• © Historisches Archiv des OSV

Der verwalzte Ludwig Erhard

Der vormalige Bundeswirtschaftsminister schaut aber zerknautscht. Kein Wunder. Das 2-DM-Stück, das sein Antlitz ziert, wurde schließlich verwalzt. Dabei kam ein sogenannter Decoiner zum Einsatz, der sogar 2,5 Tonnen Münzen pro Stunde entwerten konnte. Aus vielen Geldstücken der Bundesrepublik Deutschland wurde wegen der Einführung des Euros als Bargeld 2002 so auf preiswerte Weise Metallschrott. Diese Münze war rund einen Euro wert. Der unwiderrufliche Umrechnungskurs lautet 1 Euro = 1,95583 DM. Im Auftrag des Bundesfinanzministeriums erfolgte die bestmögliche Verwertung des Münzmetalls. Es diente etwa als Rohstoff für die Industrie. In den Bestand der Geldsammlung des Historischen Archivs des Ostdeutschen Sparkassenverbandes gelangten insgesamt vier Decoiner-Münzen, Stücke zu 50 Pfennig, 1, 2 und 5 Deutsche Mark. 5-DM-Stücke mit Silbergehalt, die es in der Bundesrepublik gab, wurden natürlich gesondert behandelt und nicht im Decoiner deformiert.

  • Spareinlagen am Jahreschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

  • Spareinlagen am Jahresschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

Sparkassenrun in der Revolutionszeit

Die Unterlagen der Aufsichtsbehörden sind eine wertvolle Quelle, wenn man sich mit der älteren Sparkassengeschichte beschäftigt. So sind zum Beispiel im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg Akten des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen vorhanden, in denen die jährlichen Geschäftsdaten sämtlicher Sparkassen des Landesteils des Königreichs Preußen für die Mitte des 19. Jahrhunderts stehen. Das war für die Geldinstitute eine schwierige Zeit. Revolutionäre Ereignisse wirkten sich damals auf die Einlagenentwicklung aus. Ins Auge fällt, dass unter den 15 Sparkassen in den hier abgebildeten zwei Diagrammen eine besonders hart getroffen wurde. Die Hintergründe habe ich im Rahmen einer Auftragsarbeit erforscht. Wichtige Informationen fanden sich im Merseburger Standort des Landesarchis sowie im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin. Auch die Publikation von Karl Pallas zur Geschichte Herzbergs aus dem Jahr 1901 war sehr nützlich. Dieses Werk steht in der Berliner Staatsbibliothek.

Tatsächliche hatte der massive Rückgang der Spareinlagen in Herzberg verschiedene Ursachen. Kunden dieser seinerzeit einlagenstärksten Sparkasse im Regierungsbezirk Merseburg befürchteten nach den Straßenkämpfen am 18. März 1848 in Berlin, dass der König die Gelder der Kreissparkasse beschlagnahmen werde, um seine Truppen zu bezahlen. Auch in Herzberg kam es übrigens zu revolutionären Unruhen. Ende März wurde etwa auf Beschluss einer Volksversammlung dem Bürgermeister Biltz der Schlüssel zu seiner Amtsstube abgenommen. Seine Wohnung besetzte die Schützengilde, um ein angebliches Entwenden von Akten zu verhindern. Unter dem Druck der Verhältnisse und mit Genehmigung der städtischen Behörden entließ Landrat Gustav von Kleist den Bürgermeister. Somit musste auch dessen Stelle im Kuratorium (Verwaltungsrat) der Schweinitzer Kreissparkasse neu besetzt werden.

Für mehr Aufregung sorgten allerdings die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Sparkasse. Gerüchte kursierten. Der Rendant, Kaufmann Emil Rudolf Hoyer, erledige seine Arbeit nicht ordentlich. Noch mehr Zweifel an der Sicherheit der Spareinlagen kamen auf. Der Landrat entdeckte bei einer Revision Nachlässigkeiten und informierte die Aufsichtsbehörde in Merseburg, den Kreistag und am 15. April 1848 die Öffentlichkeit durch das Kreisblatt. Beschuldigt wurde Hoyer, die ihm gezahlten Zinsen für Kredite häufig verspätet zur Kasse gebracht und gebucht zu haben. Er musste seinen Posten aufgeben. Eine sachliche Information über diese Pflichtverletzungen hielt von Kleist für angebracht, damit die Kundschaft nicht noch mehr in Aufregung geriet.

Der abgesetzte Rendant ließ sich den Umgang mit seiner Person nicht gefallen, zumal er auch seine Kaution nicht wiederbekam. Um die „Volksgunst“ habe er dann „gebuhlt“ und sich für unschuldig erklärt, die Sparkasse öffentlich diskreditiert und letztlich sogar ein eigenes Geldinstitut gegründet, zu dem Kunden auch wechselten. Dies berichtete der Landrat der Regierung in Merseburg. Hoyer soll sogar die ihm übergebenen Sparkassenbücher der Kreissparkasse zur Auszahlung vorgelegt haben. Weil diese die geforderten Gelder nicht in bar vorrätig hatte, habe er die Abtretung der besten Hypothekenkredite verlangt.

Innerhalb eines halben Jahres wurden allein bis September 1848 rund 200.000 Taler Einlagen gekündigt. Ab 30 Talern galt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Ab 15 Talern war es ein Monat. Geringere Beträge bekam man satzungsgemäß sofort. Sofern es die Kassenverhältnisse zuließen. Die Kreissparkasse hatte fast ausschließlich in Hypothekenkredite investiert und verfügte über keine nennenswerten Wertpapierbestände, die sie verpfänden konnte. Der Staat nahm ihre Hypothekendokumente 1848 leider nicht als Sicherheitsleistung an und gewährte keine Vorschüsse als Hilfe. In der Not mussten Kredite gekündigt werden, um Geld zur Auszahlung der Sparer zu beschaffen. Außerdem versuchte man die Kunden 1849 durch eine Erhöhung der Sparzinsen zu halten. Um bei künftigen Notfällen besser gerüstet zu sein, legte ein Satzungsnachtrag am 15. Januar 1850 den Aufbau eines Reservefonds von 20.000 Talern in Wertpapieren fest.

  • Rechts steht das Rathaus (großes, braunes Gebäude), in dem sich die Sparkasse bis 1916 befand. (Ansichtskarte Verlag Ottmar Zieher in München, versendet 1908; Bestand Historisches Archiv des OSV)

Die Wurzeln der Rhön-Rennsteig-Sparkasse

Am Einführungsseminar für Auszubildende an der Nord-Ostdeutschen Sparkassenakademie in Potsdam nehmen diese Woche nicht nur Azubis aus dem Gebiet des Ostdeutschen Sparkassenverbandes teil. Daher gilt es für mich, die „Geschichtsstunde“ inhaltlich anzupassen und auch auf die Historie der Rhön-Rennsteig-Sparkasse einzugehen. Eine wichtige Information, welche die Teilnehmenden in Erinnerung behalten sollten, ist das Alter ihrer Sparkasse. In diesem Fall sind es schon fast 200 Jahre.

Die erste Einrichtung einer Sparkasse im Gebiet der Rhön-Rennsteig-Sparkasse erfolgte nach meinen Recherchen am 1. April 1826 in Meiningen, der Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen. Die Satzung dieses staatlichen Instituts datiert auf den 15. März 1826. Am 20. Januar 1836 wurde sie aufgehoben und sieben Tage später die Satzung der Stadtsparkasse Meiningen beschlossen. Die Kommune übernahm die Sparkasse. Ihr Sitz befand sich lange Zeit im Rathaus.

Wie bei fast allen Sparkassen, so handelt es sich auch bei der Rhön-Rennsteig-Sparkasse um ein Fusionshaus. Zum 1. Januar 1995 ist sie aus den Kreissparkassen Meiningen und Schmalkalden sowie der Sparkasse Suhl entstanden. Daher erscheint es an dieser Stelle angebracht, auch auf die beiden anderen Wurzeln des heutigen Instituts einzugehen. Suhl lag im Geschäftsgebiet der ersten deutschen Kreissparkasse, die Anfang 1831 im preußischen Schleusinger Kreis ihre Geschäftstätigkeit aufnahm. Schmalkalden wiederum gehörte zur Landgrafschaft Hessen-Kassel, als hier am 23. November 1859 eine Stadtsparkasse eröffnete.

  • Kreise Ostprignitz und Ruppin sowie dortige Sparkassengründungen bis 1912 auf einer Landkarte von 1906 (Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Sparkassengeschichte im Landkreis Ostprignitz-Ruppin

Nächste Woche sind wieder neue Auszubildende der Sparkasse Ostprignitz-Ruppin beim Ostdeutschen Sparkassenverband in Berlin zu Gast. Sie bekommen eine interessante Einführung in die Geschichte ihrer Sparkasse geboten. Dafür bereite ich gerade eine Präsentation mit vielen Bildern vor. Die Wurzeln des Instituts reichen weit zurück. Es wird nächstes Jahr bereits 175 Jahre alt. Am 25. März 1848 eröffnete im Kreishaus in Neuruppin die Sparkasse des Ruppiner Kreises.

Danach erfolgten noch weitere Gründungen: 1849 die Stadtsparkasse Wittstock, 1856 die Kreissparkasse Ostprignitz in Kyritz, 1857 die Stadtsparkasse Fehrbellin, 1882 die Stadtsparkasse Kyritz, 1886 die Stadtsparkasse Wusterhausen, 1887 die Stadtsparkasse Neuruppin und 1892 die Stadtsparkasse Lindow. In den Kreisen Ostprignitz und Ruppin bestanden auch zwei Institute, die nicht im heutigen Geschäftsgebiet liegen. Das waren ab 1882 die Stadtsparkasse Pritzwalk und ab 1912 die Stadtsparkasse Gransee.

Bei der Verwaltungsreform 1952 in der DDR wurden die zwei historischen Kreise aufgelöst und sechs kleinere gebildet. In diesen wurden gemäß staatlicher Anweisung neue Kreissparkassen gegründet, etwa in Kyritz, Neuruppin und Wittstock. Diese wiederum fusionierten wegen der Kreisgebietsreform, welche den Landkreis Ostprignitz-Ruppin entstehen ließ, schließlich am 1. Mai 1993 zur Sparkasse Ostprignitz-Ruppin.