Hans E. Giese, Referatsleiter in der Abteilung Grundsatzfragen beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband, für den Infostand zum Thema Sparkassenbuch und Girokonto zuständig.***

Das Wetter war vor 30 Jahren übrigens so schlecht, das selbst die Treptower Festtage abgesagt werden mussten. Die Sparkässler blieben jedoch standhaft.**** Interessanterweise führte gerade der Regen zu großer öffentlicher Aufmerksamkeit. Es folgten auch deswegen vergleichsweise hohe Einschaltquoten, die eine Werbesendung normalerweise nicht erreichte.***** Der DFF berichtete vom Morgen bis zum Abend insgesamt sechsmal live, sodass 105 Minuten Sendezeit zusammenkamen. Unter anderem wurden Interviews mit den Spitzenvertretern des DDR-Sparkassenverbandes und des DSGV ausgestrahlt. Es war ein erfolgreicher Tag. Die Deutsche Sparkassenzeitung resümierte am 15. Juni auf Seite 4:

„Insgesamt konnte sich die deutsche Sparkassenorganisation den DDR-Bürgern hervorragend präsentieren. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen dem sehr rührigen DDR-Sparkassenverband, dem Deutschen Sparkassenverlag, der LBS Münster, den Sparkassen in West- und Ostberlin sowie dem DSGV gelang es deutlich zu machen, daß die Sparkassen der DDR in enger Partnerschaft mit Unterstützung ihrer bundesdeutschen Kollegen für ihre Kunden kompetente Partner in allen Geldangelegenheiten sein werden.“

Fortsetzung am 11.06.2020

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* Weil man davon ausging, dass mit diesem Event eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit in der ganzen DDR erzielbar war, wurden rechtzeitig Vorbereitungen zur Selbstdarstellung der Sparkassenorganisation getroffen. Vgl. Schreiben Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor der Abteilung Werbung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit Kurt Löffler an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. – Geschäftsführer Hans-Michael Heitmüller, 31.05.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 102 1/1999

** Vgl. Aufstellung der Werbemittel für die Veranstaltung Dixie, Durst und Deutsche Mark, Anlage 1 zum Vermerk des zuständigen Organisators beim DSGV, Herr Baumgartl, 06.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 102 1/1999

*** Vgl. Vermerk des zuständigen Organisators beim DSGV, Herr Baumgartl, 06.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 102 1/1999

**** Vgl. Bis auf die DM fiel so ziemlich alles ins Wasser, in: Berliner Zeitung, Nr. 133, 11.06.1990, S. 1

***** Vgl. Schreiben Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Kurt Löffler an den Deutschen Sparkassenverlag GmbH, Herrn Lorenz, 09.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 102 1/1999

  • © Historisches Archiv des OSV

1 zu 1 und 2 zu 1

Blogserie, Teil 31

Vor genau 30 Jahren, am Freitag den 18. Mai 1990, unterzeichneten die Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratische Republik den Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion.* Er stellte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Einheit Deutschlands dar. Die Vertragsparteien wollten zum 1. Juli ein einheitliches Währungsgebiet mit der Deutschen Mark als gemeinsamer Währung bilden. Vorgesehen war, dass die Bundesbank als alleinige Emissionsbank und unabhängig von Weisungen der Regierungen in West und Ost in eigener Verantwortung für die Regelung des Geldumlaufs und der Kreditversorgung zuständig wurde.

Um den Geldwert in beiden Teilen Deutschlands stabil zu halten, keine Inflationsimpulse entstehen zu lassen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der DDR zu stärken, waren im Vertrag bestimmte Umstellungsverhältnisse festgelegt.** Für Löhne, Gehälter, Stipendien, Renten, Mieten, Pachten sowie andere wiederkehrende Zahlungen galt das Verhältnis 1 zu 1. Alle anderen Forderungen und Verbindlichkeiten wurden grundsätzlich 2 zu 1 umgestellt. Guthaben von DDR-Bürgern bei Geldinstituten konnten jedoch auf Antrag bis zu bestimmten Betragsgrenzen bevorzugt gewechselt werden, wobei das Alter der Berechtigten maßgebend war. Für den Rest des Vermögens galt 2 zu 1. Hinsichtlich des gestaffelten Umtauschs war formuliert:

„Natürliche Personen mit Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik können bei einem für sie kontoführenden Geldinstitut beantragen, daß ihnen für ein Guthaben bis zum nachfolgend aufgeführten Betrag in Mark der Deutschen Demokratischen Republik für 1 Mark der Deutschen Demokratischen Republik 1 Deutsche Mark gutgeschrieben wird:
natürliche Personen, die nach dem 1. Juli 1976 geboren sind, bis zu 2 000 Mark,
natürliche Personen, die zwischen dem 2. Juli 1931 und dem 1. Juli 1976 geboren sind, bis zu 4 000 Mark,
natürliche Personen, die vor dem 2. Juli 1931 geboren sind, bis zu 6 000 Mark.
Der Antrag kann nur einmalig bei einem Geldinstitut gestellt werden.“***

Bemerkt werden soll, dass diese Festlegungen einen Kompromiss darstellten, den Bundesrepublik und DDR am 2. Mai gefunden hatten.**** Die Bundesbank hatte sich am 29. März eigentlich dafür ausgesprochen, lediglich einen Umtausch von 2.000 Mark 1 zu 1 zuzulassen. Die Bundesregierung bot jedoch im Rahmen der Verhandlungen am 23. April an, dass jeder DDR-Bürger einheitlich 4.000 Mark der DDR 1 zu 1 in Deutsche Mark umgestellt bekam, was der Ost-Berliner Regierung nicht ausreichte.***** Schließlich kam man überein. Auch die Bundesbank zeigte sich letztlich zufrieden, war doch ihre entscheidende Forderung nach uneingeschränkter Zuständigkeit für die Geldpolitik in beiden Teilen Deutschlands erfüllt. Auch ihr Vorschlag, Forderungen und Verbindlichkeiten mit Ausnahme des genannten Sockelbetrags von 2.000 Mark 2 zu 1 umzustellen, war weitgehend akzeptiert.******

Und wie stand es um die Betroffenen? Verbandspräsident Rainer Voigt berichtete auf einer Pressekonferenz am Montag den 21. Mai, dass die Sparkassenfilialen in den vorangegangenen Wochen von verängstigten und verunsicherten Kunden geradezu gestürmt worden seien.******* Man habe Angst gehabt, etwas zu verpassen und sich schnell ein Konto zulegen wollen. 8,6 Millionen Spargirokonten und 10,3 Millionen Buchsparkonten bestanden mittlerweile bei den Sparkassen. Dies entsprach fast 80 % aller Konten in der DDR. Tatsächlich musste jede zur Umstellung berechtigte Person, vom Baby bis zum Opa, ein eigenes Konto haben, um ab 11. Juni bis spätestens 6. Juli einen Antrag zu stellen und profitieren zu können. Im Hinblick auf die Vorbereitung der Währungsunion empfahl Voigt, sich unbedingt jetzt ein Konto zuzulegen, wenn man noch keins habe. Eigner mehrerer Konten sollten sich ein Hauptumstellungskonto mit 2.000, 4.000 beziehungsweise 6.000 Mark einrichten. Und er machte klar:

„Ein Umtausch von Bargeld erfolgt nicht! Alles Bargeld muß auf Konten eingezahlt werden, wenn es umgewertet werden soll. Darum sollten bereits jetzt alle Sparschweine ‚geschlachtet‘ und evtl. vorhandene Sparstrümpfe geleert und auf Konten eingezahlt werden.“********

Fortsetzung am 23.05.2020

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* Der Staatsvertrag wurde erst über einen Monat später, am 21. Juni 1990, von der Parlamenten in Ost und West beschlossen. Am Folgetag stimmte der Bundesrat zu.

** Vgl. Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, Kapitel II, Artikel 10 (2), in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 34, 25.06.1990, S. 333; Bestand: Historisches Archiv des OSV

*** Ebd.: Anlage I Bestimmungen über die Währungsunion und über die Währungsumstellung Artikel 6 (1), S. 342

**** Vgl. Einigung über Details der Umstellung, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 34, 05.05.1990, S. 1

***** Vgl. Bonn präsentiert Angebot für deutsche Währungsunion, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 32, 27.04.1990, S. 1

****** Vgl. Bundesbank sieht Forderungen für Währungsunion erfüllt, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 43, 08.06.1990, S. 1

******* Vgl. Für DDR-Sparkassen beginnt neue Ära, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 40, 25.05.1990, S. 1

******** Pressegespräch am 21.5.90, S. 5; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-102 1/1999

  • 1990. Sparkassenmitarbeiterinnen der Kreissparkasse Grimma weisen Helferinnen ein. Sie werden dringend gebraucht, um alle Anträge zügig zu bearbeiten und die Wartezeit der Kunden an den Schaltern zu verkürzen. 11.000 zusätzliche Mitarbeiter werden insgesamt für die Umstellungsarbeiten im Rahmen der Währungsunion in den Sparkassen der DDR benötigt. : © Sparkassenmuseum Muldental, Grimma

Warteschlangen bereits im Frühjahr – die Währungsunion wirft ihre Schatten voraus

Blogserie, Teil 29

Im Mai treffen sich die DDR-Koordinatoren der westdeutschen Regionalverbände zu einem Erfahrungsaustausch in Berlin. Am 15. ohne, am 16. mit Vertretern der Sparkassenorganisation der DDR. Vier wichtige Themen gibt es zu besprechen, wobei die „Sonderaktion Währungsumstellung“ im Mittelpunkt des gemeinsamen Interesses steht. Gerade in diesem Bereich wird übereinstimmend festgestellt, dass „außergewöhnliche Belastungen“ auf die DDR-Sparkassen zukommen werden und Unterstützung notwendig sein wird. Der Präsident des Sparkassenverbandes der DDR, Rainer Voigt, bestätigt diese Einschätzung und berichtet, dass durch die „Umstellungsarbeiten ein erheblicher Personalbedarf bei den DDR-Sparkassen“ vorhanden ist.*

Vierzehn Tage später kann Voigt den zusätzlichen Bedarf an Helfern bereits quantifizieren.** 11.000 wird er in den 196 Sparkassen der DDR brauchen, um die „unzumutbare“ Situation für die etwa 20.000 Beschäftigten abmildern und die „langen Warteschlangen an den Schaltern“ eindämmen zu können. Die Währungsumstellung wirke sich bereits jetzt „von der Arbeitsbelastung her katastrophal“ aus. Da jeder DDR-Bürger für den Umtausch von Mark der DDR in D-Mark ein eigenes Konto benötige, haben die Sparkassenmitarbeiter „in den letzten Tagen etwa zwei bis drei Millionen neue Konten eingerichtet.“***

Teams des Deutschen Sparkassenverlages, die sich im Mai erstmals auf Info-Tour durch die DDR befinden, bestätigen den Andrang. Sie erleben die Zeit der Vorbereitungsarbeiten auf die Währungsunion hautnah mit und berichten: „In und vor den Sparkassen, bei denen die Fensterbeklebung demonstriert wurde, stauten sich die Kunden, die Konten eröffnen wollen […] Der Arbeitsdruck, zum Teil auch der Mangel an den nötigen Vordrucken, lastete schwer auf den DDR-Sparkassenkolleginnen und -kollegen.“****

Ende Mai erklärt Voigt den Präsidenten der westdeutschen Regionalverbände, dass mit „vier Aktionswellen“ gerechnet werden müsse, wobei die erste bereits vollumfänglich laufe. Sie umfasse die Kontenanlegung, die bis zum 10. Juni abgeschlossen sein soll. Die zweite, zwischen dem 11. und 22. Juni, betreffe die Anträge auf Währungsumstellung sowie die Ausstellung von D-Mark-Wertschecks. Bis zum 6. Juli wiederum seien Einzahlungen von Ost-Mark-Beständen auf die Konten vorzunehmen und ab 7. Juli plane man die Abrechnung aller Konten mit Zinsgutschriften zum 30. Juni. Danach „werden die DDR-Bürger eine Neuaufteilung ihrer Konten (Girokonten und Sparkonten) bis 30. Juli vornehmen.“*****

Um all das bewältigen zu können, seien die Sparkassen der DDR nicht nur auf technische Hilfe, die bereits „gut angelaufen“ ist, sondern auch auf personelle angewiesen. Und so bittet Voigt bereits am 16. Mai auf dem Koordinatorentreffen um eben diese Unterstützung im Rahmen der Partnerschaften, die sich inzwischen erfolgreich aus dem regionalen Betreuungskonzept bzw. auch aus den Städtepartnerschaften entwickelt haben. Insbesondere erfahrene Kundenberater – kann Voigt Ende Mai auf der Sitzung der Präsidenten der westdeutschen Regionalverbände sein Anliegen konkretisieren –, welche ab Anfang Juli die neuen Sparkassenprodukte in der DDR anbieten könnten, würden gebraucht.

Damit folgt Voigt dem mit den DDR-Koordinatoren abgestimmten Ziel, „Konkurrenzeinflüsse abzuwehren“. Denn gerade, was die Kundenberatung angeht, ist man überzeugt, werden die Wettbewerber nicht fair agieren und die Überlastungsphase der Sparkassen mit den aufwendigen Arbeiten rund um die Währungsumstellung abwartend verbringen. Vielmehr geht die Sparkassenorganisation frühzeitig davon aus, dass Privatbanken mit dem Einzug der D-Mark sofort qualifiziertes Personal in die DDR schicken werden, um Kunden mit Angeboten an vielfältigen westdeutschen Finanzprodukten abzuwerben. Wie zutreffend diese Prognose ist, zeigen die Wochen und Monate nach dem 1. Juli 1990 eindrücklich …

Fortsetzung am 17.05.2020

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*Vermerk über die Zusammenarbeit mit den DDR-Sparkassen – Koordinatorentreffen am 15./16. Mai 1990 in Berlin, Bonn, 21. Mai 1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-75/2004 | Weitere Themen sind: Stand des ERP- und Eigenkapitalhilfeprogramms, Entwicklung der technischen Unterstützung durch die Partnersparkassen sowie Kooperationsverträge zwischen den Partnersparkassen zu noch nicht durch die DDR-Sparkassen anbietbaren Sparkassenprodukten.

**Grundlage ist die qualitative und quantitative Ermittlung des Personalbedarfs durch alle Bezirksgeschäftsstellenleiter. Auf einer gemeinsamen Besprechung am 22. Mai erfolgt die finale Abstimmung. Quelle: Ebd.

***Niederschrift über die Verbandsvorsteherkonferenz am 28./29. Mai 1990 in Berlin; Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn | Das Treffen der Präsidenten der bundesdeutschen regionalen Sparkassen- und Giroverbände am 28./29. Mai 1990 wird zum Anlass genommen, um dem Präsidenten des Sparkassenverbandes der DDR feierlich den ersten von insgesamt 1.000 Personal-Computern zu übergeben, berichtet die Sparkassenzeitung am 1. Juni 1990. Bereits am 16. Mai wird die für die DDR-Sparkassen beschlossene PC-Grundausstattung vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband veranlasst, damit mindestens die Hälfte bis Mitte Juni installiert werden kann. Die Computer sollen zur Unterstützung der Währungsumstellung zur Verfügung stehen. Doch das klappt nicht. Denn die PCs sind nicht kompatibel zum DV-System der DDR und wären vorerst nur als „bessere Schreibmaschinen“ einsetzbar gewesen. Ihre Nutzung hätte eine Beschäftigung mit den Rechnern und eine Einführung in die Programme vorausgesetzt. Doch für Schulungen bleibt den Beschäftigten, die für Millionen Kunden die Umstellungsarbeiten leisten müssen, keine Zeit. Schließlich werden sogar Weiterbildungen aufgrund der hohen Arbeitsbelastung während der gesamten Umstellungsphase ausgesetzt. Vgl. dazu auch Ergänzung v. 27.10.2016 zum ZZI Rainer Voigt, 15.05.2012; Bestand: Historisches Archiv des OSV.   

****Mit dem [Sparkassen-S] auf Info-Tour bei DDR-Sparkassen. In: Sparkassen-Werbedienst, 1990, Nr. 7, S. 150f.

*****Niederschrift über die Verbandsvorsteherkonferenz am 28./29. Mai 1990 in Berlin; Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn.