• © Historisches Archiv des OSV

Erste Seminare für angehende Verwaltungsratsvorsitzende der DDR-Sparkassen

Blogserie, Teil 48

Zwischen dem 21. und 25. August 1990 finden in Berlin jeweils drei zweitägige Informationsseminare für Oberbürgermeister und Landräte der DDR statt, um sie auf die künftige Rolle als Vorsitzende der Verwaltungsräte ihrer örtlichen Sparkasse vorzubereiten. Der Präsident des Sparkassenverbandes der DDR, Rainer Voigt, verdeutlicht das Ziel der Veranstaltungen im Interview mit der Berliner Zeitung:

Wir versuchen, die aus der Struktur der früheren Bankenlandschaft – die Staatsbank war oberster Geldhüter auch in den einzelnen Regionen – entstandene Entfremdung zwischen Kommunen und Sparkassen zu überwinden […] Dabei erklären wir auch die Aufgaben der Kommunalpolitiker als Vorsitzende der Sparkassen-Verwaltungsräte, wie das im DDR-Sparkassengesetz vom 29. Juni verankert ist.*

Das Interesse der Teilnehmer ist groß. Rund 300 Oberbürgermeister und Landräte erhalten in den Seminaren einen „Überblick zur Rechtsstellung, Geschäftspolitik, Betriebswirtschaft sowie zur Einbindung der Sparkassen in die kommunale Finanzwirtschaft.“** Die überwiegende Mehrheit war gerade erst durch die Kommunalwahlen am 6. Mai 1990 neu ins Amt gekommen. Um die frisch gewählten Kommunalpolitiker bestmöglich zu unterstützen, entstehen bereits im Vorfeld Informationsbroschüren über die kommunalen Sparkassen. 12.000 Exemplare werden hergestellt. Die gezielte Verteilung an Sparkassen und Kommunalvertreter sowie die Kostenübernahme durch den DDR-Verband sind Thema der vierten Sitzung der Verbände am 21. August 1990. Zusätzlich empfiehlt Rainer Voigt den Sparkassenleitern, die Publikation „S-Wissen für Mitglieder von Verwaltungsräten“ vom Deutschen Sparkassenverlag über den Verband zu ordern und den Seminarteilnehmern im Nachgang zur Verfügung zu stellen.***

Beiden Präsidenten, dem des Sparkassenverbandes der DDR und dem des DSGV, ist eine gute Beziehung der Sparkassen zu ihren kommunalen Trägern überaus wichtig. Daher treten sie persönlich auf den Informationsveranstaltungen mit interessanten Beiträgen auf, aus denen wichtige Aspekte an dieser Stelle näher vorgestellt werden:

Rainer Voigt analysiert in seiner Rede die unterschiedliche Ausgangslage der 196 Mitgliedssparkassen, die vor dem „Sprung in die Marktwirtschaft“ stehen. Damit dieser gelinge, müsse die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden, denn „Eigenkapital und Zinsspannen“, Produktangebot und Vergütung der Beschäftigten waren bisher viel zu gering. Positiv hervorzuheben sei jedoch die flächendeckende Präsenz der DDR-Sparkassen „als einzige bodenständige Kreditinstitutsorganisation mit rd. 3.000 Geschäftsstellen“ und einem Marktanteil von fast 80 Prozent bei Privat- sowie etwa 50 Prozent bei Firmenkunden. Voigt ist überzeugt, dass dies gute Voraussetzungen sind, um „die Sparkassen wieder zu Hausbanken der Kommunen zu machen“ und sie in den Dienst eines kommunalen Auftrags zu stellen. Die Rahmenbedingungen liegen mit dem Sparkassengesetz nun vor, dass die Volkskammer am 29.6.1990 verabschiedet habe, sowie mit der danach erlassenen Anordnung und dem Musterstatut. Den Städten und Kreisen werde als Gewährträger der Sparkassen ein größeres Mitspracherecht bei der Bestimmung ihrer Geschäftspolitik eingeräumt. Voigt betont:

In dem Maße, wie sich in Zukunft das Miteinander von Sparkasse und Kommune gestaltet, gestaltet sich auch der Erfolg in der kommunalen Arbeit in gegenseitigem Interesse und natürlich auch zum gegenseitigen Nutzen.

In diesem Zusammenhang, hält er es für wichtig, die Stellung der Sparkassen im Interesse der Verbraucher zu stärken. Die dezentrale Struktur helfe außerdem, alle geschäftlichen Aktivitäten auf die Förderung der örtlichen Wirtschaftskraft zu konzentrieren. Allein im Monat Juli gewährten die DDR-Sparkassen klein- und mittelständischen Betrieben Kredite in Höhe von 300 Millionen DM. Das unterscheide die Sparkassen ganz erheblich von den Großbanken, die sich mit Kreditvergaben „an unsere Wirtschaft oftmals schwer tun“.

Durch Auftragsvergaben, Steuerzahlungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen setzen die Sparkassen in den Regionen auch selbst positive wirtschaftliche Impulse. In diesem Sinne sind sie dem Gemeinwohl nicht nur verpflichtet, sondern fördern es aktiv. Trotzdem, so führt Voigt weiter aus, müssen sich Sparkassen auch als Wirtschaftsunternehmen gegenüber der Konkurrenz behaupten. Dies bedeute, dass nur die „Erwirtschaftung von Gewinn“ die „Überlebensfähigkeit“ sichere. Umfangreiche Investitionen seien jetzt notwendig, um entsprechende Voraussetzungen nach westlichem Standard zu schaffen. Denn in den letzten 20 Jahren mussten die Sparkassen 12 Milliarden Mark Gewinne an den zentralen Staatshaushalt abführen, ohne dass Gelder für dringendste Erfordernisse wieder zurückgeflossen wären. Hier gäbe es jetzt Nachholbedarf, den die Gewährträger im eigenen Interesse unterstützen sollten.

Kurzfristig müssten jetzt zudem Vorstände durch die Verwaltungsräte bestellt werden. „Gute Leute“ mit „westlichem Qualifikationsniveau“ würden dringend vor Ort gebaucht. Die Idee eines „gemischten Doppels“ und Vergütungsfragen behandelt Voigt in seiner Rede ebenso wie die Aufgaben eines künftigen überregionalen Fünf-Länder-Verbandes, zu dem sich der Sparkassenverband der DDR entwickeln soll und in dem „Landräte und Oberbürgermeister […] entsprechend ihrer Verantwortung ihre Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte“ in den einzelnen Gremien wahrnehmen können.****

Helmut Geiger, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), unterstützt mit seinem Beitrag „Sparkassen im Wettbewerb“ Voigts Ausführungen. Er hebt die zwei wesentlichen Aufgaben kommunaler Sparkassen hervor: Einerseits die umfassende Versorgung der Bevölkerung mit allen gewünschten Bankdienstleistungen im Sinne eines Allfinanzgeschäfts, andererseits die Förderung eines intensiven Wettbewerbs und der damit verbundenen Verhinderung von „unerwünschten Konzentrationstendenzen in der Kreditwirtschaft“. Die dezentrale Struktur der Sparkassenorganisation gewährleiste hohe Flexibilität und große Anpassungsfähigkeit an spezifische Kundenbedürfnisse. Beides gereiche den Trägern zum Vorteil.

Gleichzeitig macht Geiger wie Voigt darauf aufmerksam, dass erst angemessene Gewinne eine Aufgabenerfüllung im örtlichen Interesse möglich machen. Dabei stehe jedoch nicht, wie bei Großbanken, etwa eine Gewinnmaximierung im Mittelpunkt. Um der überregionalen und internationalen Konkurrenz trotzdem standhalten zu können, zeichne sich die Sparkassenorganisation mit ihren Verbundpartnern durch ein starkes geschlossenes Auftreten nach außen hin aus. An die zukünftigen Verwaltungsratsvorsitzenden appelliert Geiger:

Die nächsten Monate und Jahre werden entscheidend sein, welche Marktstellung die Sparkassen im Wettbewerb mit westlichen Anbietern erreichen werden. Es muß dafür gewaltig investiert werden. Ermuntern und fördern Sie die Investitionsvorhaben in Ihren Sparkassen […] In gemeinsamer zäher und nachhaltiger Arbeit können wir […] die Wiedergeburt des DDR-Sparkassenwesens im freien Wettbewerb schaffen […] Ihnen kommt dabei eine wichtige Schlüsselfunktion zu.*****

Fortsetzung am 01.09.2020

———————–

*Wilke, Olaf: Eigenheim-Kreditfrage ist offen. BZ-Interview mit Rainer Voigt, Präsident des DDR-Sparkassenverbandes, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 196. Ausg., 23.8.1990, S. 12 | Eingeladen zu den Seminaren hatte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der auch die nicht unerheblichen Kosten für Unterbringung, Verpflegung Mieten etc. übernahm. Vgl. Vorlage für die Verbandsvorsteherkonferenz am 28./29. Mai 1990 in Berlin; Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn.

**Kurzinformation über die Seminare mit den Oberbürgermeistern und Landräten, Schreiben Rainer Voigts an die Direktoren der Stadt- und Kreissparkassen sowie die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes, Berlin, 24.8.90, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-19/2004; Vgl. auch den Beitrag „DDR-Infoseminar für Verwaltungsratsmitglieder, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 64, 21.8.1990, S. 3.

***ebd. | In Auswertung der Landräteseminare erfolgen weitere Festlegungen zu Materialien, die durch den DDR-Verband zur Verfügung gestellt werden sollen bzw. noch zu erarbeiten sind. Dazu gehören u. a. die Gesetzgebung zum Sparkassenwesen, Mustergeschäftsanweisungen und Orientierungshilfen zu Vorstandsangelegenheiten. Vgl. dazu auch Protokoll der Dienstberatung am 28.8.1990, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-19/2004 | Wie umfassend die Aufgaben der Verwaltungsräte sind, geht aus den Sparkassengesetzen der Länder hervor. Vgl. zum Beispiel Brandenburgisches Sparkassengesetz, Abschnitt 2, § 7ff.

****Voigt, Rainer: Ansprache zum Seminar mit den Verwaltungsräten – August 1990, Entwurf mit zahlr. Korrekturen, ohne Datum, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-19/2004.

*****Geiger, Helmut: Sparkassen im Wettbewerb, Seminar für Landräte und Oberbürgermeister der DDR über die Arbeit kommunaler Sparkassen am 20. August 1990 in Berlin, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-76/2004 | Kurzfristigen Investitionsbedarf sieht Geiger in vier Aufgabenbereichen: Personal, Bausubstanz, technische Infrastruktur sowie Aus- und Weiterbildung. Die Hauptaussagen seiner Rede erschienen gleichzeitig am 21.8.1990 als Beitrag in der Deutschen Sparkassenzeitung.

Am 22. August 1990 informiert Helmut Geiger außerdem die Presse über die gerade stattfindenden Informationsseminare in Berlin. Er unterstreicht die enge, seit 200 Jahren bestehende Verbindung der Sparkassen zu ihren kommunalen Trägern und geht auf drei wesentliche Vorteile für diese ein. Dazu gehört die gute Kenntnis des Geschäftsgebietes, die mit ortsnahen und zügigen Entscheidungen einhergeht; außerdem das Verwenden von Sparkapital als Kreditpotential für den kommunalen Raum, was bedeutet, Gelder fließen nicht „an andere Plätze ab“. Nicht zuletzt stellen die Sparkassen bedeutende Arbeitgeber in der Region dar, die vielerorts als einzige Unternehmen Ausbildungsplätze für Bankkaufleute anbieten.

Ergänzt werden Geigers Ausführungen durch den Minister für Regionale und Kommunale Angelegenheiten der DDR, Manfred Preiß. Sein Beitrag auf der Pressekonferenz rückt die neuen Herausforderungen für die Kommunen in den Mittelpunkt, die nun bezüglich der notwendigen Finanzmittel für „Beschaffung und Verwendung selbst Sorge zu tragen“ haben. Er stellt das Drei-Säulen-Modell des bundesdeutschen Bankensystems vor und betont, dass die Sparkassen „die Gewinnerzielung nicht als vorrangiges Entscheidungskriterium für ihre Geschäftstätigkeit ansehen, sondern sich vordergründig dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen. Sie können dadurch deutlich über private Initiativen hinausgehen und die kommunale Entwicklung in einer völlig anderen Qualität unterstützen, als das bei privaten Kreditunternehmen der Fall sein kann.“ Erklärtes Ziel des Ministers ist der Aufbau einer starken kommunalen Selbstverwaltung mit einer leistungsfähigen örtlichen Sparkasse als „Hausbank“ an ihrer Seite. Vgl. dazu Rede Helmut Geigers auf der Pressekonferenz am 22.8.1990 in Berlin, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-Günther 10/2004 sowie Rede von Manfred Preiß ebd., Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-75/2004.

  • Der DSGV empfahl u. a. den Aufbau eines Betriebsvergleiches für die Sparkassen der DDR. Dieser hatte sich bei den bundesdeutschen Sparkassen seit 1949 als leistungsfähiges Kontrollsystem für die Betriebsführung bewährt. Denn die Gegenüberstellung von Bilanz- und Erfolgsgrößen sowie von weiteren Kennzahlen ermöglicht das frühzeitige Erkennen betrieblicher Schwachstellen und damit ein effektives Gegensteuern. : © Historisches Archiv des OSV

  • Der DDR-Verband berichtete am 7. August 1990 von der Umgestaltung und feierlichen öffentlichen Einweihung der Hauptstelle in Dessau. Tatkräftige Unterstützung, u. a. mit 400.000 DM, leistete die Partnersparkasse Hildesheim. Die gelungene Neugestaltung nach westdeutschem Vorbild sollte als Muster für die übrigen DDR-Sparkassen dienen. Beide Verbände waren sich einig: Verbesserungen des Erscheinungsbildes sollten so schnell wie möglich erfolgen. : © Historisches Archiv des OSV

Sommer 1990 – Verbände stellen die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der ostdeutschen Sparkassen

Blogserie, Teil 47

Das partnerschaftliche Verhältnis, das es zwischen ost- und westdeutschen Sparkassen gab, existierte auch auf Verbandsebene. Was im Januar 1990 ohne Wissen der Staatsbank heimlich begann, hatte sich ein halbes Jahr später zu einem regelmäßigen, vertrauensvollen Austausch entwickelt. Zwischen dem 19. Juni und dem 21. August 1990 trafen sich die Leitungen des Sparkassenverbandes der DDR und des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) insgesamt vier Mal zu Besprechungen in Berlin.*

Themen gab es viele. Sei es die Währungsumstellung mit all ihren Begleiterscheinungen, wie den technischen Erfassungsproblemen, den umfangreichen Nacharbeiten und den weiteren geschäftspolitischen Maßnahmen, die anstehende DM-Eröffnungsbilanz, die Ausbildung von Revisoren sowie die Vorbereitung von Seminaren für Führungskräfte und Verwaltungsräte, oder seien es die Kooperationsabkommen mit Verbundpartnern, wie den öffentlichen Versicherern und der Deutschen Girozentrale (DGZ), und die sich aus rechtlichen Rahmenbedingungen ergebenden Aufgabenstellungen, wie aus den Regelungen des Staatsvertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion bezüglich der Wohnungsbaukredite oder aus dem sogenannten „Mißbrauch-Gesetz“ bezüglich der Feststellung rechtswidriger Handlungen im Zusammenhang  mit der D-Mark-Einführung – all diese Dinge und weitere offene Fragen wurden gemeinsam beraten und gelöst.

Die Zusammenarbeit auf Verbandsebene wurde gestärkt durch die Veränderung der Rolle des Sparkassenverbandes der DDR. Kurz nach der Währungsunion stand die „Mitgliedschaft des DDR-Verbandes beim DSGV“ auf der Agenda. In einem ersten Schritt räumte der Dachverband dem Newcomer einen ständigen Gastsitz in allen richtungsweisenden Ausschüssen des DSGV ein.** Ziel war die ordentliche Mitgliedschaft, welche am 13. Dezember 1990 auf der Mitgliederversammlung des DSGV beschlossen wurde. Die Sparkassenzeitung berichtete bereits am 28. September über einen entsprechenden Antrag der Vorstände und Direktoren der ostdeutschen Sparkassen: „Damit werde […] der historischen Entwicklung Rechnung getragen und die in der Geschichte der deutschen Sparkassen bewährte Organisationsstruktur wiederhergestellt.“***

Mit der Mitgliedschaft war „automatisch eine Teilnahme […] am überregionalen Ausgleich verbunden“, also ein Anschluss der ostdeutschen Sparkassen an den Einlagensicherungsfonds der bundesdeutschen Sparkassen. Damit wurden Ende des Jahres schließlich die nachdrücklichen Forderungen der Deutschen Bundesbank und des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen erfüllt, die seit dem Sommer 1990 im Raum standen.****

Last but not least stand am 21. August 1990 ein Thema auf der Tagesordnung, das hohe Wellen in der Öffentlichkeit schlug: Kredite für den Wohnungsbau. Einerseits waren Mehrfamilienhäuser zu betrachten, wo der Staat durch Subventionen Mieterhöhungen vermeiden wollte, jedoch gleichzeitig eine Sanierung beauftragte, um den Verfall zu stoppen. Die Sparkassen hatten die Verpflichtung zur Finanzierung von angeordneten Baumaßnahmen, ohne dass vorher von staatlicher Seite ein Einverständnis der Eigentümer eingeholt worden wäre. Auf diese Weise entstanden Kreditforderungen, die von den Hausbesitzern nicht akzeptiert wurden. Dem Verband kam die Aufgabe zu, in Absprache mit den zuständigen Ministerien eine Lösung für seine Mitgliedssparkassen zu finden.

Andererseits stand die Finanzierung von Eigenheimen als Besprechungsthema an. Durch die Kündigung der Kredite und die marktgerechte Anhebung der Zinssätze waren Kunden so verärgert worden, dass sie Initiativen gründeten, um die Sparkassen zu verklagen. Zur Abwendung eines nachhaltigen Imageschadens für die DDR-Sparkassen und zur Lösung des Problems im Interesse der Kunden beschlossen DDR- und Dachverband ein umfassendes Maßnahmenpaket. So sollte der DSGV die Angelegenheit direkt mit dem Bundesfinanzministerium besprechen. Die Basisdaten für das Gespräch mit den zugrundeliegenden Verordnungen, Kreditvertragsvordrucken und den Statistiken der betroffenen Kredite würde der DDR-Verband liefern. Zusätzlich stellte sich Rainer Voigt als Präsident des Sparkassenverbandes der DDR zwei Tage nach der Besprechung mit dem Dachverband den Fragen der Presse. Dem Vorwurf des „unsozialen Handelns“ trotz rechtlicher Grundlage durch den Staatsvertrag vom 18. Mai 1990, Anlage III, Kapitel 1, Punkt 4, setzte er entgegen:

Die Sparkassen streben entschieden eine sozial verträgliche Lösung des Problems an. Die Frage ist, wer bezahlt künftig die bisher gewährten Kreditsubventionen? Die Sparkassen können keine Subventionspolitik des Staates betreiben. Manche Sparkasse würde das auch gar nicht überleben.

Er informierte darüber, dass Gespräche mit Bau- und Finanzministerium der DDR und der BRD, „aber auch über beide deutschen Sparkassenverbände“, noch laufen, um die Frage der Ausgestaltung des Staatsvertrages in diesem wichtigen Punkt für die Kunden, deren Eigenheimbau-Kreditbestand bei den Sparkassen insgesamt acht Milliarden Mark ausmachte, eindeutig und für alle Seiten zufriedenstellend zu klären.  Ergebnisse, so hoffte Voigt, seien in etwa zwei bis drei Wochen zu erwarten.*****

Fortsetzung am 25.08.2020

———————–

*Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-75/2004, Bd. 1.

**Das betraf die Ausschüsse: Geschäftsführerkonferenz, AK Leiter der Sparkassenakademien, Prüfungsstellenleiter, Zentraler Werbeausschuss (ZWA), Mitgliederversammlung sowie, „sofern DDR-Themen behandelt“ wurden, Vorstand und Sparkassenausschuss. Vgl. Vermerk zur 2. Besprechung mit der Verbandsleitung des DDR-Sparkassenverbandes am 4. Juli 1990 in Berlin, Top 4, Bonn, 11.7.1990. Bestand: ebd.

***Der Beschluss zum Antrag auf die ordentliche Mitgliedschaft beim DSGV erfolgte am 14. September 1990 durch den Vorläufigen Verbandsrat. Der außerordentliche Verbandstag am 20. September 1990 stimmte dem zu und beauftragte den Präsidenten des DDR-Verbandes mit der Umsetzung. Die Sparkassenzeitung berichtete am 28. September 1990 umfassend auf den Seiten 1 und 2 im Artikel „Ostdeutscher Sparkassenverband beantragt DSGV-Mitgliedschaft. Sparkassen bereiten Allfinanzangebot vor – Neuer Name“ von dieser historischen Sitzung, auf der u. a. auch die Umbenennung des DDR-Verbandes in „Ostdeutscher Sparkassen- und Giroverband“ erfolgte.

****Vgl. Vermerk zur 4. Besprechung mit der Leitung des DDR-Verbandes am 21. August 1990 in Berlin, Top II.1, Bonn, 27.8.1990. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-75/2004, Bd. 1 | Der Vorläufige Verbandsrat des DDR-Verbandes beschloss außerdem bereits am 14. September 1990 die Bildung eines eigenen Einlagensicherungsfonds nebst Satzung für den „Sparkassenstützungsfonds des OSGV“ (Beschluss Nr. 32). Die Umsetzung in die Praxis erfolgte zeitnah. Vgl. dazu auch: Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 104f; Historisches Archiv des OSV, HA-69/2004.

*****Vgl. Vermerk zur 4. Besprechung mit der Leitung des DDR-Verbandes am 21. August 1990 in Berlin, Top II.12, Bonn, 27.8.1990. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-75/2004, Bd. 1; Wilke, Olaf: Eigenheim-Kreditfrage ist offen. BZ-Interview mit Rainer Voigt, Präsident des DDR-Sparkassenverbandes, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 196. Ausg., 23.8.1990, S. 12 | Der Wohnungsbaukredit gehörte seinerzeit zu den bedeutendsten Kreditarten der DDR-Sparkassen. Im Rahmen der Aufgabenabgrenzung der Kreditinstitute der DDR konzentrierte sich das Kreditgeschäft der Sparkassen vor allem darauf sowie auf Investitionskredite für Handwerk und Gewerbe. Er machte 85 Prozent des gesamten Kreditbestandes aus bzw. 19 Milliarden Mark. 1989 führten die Sparkassen über eine Million Kreditkonten für den Wohnungsbau. Vgl. dazu auch: Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 209ff sowie ebd. S. 146ff Ausführungen zur endgültigen Klärung der Zinsanhebungen gem. Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 und einer gleichzeitigen Abschaffung subventionierter Zinsen – einem durchaus komplizierten Rechtsvorgang, wie sich im Laufe intensiver Gespräche und mit Prüfung durch das Bundesfinanzministerium herausstellte. Im Ergebnis entstand das sogenannte Zinsanpassungsgesetz, das erst ein Jahr später am 1. Juli 1991 in Kraft trat.

  • Endlich mehr Geld! Das dachten im Juli 1990 sicherlich nicht nur die Beschäftigten in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Zeitz, heute Sparkasse Burgenlandkreis. Wenn da nicht dieser Wermutstropfen gewesen wäre ... : © Historisches Archiv des OSV

  • Inhaltlich identische und mit der Währungsunion gültige Tarifverträge wurden mit den zuständigen Gewerkschaften am 15. sowie 21. Juni 1990 abgeschlossen. Die Anhebung der Ist-Gehälter um durchschnittlich 50 Prozent lag bewusst über dem Tarifabschluss im privaten Bankgewerbe. Auf diese Weise sollte die Gleichstellung der jahrelang benachteiligten Sparkassenangestellten in der DDR gefördert werden. : © Historisches Archiv des OSV / Unterschriften retuschiert

Mehr Geld ab Juli 1990 für die Beschäftigten der DDR-Sparkassen

Blogserie, Teil 45

Im Juli 1990 wirken sich tarifvertragliche Vereinbarungen spürbar auf die Geldbeutel der Sparkassenangestellten in der DDR aus. Denn die Ist-Gehälter steigen um durchschnittlich 50, mindestens jedoch um 30 Prozent. Jede(r) Beschäftigte hat durch die Erhöhungen nicht weniger als 300 D-Mark mehr in der Tasche.

Der Sparkassenverband der DDR hatte in seiner satzungsgemäßen Funktion als Tarifpartner bereits vor der Währungsunion im Juni 1990 in weiser Voraussicht gehandelt. Auf der Arbeitgeberseite schloss er für seine Mitgliedssparkassen mit allen zuständigen Gewerkschaften entsprechende Verträge ab.* Mit Rundschreiben Nr. 2 erhalten die Sparkassendirektoren sowie die Leiter der Bezirksgeschäftsstellen am 31. Juli 1990 nun die Textfassungen der Tarifabschlüsse. Darüber hinaus informiert der Verband über die weitere Vorgehensweise: Noch gilt der Rahmenkollektivvertrag – kurz RKV – vom 1. April 1975 mit all seinen Nachträgen. Ziel sei es jetzt, „einen Manteltarifvertrag zu vereinbaren, mit welchem die Regelungen des RKV schrittweise in den Bundesangestelltentarifvertrag überführt werden sollen.“**

Neben den Gehaltserhöhungen wird mit Blick auf eine Arbeitsplatzsicherung mit den zuständigen Gewerkschaften auch ein „Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz“ ab dem 1. Juli 1990 vereinbart. Es geht darum, die „Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten möglichst zu vermeiden“, in einer Zeit, wo sich auch die Sparkassen „anforderungsgerecht, wirtschaftlich und kostengünstig“ aufzustellen haben. Wie bedeutend solche Vereinbarungen gerade 1990 für Arbeitnehmer sind, zeigen die dramatischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt der DDR. Ende August ist in der „Neuen Zeit“ zu lesen: „Die Arbeitslosenzahl ist von ‚Null‘ auf 341 000 gestiegen und soll jede Woche um weitere 25 000 zunehmen. Dazu kommen über eine Million Kurzarbeiter […]“***

Trotz Tarifautonomie werden insbesondere von westdeutscher Seite die ersten Abschlüsse und Vereinbarungen mit den Gewerkschaften in der DDR scharf kritisiert. Wirtschaftsminister Helmut Haussmann etwa warnt vor einer Signalwirkung der Gehaltsabschlüsse von plus 50 Prozent bei Sparkassen und 40 Prozent bei Banken für andere Bereiche. FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff bezeichnet die bisherigen Tarifabschlüsse als „zu hoch und unrealistisch“. Bundesfinanzminister Theo Waigel fordert gar eine „rigorose Ausgabendisziplin“ von der DDR. Und SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine nennt die schnelle Einführung der D-Mark eine für die Bundesrepublik zu teure, „eminente Fehlentscheidung“. Dies könne zu „enormen Verwerfungen in der DDR“ führen, so Lafontaine.****

Naturgemäß beurteilt die Arbeitnehmerseite die Abschlüsse etwas anders. So betont die stellvertretende DGB-Vorsitzende Dr. Ursula Engelen-Kefer im Juli 1990, dass die Gewerkschaften in der DDR mit Augenmaß verhandelt hätten und es beispielhaft sei, Qualifizierung und Kündigungsschutz vor Entlassungen zu stellen. Doch hat sie mit ihrer Einschätzung recht?

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Sommer 1990 sieht es ganz so aus. Demnach stiegen die Preise für alle Waren auf dem ostdeutschen Markt seit Einführung der D-Mark in der DDR um 30 Prozent, für Nahrungsmittel sogar um 50 Prozent. Für Dienstleistungen, wie Kino, Friseur, Reparaturen, müssen die Bürger nun bis zu 260 Prozent mehr bezahlen. Auch das Handelsblatt widmet sich der Teuerung und stellt fest: „Unter dem Strich bleibt in den meisten Branchen ein Ausgleich der höheren Belastungen durch Sozialversicherungsbeiträge und Preisauftrieb sowie eine tarifvertragliche Absicherung […] nach dem für die DDR eigens modifizierten Arbeitsförderungsgesetz.“ – Freude mit Wermutstropfen also, so könnten die ersten Gehaltserhöhungen in neuer Währung bei den Beschäftigten der DDR-Sparkassen in Erinnerung geblieben sein.*****

Fortsetzung am 17.08.2020

———————–

*Inhaltlich identische Verträge wurden am 15. und 21. Juni 1990 mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen der DDR (HBV/DDR), mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in der DDR (ÖTV/DDR), mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste/DDR (GÖD/DDR) und mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) abgeschlossen. Bild 2 zeigt den ersten Vertragsabschluss mit der HBV, inkl. Mitzeichnung der HBV/BRD, am 15. Juni 1990. Über die Gehaltserhöhung ab 1.7. hinaus gab es weitere erkennbare Vorteile für die Beschäftigten, wie zum Beispiel ein vereinbartes Urlaubsgeld im August 1990.

**Ausschlaggebend für die Entscheidung, sich zukünftig dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den darin geregelten Arbeitsbedingungen anzunähern, war die Tatsache, dass Sparkassen lt. Gesetz öffentlich-rechtlicher Natur sind und in der Regel einem kommunalen Arbeitgeberverband angehören. Der westdeutsche Sparkassendachverband empfahl den DDR-Kollegen bereits im Mai 1990 die Einbindung der Sparkassen in den Kommunalbereich. Das bedeutete letztendlich die Verabschiedung von Tarifverträgen für das private und öffentliche Bankgewerbe, die auch für die Sparkassen hätten übernommen werden können. In der Folgezeit führte diese Entscheidung zu einem internen Zuständigkeitsstreit zwischen HBV und ÖTV auf der Ebene des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und sorgte letztendlich auch für Unmut bei den gewerkschaftlich unterschiedlich organisierten Beschäftigten der ostdeutschen Sparkassen. 1991 mündete der Interessenkampf sogar in Warnstreiks bei den Sparkassen. Dazu aufgerufen hatte die HBV, die „bis spätestens 1992 in Banken und Sparkassen das Gehaltsniveau westdeutscher Banken“ forderte. Bestand: Historisches Archiv des OSV, Sparkassenverband der DDR, Abt. Bildung, Personal, Sozialaufgaben: Zum Tarifrecht des öffentlichen Dienstes, Berlin, 10.06.1990, Akte HA-Bober, Tarifverhandlung 1990; Presseerklärung des Verbandes vom 21.12.1990, Akte ebd.; div. Protestschreiben von ostdeutschen Sparkassen-Angestellten an den Verband im Januar 1009, Akte ebd.; Aufruf zum Warstreik! Es geht um mehr Geld! HBV, [1991], Akte ebd.;  Arbeitsniederlegung bei Potsdamer Sparkassen, in: Berliner Zeitung, 47. Jg., 102. Ausg., 3.5.1991, S. 16. Streit um Ost-Sparkassenangestellte, in: Neue Zeit, 47. Jg., 110. Ausg., 14.5.1991, S. 1.

***Im Januar 1991 werden schließlich mit den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes (ÖTV und DAG) Ergebnisse erzielt, die den Weg einer „schrittweisen Übertragung der bei den westdeutschen Sparkassen geltenden“ manteltariflichen Regelungen des BAT – seit dem 1.10.2005 TVöD – ebnen. Damit „beginnt für die DDR-Sparkassen tatsächlich eine neue Ära des Tarifrechts“, so Werner Terpitz in der Sparkassenzeitung vom 24. Juni 1990. Wesentliche Teile des BAT werden übernommen sowie die Vergütungsstruktur, einschließlich der Tätigkeitsmerkmale für Sparkassen, ab dem 1. Juli 1991 eingeführt. Darauf aufbauend wird ein Anspruch auf 60 v. H. der westdeutschen Bezüge definiert. Dass es noch Jahre dauern würde, bis eine hundertprozentige Angleichung der Ost- an die West-Gehälter erfolgt, hätte seinerzeit wohl niemand für möglich gehalten. Erst 2008 wird – nun schon auf TVöD-Basis – die Anpassung in den Entgeltgruppen 1-9 vorgenommen; zwei Jahre länger müssen höher eingruppierte Angestellte der EG 10-15 warten. Schneller, und damit erfreulicher für die ostdeutschen Beschäftigen im Sparkassenbereich, wird die 40-Stunden-Woche umgesetzt. Sie gilt ab dem 1. Februar 1992. Auch die Urlaubsregelungen der westdeutschen Sparkassen werden im Osten bereits ab dem 1. Januar 1991 vollständig übernommen. Bestand: Historisches Archiv des OSV, Vermerk zum „Abschluß der Tarifverhandlungen über Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und Auszubildenden der ostdeutschen Sparkassen“, Bonn, 29. Januar 1991, Akte HA-Bober, Tarifverhandlung 1991 sowie Übersicht von Dr. Manuela Bober zu Tarifentwicklungen, Stand Juli 2020.

****Quellen: Berliner Zeitung, 46. Jg., 141. Ausg., 20.6.1990, S. 2; Neue Zeit, 46. Jg., 175. Ausg., 30.7.1990, S. 2; Neues Deutschland, 45. Jg., 175. Ausg., 30.7.1990, S. 3.

*****Quellen: Neues Deutschland, 45. Jg., 171. Ausg., 25.7.1990, S. 3. Zitat in: Neues Deutschland, 45. Jg., 177. Ausg., 1.8.1990, S. 6; Preisanstieg seit dem 1.7.1990: Berliner Zeitung, 46. Jg., 184. Ausg., 9.8.1990, S. 12; Neue Zeit, 46. Jg., 185. Ausg., 10.8.1990, S. 16.

  • © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes | Bild Helmut Geiger, 1980er Jahre, Quelle: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn

Die Mühen der Ebenen beginnen mit verlässlichen Partnern an der Seite

Blogserie, Teil 43

1990. In regelmäßigen Abständen wendet sich der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes persönlich an die Leiter der Sparkassen in der DDR. Was Helmut Geiger seit einem guten halben Jahr seinen ostdeutschen Kolleginnen und Kollegen mitteilt, hat Gewicht. Hilfsangebote, aufmunternde, aber auch mahnende Worte werden aufmerksam gelesen und zur Kenntnis genommen. Durch den engen Austausch mit dem Sparkassenverband der DDR weiß Geiger, welche Probleme in der jeweils aktuellen Situation gerade gelöst werden müssen.

Seit der ersten Kontaktaufnahme mit den Direktorinnen und Direktoren der DDR-Sparkassen, am 5. Januar 1990, hat sich in dem Land, das bald Geschichte sein wird, in kürzester Zeit fast alles verändert. Und auch die ostdeutsche Sparkassenorganisation hat sich im Eiltempo weiterentwickelt. Mit Unterstützung der westdeutschen Sparkassenfamilie gelang nicht nur die Abkopplung von der Staatsbank, sondern auch die Gründung eines eigenen Verbandes. Außerdem wurde ein Sparkassengesetz verabschiedet, das den Weg in die Marktwirtschaft ermöglicht, und mit der Währungsunion ein riesiger Berg Arbeit gewuppt. Alles in allem eine Halbjahresbilanz, die sich sehen lassen kann.

Geiger schreibt am 20. Juli 1990 anerkennend: „Wir waren sehr beeindruckt, mit welcher Ausdauer Ihre Mitarbeiter den starken Kundenandrang trotz der monatelangen Überbeanspruchung bewältigen.“ Er bekräftigt die westdeutsche Unterstützung bei der „gewaltigen Aufgabe der Umstellung auf einen marktwirtschaftlichen Bankenwettbewerb mit einer neuen Währung.“ Leider müsse man nun aber auch damit rechnen, „daß alle westdeutschen Banken ihre Marktanstrengungen noch weiter verstärken und dabei gezielt die derzeitige Überlastung der Sparkassen ausnutzen werden.“*

Bereits am 12. Juni bereitet Geiger in seinem Brief die Leiter der DDR-Sparkassen auf den harten Konkurrenzkampf mit den „großen westdeutschen Bankkonzernen“ vor. Diesem könne man nur gemeinsam begegnen. Daher mahnt er zur Geschlossenheit und Solidarität, rät von Alleingängen ab: „Zersplittern Sie sich, werden schon auf mittlere Sicht die konkurrierenden Banken die Gewinner sein.“ In diesem Zusammenhang verdeutlicht Geiger den Kollegen in der DDR, dass die westdeutschen Partnerinstitute „hohe Kosten und Personalbelastungen auf sich nehmen, ohne selbst wirtschaftliche Vorteile erwarten zu können.“**

Um die im Schreiben angesprochenen Hilfsleistungen längerfristig sicherzustellen und auf diese Weise zu EINER Sparkassenorganisation zusammenzuwachsen, beschließt die Außerordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes am 18. Juni 1990 in Frankfurt für die Haushaltsjahre 1990 und 1991 jeweils eine Sonderumlage in Höhe zweistelliger Millionenbeträge. Aus diesen Mitteln sollen nach der Währungsunion u. a. bis zu fünf fachlich versierte Mitarbeiter bundesdeutscher Sparkassen im Rahmen des „Personalentsendungsprogramms“ für jede der 196 DDR-Sparkassen finanziert werden.***

So ist die westdeutsche Unterstützung materiell abgesichert, um die Übergangszeit in die Marktwirtschaft gemeinsam anzugehen. Anknüpfend an diesen, für die Organisation historisch bedeutsamen, einstimmig gefassten Beschluss, kann Geiger am 20. Juni abermals auf das inzwischen bewährte Modell der Partnersparkassen verweisen. Er spricht fünf Punkte an, deren Ausgestaltung geschäftspolitisch relevant ist:

1.      Umgang mit Privatkunden

Die Sparkassen sollten hier rasch die neuen Anlagemöglichkeiten kommunizieren und konkrete Angebote unterbreiten – und zwar vor dem Abwerben durch westdeutsche Banken.****

2.       Betreuung der Firmenkunden

Im Mittelpunkt stehen die Kreditvergabe in der „schwierigen wirtschaftlichen Übergangsphase“ und die bessere Betreuung. Es könne nicht sein, so Geiger bereits am 12. Juni, „daß insbesondere Gewerbetreibende verärgert sind“, weil sie sich täglich zur Abwicklung ihres Geldverkehrs in langen Schlangen wiederfinden. Die Rentabilität der Sparkasse, so Geiger weiter, könne man nach dem 1. Juli nur sichern, „wenn Gewerbetreibende und die Sparer mit den größeren Einlagen in ausreichender Zahl gehalten werden können.“

3.      Maßnahmen der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit

Ziel ist die Wahrnehmung der Sparkassen als leistungsfähige und heimatverbundene Universalkreditinstitute durch eine veränderte optische Präsenz. DDR-spezifisches Informationsmaterial sollte bei Bedarf erarbeitet werden.

4.      Analyse der räumlichen Situation

Im Vordergrund steht für Geiger die verbesserte Platzsituation, um Kunden optimal beraten zu können. Auch sei es wichtig, sich enger mit den Kommunalverwaltungen abzustimmen. Denn es sei nicht hinnehmbar, „daß die interessanten Plätze von den DDR-Kommunen überwiegend westdeutschen Banken angeboten werden.“*****

5.      Neue Produktangebote

Wichtig sei nun, die Mitarbeiter so schnell wie möglich zu schulen. Das bedeutet, der Bedarf muss für das zweite Halbjahr 1990 ermittelt werden und eine enge Abstimmung mit den westdeutschen Sparkassenakademien erfolgen.******

Geiger ist sich sicher: „Die nächsten Monate werden darüber entscheiden, wie sich die Marktanteile im Finanzmarkt der DDR künftig verteilen werden.“ Daher appelliert er eindringlich: „Trotz Ihrer derzeitigen Überlastung [durch die Arbeiten mit der Währungsumstellung, d. A.] muß deshalb alles getan werden, um ein Abwandern Ihrer Kunden zu verhindern […] Gehen Sie deshalb auf Ihre Partnersparkassen zu und besprechen Sie mit ihnen die Maßnahmen, die notwendig sind, um die nächsten schwierigen Monate erfolgreich meistern zu können.“

Fortsetzung am 27.07.2020

———————–

*Geiger, Helmut: Schreiben an die Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen in der DDR, Bonn, 20.07.1990, Bestand: Historisches Archiv des OSV, Konvolut Horst-Dieter Hoffmann, D/13061/AUG.

**Geiger, Helmut: Schreiben an die Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen in der DDR, Bonn, 12.06.1990, Bestand: Historisches Archiv des OSV, Konvolut Horst-Dieter Hoffmann, D/13061/AUG.

***Ergebnisniederschrift über die Außerordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes am 18. Juni 1990 in Frankfurt. Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn, DSGV-Archiv Sign I. B/11/18 | Großsparkassen, die Ost-Berlin, Dresden, Leipzig und Chemnitz betreuen, können bis zu 15 Mitarbeiter im Rahmen des Personalentsendungsprogramms zur Verfügung stellen.

****Dass sich DM-Geldanlagen 1990 lohnen, unterstreicht auch Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl in einem Zeitungsinterview: „Wir erleben zur Zeit in der Bundesrepublik Deutschland bei den Kapitalmarktzinsen einen historischen Hochstand. Auch der Sparer in der DDR kann diese hohen Zinsen nutzen […] Die zu wählende Form des Sparens richtet sich natürlich auch nach dem individuellen Zweck: Soll für ein Auto oder für ein Haus oder für eine zusätzliche Absicherung im Alter gespart werden? In jedem Fall lohnt es sich zu sparen.“ Quelle: Sparen lohnt sich. In: Neue Zeit. 46. Jg. 142. Ausg., 21.6.1990, S. 6.

*****Ein Besuchsbericht aus Meiningen in Thüringen verdeutlicht exemplarisch, wie prekär die räumliche Situation vieler Sparkassen ist: „Die Sparkasse ist z. Z. in dem historischen Gebäude der Staatsbank in einer ungünstigen geschäftlichen Lage mit ebenso ungünstiger Parksituation untergebracht. In dem großen Gebäude erreicht man die völlig unzureichenden Sparkassenräume nur über einen Flur, in dem vorgelagert z. Z. moderne Räume für die Deutsche Bank eingerichtet werden. In dem Gebäude befindet sich neben der Bundesbankfiliale ein weiteres Kreditinstitut.“ Bestand: Historisches Archiv des OSV, Großmann, Bernd: Besuchsbericht Sparkasse Meiningen, 25.7.1990, Akte HA-76/2004.

******Diese Themen spielten auch schon in den drei Tagen vor Geigers Schreiben, an denen sich die Leiter der DDR-Sparkassen zu einem Erfahrungsaustausch trafen, eine große Rolle. Eine Reihe von Sparkassen präsentierte zum Punkt drei sogar schon „prägnante Beispiele“. Der Sparkassenverband der DDR traf in Auswertung des Erfahrungsaustauschs umfangreiche Festlegungen, um die Sparkassen optimal beraten und unterstützen zu können. Hilfreich dabei waren, neben den regelmäßigen Treffen mit Vertretern des Dachverbandes, einige Grundsatzpapiere von Bernd Großmann. Er war bis zum 31. Juli 1990 ständiger Vertreter des DSGV beim DDR-Verband und analysierte dort die aktuelle Situation. Seine Erkenntnisse nutzte Großmann für Empfehlungen zum weiteren Vorgehen. So zum Beispiel zu einer möglichen Anlagenpolitik der DDR-Sparkassen, um wirtschaftlich ausgewogen zu agieren, oder auch zur Aktivierung der Verbandsarbeit, um den erkennbaren „vielschichtigen Beratungs- und Betreuungsbedarf“ abdecken sowie eine „Zunahme der geschäftlichen Betätigung der Sparkassen im Markt“ unterstützen zu können. Bestand: Historisches Archiv des OSV, Sparkassenverband der DDR: Erfahrungsaustausch mit den Direktoren der Sparkassen in Leipzig und Berlin, 17.-19.7.1990, Einladung und Festlegungen in Auswertung der Beratung. Akte HA-75/2004 sowie div. weitere Dokumente Akte HA-76/2004.

—–

Zum Titel: Sie werden es bemerkt haben: Es handelt sich um einen Teil viel zitierter Brechtzeilen: „Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns / Vor uns liegen die Mühen der Ebenen.“ Doch das Gedicht „Wahrnehmung“ aus dem Jahr 1949 hat mehr zu bieten, als diese zwei Zeilen … Wenn Sie Lust auf „mehr“ haben und Poesie sowieso lieben, dann sei an dieser Stelle sehr empfohlen: Lyrik der DDR, zusammengestellt von Uwe Berger und Günther Deicke, Berlin, Aufbau-Verl., 1974. Auf Seite 37 finden Sie das Gedicht in Gänze!

  • Die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG bringt 1990 das Bausparen zurück nach Ostdeutschland. Fortan gilt auch hier der 1970 entstandene Slogan: "Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause - LBS". : © Historisches Archiv des OSV

  • Die jüngste deutsche Landesbausparkasse hat ihren Sitz in Potsdam, Am Luftschiffhafen 1. Seit 1993 ist sie eine 100%ige Tochter des Ostdeutschen Sparkassenverbandes und seiner Mitgliedssparkassen. : © Historisches Archiv des OSV

  • Mittlerweile ist die LBS Ost „30 Jahre Zuhause in der Region“. Zum Jubiläum gibt es eine ganz besondere Aktion: Für jeden abgeschlossenen Bausparvertrag im Jahr 2020 wird ein Euro an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gespendet und damit ein Beitrag zum Erhalt der regionalen Umwelt geleistet. : © Jubiläumsbanner an der MBS Arena Potsdam, Historisches Archiv des OSV

Eigenes Heim, Glück allein – Bausparen ist wieder möglich

Blogserie, Teil 40

Mit der neuen Währung ist ab dem 2. Juli 1990 der Abschluss eines Bausparvertrages auch in der DDR möglich. Der Minister für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft, Axel Viehweger, unterzeichnet symbolisch drei Tage zuvor auf einer Pressekonferenz in Berlin den ersten Vertrag des Landes. Damit gibt er den Startschuss für eine ganz neue, zielgerichtete Sparform in der DDR, die gleichzeitig zur Vermögensbildung gut geeignet ist. Mitteilen kann er den Journalisten an diesem historischen Tag, dass der Ministerrat staatliche Fördermaßnahmen für das Bausparen beschlossen hat. In Aussicht gestellt werden in Analogie zum bundesdeutschen Bausparen, jedoch mit zusätzlichen Anreizen für einen begrenzten Zeitraum, etwa Prämien und Steuervergünstigungen sowie ab 1991 eine Arbeitnehmersparzulage. Zinsverbilligungen um drei Prozent für Vor- und Zwischenkredite sollen den Beginn der Bau- und Modernisierungsaktivitäten beschleunigen.*

„Mit den DDR-Sparkassen haben wir den Start gut vorbereitet“, erklärt der Geschäftsführer der Landesbausparkasse Münster in einem Zeitungsinterview zehn Tage zuvor.** So würden im Rahmen der Partnerschaften den 196 DDR-Sparkassen westdeutsches Know-how und die notwendige Technik zur Verfügung gestellt. Auch die Rahmenbedingungen stimmen: Denn die damals zwölf Landesbausparkassen (LBS) der Bundesrepublik und der Sparkassenverband der DDR schaffen mit der „LBS-Beteiligungs-GmbH“ die gemeinsame Grundlage für eine neue Landesbausparkasse, die mit der Währungsunion ausschließlich auf dem Territorium der DDR aktiv wird. Für die Kunden bedeutet das: Sie bekommen einen eigenen Spartopf.***

Warum das so wichtig ist, wird deutlich, schaut man sich das Geschäftsmodell näher an: In einem Vertrag legen Kunde und Sparkasse eine Gesamtbausparsumme fest. Daraufhin folgt eine Zeit des Ansparens mit ganz individuellen regelmäßigen Raten und/oder Sonderzahlungen. Ein Zinssatz zwischen 2,5 und 4 Prozent ist 1990 für das Guthaben festgeschrieben. Anschließend beginnt nach einer bestimmten Wartezeit die Zuteilungs- und Darlehensphase. Im Westen warten zu dieser Zeit Sparer der Landesbausparkassen etwa 55 Monate auf die Zuteilung, für den Osten werden nur 44 Monate prognostiziert.**** Damit DDR-Bausparer nicht etwa durch ihre angesparten Mittel die Wartezeit der Bundesbürger verkürzen, bleibt ihr Geld im „eigenständigen Bausparkollektiv“ bei der neu gegründeten Landesbausparkasse. Am Ziel angelangt, erhält der Bausparer zu seinem angesparten Guthaben ein fest – und gegenüber dem seinerzeit üblichen Marktzins von 8 bis 9,5 Prozent ein eher niedrig verzinstes Darlehen. Darin besteht der eigentliche Vorteil des Modells. Berücksichtigt man die attraktiven Förderprogramme des Staates ergeben sich weitere Vorzüge des Bausparens.

Zahlreiche Pressebeiträge klären bereits vor der Währungsunion die Bevölkerung der DDR über das System des Bausparwesens auf.***** Doch wieso ist gerade dieses Finanzprodukt von so großem öffentlichen Interesse? Ein Blick in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bringt Klarheit. Denn das Bausparen wird hier zur volkswirtschaftlichen Erfolgsgeschichte:

Nach dem Krieg war das Ausmaß zerstörten Wohnraums groß. 40 Prozent des Bestandes war betroffen, sodass der Wohnungsbau in der Wiederaufbauphase schnell in Gang gebracht werden musste. Waren es 1950 erst 300.000 Bausparverträge, stieg die Zahl in den folgenden Jahrzehnten rasant an. 1980 bestanden bereits mehr als 22 Millionen, 1990 sind es schließlich 26 Millionen Verträge mit einem Volumen von ca. 900 Milliarden D-Mark. Bis 1990 beteiligten sich die bundesdeutschen Bausparkassen an der Finanzierung von ca. zehn Millionen Wohnungen. Jeder zweite Haushalt verfügt 1990 über einen oder mehrere Bausparverträge. Die daraus resultierenden Mittel werden bei fast 80 Prozent der Eigenheime bzw. Eigentumswohnungen eingesetzt. Staatliche Förderungen tragen zur weiten Verbreitung und damit zum Erfolg des bundesdeutschen Bausparens wesentlich bei.

Eine ähnliche Entwicklung erhofft man sich nun auch in der DDR. Denn der Wunsch vieler Ostdeutscher nach den eigenen vier Wänden wird im Rahmen der absehbaren Preissteigerungen für Mieten als Potential erkannt. Hinzu kommt, dass Experten das Investitionsvolumen auf ca. 200 bis 500 Milliarden D-Mark schätzen, um den maroden Wohnungsbestand der DDR wieder auf Vordermann zu bringen. Jede zweite Wohnung von insgesamt sieben Millionen muss laut DDR-Bauministerium saniert werden. Kaum noch bewohnbar sind nach bundesdeutschen Maßstäben 1,5 Millionen Wohnungen. Insgesamt weisen etwa 80 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes Mängel auf, die einer Behebung bedürfen. Um Sanierung, Modernisierung und Schaffung von Wohneigentum 1990 rasch und im großen Stil voranbringen zu können, ist neben dem staatlichen Wohnungsbau die Mobilisierung von privatem Sparkapital unverzichtbar. Wichtig dabei ist, so auch mahnende Worte in dieser Zeit, dass man die eigenen Sparmöglichkeiten richtig einzuschätzen weiß. Denn der Traum vom eigenen Heim soll am Ende ja nicht zum Albtraum werden.******

Fortsetzung am 06.07.2020

———————–

*Gelder aus dem Staatssäckel als Anschub für Bausparen, in: Neues Deutschland, 45. Jg., 150. Ausg., 30.6.1990, S. 3; Attraktive Bausparförderung nun auch in der DDR, in: Neue Zeit, 46. Jg., 157. Ausg., 9.7.1990, S. 4.

**Bereits auf der Gründungsversammlung des Sparkassenverbandes der DDR am 20. März 1990 rät der soeben gewählte Präsident, Rainer Voigt, zur schnellstmöglichen Bildung einer Landesbausparkasse der DDR. Das Bausparen sollte nicht allein der Konkurrenz überlassen werden, so Voigts Begründung. Quellen: Bausparen aus einem Topf?, in: Neues Deutschland, 45. Jg., 140. Ausg., 19.6.1990, S. 6 (Zitat); Leistungen der Sparkassen nicht länger gebührenfrei?, in: Neues Deutschland, 45. Jg. 68. Ausg., 21.3.1990, S. 3.

***Schauen wir auf 1990 zurück, so bestanden insgesamt noch 30 Bausparkassen in der Bundesrepublik Deutschland, 18 private und 12 öffentliche. Heute sind es laut Verbandsangaben noch 18. Darunter acht Landesbausparkassen, zu denen auch die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG als jüngste gehört. Sie blickt in diesen Tagen auf drei erfolgreiche Jahrzehnte zurück. So sind bis Ende 1991 bereits 156.000 Bausparverträge mit einer Summe von 5,1 Milliarden D-Mark abgeschlossen und am 31. März 1992 das erste Bauspardarlehen zugeteilt. Sieben Jahre später wird der einmillionste Bausparvertrag im sächsischen Pleißa unterzeichnet. Nach 25 Jahren hat die jüngste bundesdeutsche Bausparkasse rund 66.000 Immobilien im Wert von über 6,4 Milliarden Euro seit ihrer Gründung vermittelt. Im Laufe der Zeit baute die LBS-Ost ihre Marktführerschaft im Geschäftsgebiet stetig weiter aus. Quellen: div. Geschäftsberichte der LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG; 25 Jahre LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG, Oschersleben 2015; 25 Jahre Verbandsarbeit für ostdeutsche Sparkassen, Berlin 2016.

****Bausparen aus einem Topf?, in: Neues Deutschland, Jg. 45, Ausg. 140, 19.6.1990, S. 6; Eignes Heim und eigner Herd sind in Zukunft des Bausparens wert, in: Neue Zeit, 46. Jg., 148. Ausg., 28.6.1990, S. 3.; Dass Wartezeiten durchaus auch höher liegen können, zeigen Zahlen der privaten Bausparkassen von 1989: BHW – 74 Monate, Schwäbisch Hall – 61 Monate, Wüstenrot – 57 Monate, bei einem Standardvertrag mit 40 Prozent geleisteter Ansparsumme. Quelle: Vom „Auferstanden aus Ruinen“ zum Schaffe, schaffe, Häusle baue, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 171. Ausg., 25.7.1990, S. 3.

*****Die Berliner Zeitung widmet sich in der Reihe „Berliner Magazin“ am 30. Juni 1990 sogar ganzseitig dem Thema Bausparen. Neben Erläuterungen des Modells und einem Geschichtsabriss, gibt es auch Beispielrechnungen für eine Modernisierung bzw. für den Erwerb eines Hauses mithilfe eines Bausparvertrages sowie eine umfassende Übersicht von A bis Z, die aufzeigt, dass das Produkt dem Sparer viele Möglichkeiten eröffnet. Außenkamine, Garten, Küche, Malerarbeiten, Türen, Zentralheizungen und andere Dinge mehr lassen sich über diesen Weg sehr gut finanzieren.

******Dass die Mahnungen 1990 nicht unbegründet waren, verdeutlichen die wirtschaftlichen Verhältnisse: Nach der Währungsunion liegt das durchschnittliche Haushaltseinkommen in der DDR von zwei arbeitenden Erwachsenen bei knapp 2.100 D-Mark und das durchschnittliche ersparte Geldvermögen bei etwa 8.000 D-Mark pro Bürger. Im Vergleich dazu betragen das durchschnittliche Monatseinkommen eines vierköpfigen bundesdeutschen Haushaltes 4.118 D-Mark und das durchschnittliche Sparguthaben pro Kopf 45.000 D-Mark. Quellen zu den Daten und Fakten: Berliner Magazin „Bausparen“, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 150. Ausg., 30.6.1990, S. 22; Vom „Auferstanden aus Ruinen“ zum Schaffe, schaffe, Häusle baue, in: Berliner Zeitung, 46. Jg., 171. Ausg., 25.7.1990, S. 3.;  Berndt, Holger: Bausparen in der DDR, in: Sparkasse, 107. Jg., Nr. 6, 1990, S. 266; Mehr historische Informationen zum Thema Wohnen.

  • 30 Jahre Währungsunion - Zeitzeugengespräch mit Ralf Braun, Vorstandsmitglied der Sparkasse Spree-Neiße : © OSV

  • Eine der größten Herausforderungen war, die Warteschlangen zu bewältigen. Also die Währungsumstellung, die organisiert war, auch zu realisieren. Schon morgens gab es teilweise Menschenschlangen von 200 bis 300 Metern – für mich war das unfassbar, erinnert sich Ralf Braun an den Sommer der Währungsumstellung 1990. : © Sparkasse Spree-Neiße

Gekommen, um zu bleiben – Erinnerungen an 1990

Dass sich dieses Land wiedervereinigt
und zwei unterschiedliche Währungssysteme aufeinandertreffen,
das war für mich faszinierend.
Ralf Braun, Vorstandsmitglied der Sparkasse Spree-Neiße

Blogserie, Teil 39

Mit 23 Jahren machte sich Ralf Braun auf den Weg in die DDR. Zum ersten Mal in seinem Leben.  Ziel war die Stadt- und Kreissparkasse Cottbus. Dort wartete man schon auf den jungen Bankkaufmann aus Aachen und freute sich auf seine tatkräftige Unterstützung. Wie Ralf Braun sein Ankommen zwei Tage vor der Währungsumstellung erlebte und welche anschließenden Herausforderungen er für die Sparkasse sah, erzählte er uns in einem Zeitzeugengespräch.*

Herr Braun, wie sind Sie auf die Idee gekommen, in den Osten zu gehen?

Vorweg sei gesagt: Ich lege großen Wert darauf, dass ich keiner von den vielen Glücksrittern bin, die mit einem anderen Grad an Motivation und Hintergrund in die DDR kamen, als ich das jetzt von mir behaupten möchte.

Am 29. Juni 1990 bin ich nach Cottbus gekommen. Durch Seminare des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. sind wir mit der besonderen Situation im Osten vertraut gemacht worden.** Ich persönlich hatte zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Karriereabsichten. Vielmehr war es so, dass es für mich als Mensch, der sozialisiert wurde im kalten Krieg, der mit einem eisernen Vorhang aufgewachsen ist – also in einer vollkommen anderen Welt lebte – ein phänomenales Ereignis war. Dass sich dieses Land wiedervereinigt und zwei unterschiedliche Währungen aufeinandertreffen – konvertierbare und nicht konvertierbare –, das war für mich faszinierend.

Wie sah Ihre Unterstützung zur Währungsunion konkret aus? Vom „Schlange stehen“ einmal abgesehen, hat man als Kunde nicht viel davon mitbekommen, was in den Sparkassen tatsächlich an Arbeit alles angefallen ist.

Ich muss ja eines sagen: Die Mitarbeiter hier habe ich als äußerst engagiert, offen, dynamisch und wissbegierig kennengelernt. Die Währungsumstellung war bereits perfekt vorbereitet. Ich kam hier zwei Tage vorher an, das heißt, ich kam am „heißesten Punkt“ mit dazu. Jeder Westdeutsche, der behauptet, er hätte die Währungsumstellung gemacht, der sagt nicht die Wahrheit. Denn die Vorbereitung geschah schon Monate vorher. Zwei Tage vorher konnte man vielleicht noch ein paar kleinere Anregungen geben, was den Auszahlungs- und Umstellungsprozess anbelangt. Aber die Währungsumstellungsanträge der Bürger waren längst gestellt und wurden ab dem 1.7. umgesetzt.

Die Aufgabe nach dem 1. Juli war vielmehr, das wurde mir sehr schnell bewusst, die Währungsumstellung so schnell wie möglich abzuwickeln. Die Politik hatte der Sparkassenorganisation, und insbesondere den Sparkassen der DDR, quasi das gesamte Projekt übergeholfen. In diesem Punkt werde ich auch nicht müde, diesen Fakt immer wieder zu betonen. Die Wettbewerber stellten ihre frisch angemalten Container hin und hatten Null Aufwand mit den Umstellungsarbeiten. Sie öffneten mit Satellitenschüsseln auf ihren Containern und taten so, als ob es eine Filiale in München, Hamburg oder sonst wo wäre. Dann fischten sie sich gleich aus den Warteschlangen die Sparkassenkunden, um mit ihnen Bankgeschäfte abzuschließen.

Und wir? Etwa ein halbes bis zu einem Jahr hatte jede Sparkasse zu tun, die Folgewirkungen der Währungsumstellung zu bewältigen. Das war eine gigantische Aufgabe. Ich kann mich noch sehr gut an eine Geschichte erinnern, zu der sich ein Bild tief in mir eingeprägt hat: Als mich der damalige Sparkassendirektor in der alten Hauptstelle empfing und die Seitentür öffnete, lagen bis unter die Decke gestapelt auf den vielen Stufen der großen Treppenanlage die Umstellungsanträge. Wenn die Tür aufging, flogen sie auch teilweise herum. Für einen Banker, der mit Diskretion, Seriosität und Zahlenaffinität quasi „auf die Welt gekommen ist“, war das natürlich ein Kulturschock – einer der wenigen übrigens. Trotzdem ist alles gut gegangen. Kein Antrag ging damals verloren.

Was betrachten Sie rückblickend als größte Herausforderung?

Eine der größten Herausforderungen war, die Warteschlangen zu bewältigen, also die Währungsumstellung, die organisiert war, auch zu realisieren. Schon morgens gab es teilweise Menschenschlangen von 200 bis 300 Metern – für mich unfassbar. So etwas hatte ich vorher in meinem Leben noch nie gesehen. Die Leute waren anfangs durchaus geduldig. Doch nach zwei bis drei Wochen, als sie ihre Erfahrungen in der neuen Welt gesammelt hatten, änderte sich das. Die Bereitschaft, sich stundenlang anzustellen, nahm von Tag zu Tag immer mehr ab. Da gab es auch unschöne Szenen.

So ist zum Beispiel in einer völlig überfüllten Halle einmal jemand umgekippt. Ich saß gerade beim Direktor im Büro. Eine Kollegin kam und rief: „Herr Braun, Herr Braun, rufen Sie schnell die SMH!“  Ich wusste nicht, was sie von mir wollte und entgegnete: „Bitte sagen Sie mir, was die SMH ist.“ Sie antwortete: „Na die Schnelle Medizinische Hilfe.“ Ich entgegnete: „Sie meinen also einen Rettungswagen?“ – Als das dann geklärt war, habe ich natürlich sofort angerufen.

Solche Themen hatte man in der Folgezeit laufend. Ich verbrachte dann auch mal mehrere Tage bei den Wartenden vor der alten Hauptgeschäftsstelle. Gemeinsam mit einer Kollegin versuchte ich, die Menschen zu beruhigen. In glühender Hitze verteilten wir auch Getränke.

Wie müssen wir uns das vorstellen, nahmen die Menschenschlangen denn nicht ab?

Nein, für ca. 14 Tage nicht. Vielleicht nahmen sie mal 20 oder 30 Meter ab. Aber ansonsten jeden Morgen dasselbe Bild. Erst als die Bargeldlogistik durch war, beruhigte sich die Situation.

Apropos Bargeld: Gab es eigentlich Schwierigkeiten, die neue D-Mark in die ländlichen Sparkassenfilialen zu transportieren?

Wir sind da sehr pragmatisch vorgegangen. Logistische Themen gab es natürlich immer. Dann haben wir Wartburg, Trabi oder Lada genommen und sind losgefahren, um das Geld zu verteilen. Das war für mich auch das Reizvolle an der Aufgabe. Es gab Dinge, die untypisch waren. Aber sie mussten gelöst werden. Ich bin natürlich ebenfalls losgefahren und habe Geld verteilt – ohne Bewachung, ohne alles.

Damals hatte ich einen MINI Cooper und viele sagten: „Mensch, Ihr Auto ist ja noch kleiner als unser Trabi!“ – Leider waren die Autobahnen so schlecht, dass das nicht lange gut ging. Nachdem ich also mit dem MINI Cooper das Bargeld in der Gegend umhergefahren habe, war irgendwann die Platte vollkommen verschoben. Außerdem setzte ich immer auf, weil der Wagen so flach auflag.

Wie ging es nach dem 1.7. dann weiter?

Die Fragen in der zweiten Phase nach der Währungsumstellung lauteten: Wie stellen wir die Sparkassen auf einen marktwirtschaftlichen Kurs um? Wie sorgen wir dafür, dass der Privatkunde mit Beratungsbedarf, der keine Zeit und Lust hat, sich lange anzustellen, auch gut bedient wird? Wie bauen wir die Kundenberatung auf und welche Produkte bieten wir an? Wie sorgen wir dafür, dass die Einlagen möglichst in der Sparkasse bleiben?

Das waren unsere vordringlichsten Aufgaben, unmittelbar nach Einführung der D-Mark in der DDR. Alle Fragestellungen gingen fließend ineinander über. Daher bauten wir zuerst eine Kundenberatung auf. Für zwei Wochen betätigte ich mich mal eben schnell als Berater. Für die Kunden aus dem Spreewald, die stark einlagenlastig waren und daher unsere Passivseite der Bilanz abbildeten, machten wir einen Sonderschalter auf. So versuchten wir, diese Einlagen bei uns zu halten.

Offensichtlich war außerdem: Es gibt einen Mangel an Raum. Um Diskretion und vertrauliche Beratungsgespräche zu ermöglichen, fehlten Flächen. Den Bedarf, der damals gedeckt werden musste, empfinden Kunden heute als Standard. Wir hatten ca. sieben bis acht Filialen und sind dann schnell auf 23 gegangen, was sehr gut war und gebraucht wurde.

Die Kundenberatung war ja auch mit neuen Produktangeboten in der DDR verbunden. Wie haben die Kunden diese angenommen? Musste der Bedarf erst geweckt werden?

Ja, die Neugier war da; auch der Wissensdrang war groß. Aber es gab keine Selbstläufer. Mit Ausnahme von KNAX vielleicht. Damit sind wir 1990 gestartet im Tierpark Cottbus. An dem Tag gab es einen echten Besucherrekord. Innerhalb von einer Woche hatten wir 10.000 Kinder als Mitglieder. Damit war unser KNAX-Club einer der größten in Deutschland. Diesen Erfolg hat mir auf Sparkassen-Tagungen kein Mensch geglaubt. Aber eine KNAX-Mitgliedschaft hat eben auch eine große emotionale Komponente für die Kinder. Und für unsere Sparkasse war das der Startpunkt für unser sehr solides Fundament im Jugendmarkt. Bis heute ist der KNAX-Club die beste Basis für eine langjährige, vertrauensvolle Kundenbeziehung.

Bei allen anderen Produkten war das nicht so. Denn bei Bankdienstleistungen – egal ob Ost oder West – ist keine Emotionalität vorhanden. Das ist typisch für unser Geschäft. Es ist eben kein Auto. Es geht höchstens um Absicherung von Risiken, um die Altersvorsorge und so fort.

Wo Emotionalität tatsächlich spürbar wurde, das war beim Wohnungsbaukreditgeschäft und beim Unternehmertum. Beides hat sich explosionsartig entwickelt und die Umsetzung war zu diesem Zeitpunkt sehr anspruchsvoll. So gab es zum Beispiel bei den Kunden, die sich selbständig machen wollten, keine Erfahrungswerte zu ihren unternehmerischen Qualifikationen. Auch war ihr Eigenkapital gleich Null. Es musste also eingeschätzt werden: Ist der Mensch dir gegenüber ein Unternehmertyp? „Ja“ oder eher „Nein“? Für uns ist das ein Risikogeschäft gewesen.

Beim Wohnungsbaukreditgeschäft stand der Wunsch nach einem eigenen Haus, nach Umbauten und Sanierungen im Vordergrund. Diese Geschäfte haben sehr viel Spaß gemacht. Denn die Kunden waren froh, Kredite zu bekommen.

Herr Braun, haben Sie zum Schluss noch eine Anekdote für uns aus der Anfangsphase?

Da gibt es viele Geschichten. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an folgende: Etwa 14 Tage nach der Währungsumstellung haben wir an einem Wochenende entschieden, dass wir uns die nicht besonders kundenfreundlichen Schalteraufsätze vornehmen und die gesamte Aufbaustruktur ändern. Erdacht, getan. Mit allen Männern, die in der Sparkasse vorhanden waren, schraubten wir die Aufsätze der Schalter 1-25 ab. Anschließend gestalteten wir Bereiche für Firmenkunden und für Privatkunden, wobei wir letztere nach Buchstaben gruppierten.

Als die Angestellten dann am Montag kamen, wurden sie erst eine halbe Stunde vor der Öffnung eingeweiht. Das war für einige ein Schock: Plötzlich war ihr Schutzschalter weg und sie waren nun von Kopf bis Fuß zu sehen. Die Face-to-Face-Situation war anfangs für einige nur sehr schwer umzusetzen. Uns ist sogar jemand umgekippt wegen der Neuerung. Aber: Innerhalb von nur zwei Wochen hat sich schlagartig der gesamte Kleidungsstil verändert. Niemand wollte etwa mit Schürze oder dergleichen dort sitzen. Das zeigt, wie schnelllebig diese Zeit war. Manchmal mussten über Nacht Lösungen gefunden werden. Gewaltige Veränderungen waren das damals.

Fortsetzung am 02.07.2020

————————–

*Ralf Braun ist seit Januar 2004 Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Spree-Neiße und seit nunmehr 30 Jahren im Osten der Republik zu Hause. Nach Lehre und Grundwehrdienst kam er 1990 im Rahmen des „regionalen Partnerschaftsprogramms“ der westdeutschen Sparkassenorganisation nach Cottbus. Die Sparkasse hatte großen Bedarf. Denn der Bezirk war noch „unterversorgt“, was die personelle Hilfe anbelangte, so die Feststellung auf dem Koordinatorentreffen Mitte Mai 1990.

Nachdem die Präsidenten der Regionalverbände Ende Mai und die anschließende außerordentliche Mitgliederversammlung am 18. Juni der zweiten Phase der personellen Hilfe zugestimmt hatten, die über die Währungsunion hinaus eine längerfristige Entsendung von rund 600 Fachkräften westdeutscher Sparkassen ab Juli 1990 sowie die Kostenübernahme vorsah, stand der kontinuierlichen Aufbauunterstützung in Ostdeutschland nichts mehr entgegen.

Auch Ralf Braun blieb nach der Währungsumstellung. In der ersten Zeit arbeitete er als persönlicher Referent des Vorstandes. Seine Aufgabenschwerpunkte waren vielfältig und betrafen neben der Aufbauorganisation der Sparkasse, auch Aus- und Fortbildung, die Neueinführung der Passiv-Produktpalette sowie die gesamte Vertriebspolitik mit Geschäftsstellennetz. Unter seiner Leitung wurden viele wichtige Projekte ein Erfolg, wie die Fusion der Sparkassen Cottbus, Forst, Guben und Spremberg zur Sparkasse Spree-Neiße zum 01.01.1995 und die anschließende Gestaltung des Corporate Design für das neue Haus. Nach der Fusion übernahm er als Marktbereichsdirektor die größte Marktdirektion in Cottbus. Zahlreiche Weiterbildungen und Führungsaufgaben qualifizierten ihn schließlich für die verantwortungsvolle Aufgabe als Vorstandsmitglied für den Marktbereich seit dem 01.01.2004.

Quellen: Vermerk über die Zusammenarbeit mit den DDR-Sparkassen – Koordinatorentreffen am 15./16. Mai 1990 in Berlin, Bonn, 21. Mai 1990; ZZI Ralf Braun, 12.05.2011, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-75/2004; Niederschrift über die Verbandsvorsteherkonferenz am 28./29. Mai 1990 in Berlin; Ergebnisniederschrift über die Außerordentliche Mitgliederversammlung des deutschen Sparkassen- und Giroverbandes am 18. Juni 1990 in Frankfurt/Main, Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn.

**Seminare bereiteten die westdeutschen Sparkassenangestellten auf ihren Einsatz in der DDR vor. Der Dachverband gab „Informationen für die Sparkassenarbeit in der DDR“ heraus. Im Vorwort dankt er den freiwilligen Helfern und unterstreicht: „Die Umorientierung auf eine Marktwirtschaft ist eine ungewohnte und zugleich ungeheure Aufgabe für die Kolleginnen und Kollegen in der DDR. Die Unterstützung der westdeutschen Mitarbeiter ist deshalb wichtig, weil Erfahrungen im Umgang mit Wettbewerbern und mit ratsuchenden Kunden in der DDR bisher nicht gesammelt werden konnten. Auch die Erweiterung der Produktpalette, die betriebswirtschaftliche Steuerung der Häuser sind neue Aufgaben […] Wir bitten Sie, an diese neuen Aufgaben mit Einfühlungsvermögen und Verständnis für die andersartigen Bedingungen in der DDR heranzugehen.“ Quelle: Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-Günther 9/2004.