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Der Weltspartag ist für mich …

eine never-ending story. Allen Unkenrufen zum Trotz ist dieser rhythmisch wiederkehrende, ganz besondere Aktions- und Marken-Tag Ende Oktober nach wie vor präsent. Mit großen Schritten steuert er nun auf sein Hundertjähriges im Jahr 2024 zu. Zweifel an seinem Fortbestehen kommen nicht auf, blickt man auf seine interessante Rezeptionsgeschichte.

Inhaltlich gesehen, war er über die Jahrzehnte mehr als erfolgreich. Denn der Spargedanke ist tief verankert in der Bevölkerung. Insbesondere in Krisenzeiten werden Rücklagen verstärkt gebildet, was die Zahlen zur Entwicklung der Spareinlagen eindrucksvoll belegen. Allein im „Coronajahr“ 2020 stieg die Sparquote in Deutschland laut Statistischem Bundesamt auf 16,3 Prozent. Dass von 100 Euro Einkommen mehr als 16 Euro auf die „hohe Kante“ gelegt wurden, hat Rekordniveau. Betrachtet man Europa insgesamt, so ist festzuhalten, dass die Menschen sparen und mit etwa 27,3 Billionen Euro im Jahr 2020 sogar „so reich wie nie“ waren. Wenn auch die Vermögenslage auf den Einzelnen bezogen unbedingt differenziert zu betrachten ist, bleibt doch ein allgemeingültiges Fazit: „Sorge um die Zukunft“ bedeutet in ihrer Konsequenz „Sparen“ und damit Vorsorgen für schlechte Zeiten.

Aber auch formal gesehen, das heißt mit reinem Bezug zum Wort, oft verbunden mit allerlei Kindheitserinnerungen, hat der Weltspartag viel zu bieten. Ja, er hat nicht nur Einzug in die Fachliteratur gehalten und wurde mit einer Dissertation* bedacht, die – nebenbei erwähnt – auch Zahlen korrigierte, die lange fälschlicherweise im Umlauf waren, sondern ihm wurde und wird in der Gegenwartsliteratur auch ein schönes, die Zeiten überdauerndes Denkmal gebaut. So nimmt uns zum Beispiel Claus Hant als Erfinder des „Bullen von Tölz“ in seinem kurzweiligen Krimi „Weltspartag“ von 2007 mit in die Welt der Banker. Ein Mord ist aufzuklären, denn der Leiter der Kreditabteilung der örtlichen Genossenschaftsbank wurde erschossen. Mutter Resi fürchtet um ihr Erspartes. Es gibt also viel zu tun für den Polizisten.

Eine, wie ich finde, der schönsten Anekdoten rund um den Weltspartag stammt von Wladimir Kaminer. In seinem Buch „Ich bin kein Berliner: Ein Reiseführer für faule Touristen“ von 2010 beschreibt er in „Berliner Musik“ das Unterwegssein „an einem besonderen Tag“ – dem Weltspartag. Mit seinem so typischen, unverwechselbar lakonischen Humor bringt er die konträren Lebenswirklichkeiten in West und Ost auch bei diesem Thema wunderbar auf den Punkt. So erfährt der Leser, wie wichtig dieser Tag „schon immer“ in Westdeutschland und Westberlin war, und wie anders es sich doch in der DDR oder der Sowjetunion damit verhielt:

In Ostdeutschland gab es immer mehr Geld als Waren, deswegen war die gesamte Geschichte der DDR ein einziger langer Weltspartag. Bei uns in der Sowjetunion gab es weder Geld noch Waren, also blieb uns dieser Festtag des Sparens erspart.

Mit derbem Witz wartet auch der Kabarettist und Autor Stephan Franke auf. In „Der Kenner stirbt im Frühling, eine fantastische Bestattersatire“ wird unter anderem von einem überforderten Filialleiter berichtet, der mit den Werbemaßnahmen zum Weltspartag so gar nichts anzufangen weiß, von der Zentrale und ihren Vorgaben einfach nur genervt ist. Er soll sich um nichts weniger kümmern als um die zwei Geldsäcke tragenden Sparzwerge Dispo und Giro. Beide sollen jeweils ein rotes bzw. grünes Zipfelmützchen tragen. Doch die fehlen in der Lieferung des Werbematerials und müssen nun mühsam gebastelt werden. Am Ende erinnern die Zwerge jedoch eher an ständig in sich zusammensackende Mafiosi, die „mit ihren grimmigen Mienen sicher nicht dazu beitrugen, dass unsere Jüngsten zum frohen Befüllen ihrer Spardosen animiert werden können.“

Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche Autoren, die von ihren Kindheitserlebnissen am Weltspartag ganz neutral, manchmal sogar etwas melancholisch in ihren Geschichten berichten. Auf diese Weise lässt sich, auch wenn man den Weltspartag als Kind nie selbst erlebt hat, etwas vom Flair dieses besonderen Tages erahnen: Geschmückte Filialen mit gut gelaunten Angestellten und fröhlicher Kundschaft, aufgeregte Kinder, die ihre vollen Sparschweine leeren und vielleicht ihr erstes Sparbuch erhalten, Münzzählmaschinen im Dauereinsatz und Geschenke über Geschenke. 

Wo darf der Weltspartag natürlich auch nicht fehlen? Ganz klar in Ratgebern rund um allerlei Spartipps und in Unterrichtsmaterialien, wo zum Beispiel Lückentexte in Deutsch auszufüllen oder Aufgaben zu Guthaben, Zinsen, Ausgaben und mehr in Mathe zu lösen sind.

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*Lesetipp, wenn man das Thema „Weltspartag“ in all seinen Facetten kennenlernen möchte: Belvederesi-Kochs, Rebecca Raffaela: Zwischen „moralischer Anstalt“ und vertriebsorientiertem Finanzdienstleister. Die Organisationskultur der Sparkassen unter besonderer Berücksichtigung des Weltspartags. Aachen, 2010. Zugl.: Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2010 | Erster Internationaler Sparkassenkongress 1924 in Mailand – Teilnahmezahlen (S. 68): ca. 7.260 Sparkassen aus 27 Nationen, überwiegend aus Europa, mit insgesamt 352 Delegierten.

  • Werbung für plombierte Heimspardosen um 1950 : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • Werbewagen mit Heimsparbüchse zum Weltspartag 1953 : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • 1955 stehen für die Kunden der Sparkasse der Stadt Berlin West Spardosen in unterschiedlichen Formen bereit : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • Werbung für die neuen ovalen Bilderspardosen aus Metall in der Kundenbroschüre „Vom Segen des Sparens“ von 1957 : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • Werbung zum Weltspartag 1956 mit der Werbefigur „Sparefroh“ und der Fußball- und Reisekofferspardose : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • Sparwerbung zu Weihnachten 1957 mit der Werbefigur „Sparefroh“ und die Reisekofferspardose : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

Fußbälle und Reisekoffer – Besondere Spardosen der West-Berliner Sparkasse dienten der Förderung des Spargedankens

Nach der Währungsreform 1948 sah es die Sparkasse der Stadt Berlin West als wichtige Aufgabe an, den Spargedanken in der Bevölkerung wieder neu zu beleben. Auch die Ausgabe von Spardosen mit schönen Bildmotiven und außergewöhnlichen Formen in den 1950er Jahren diente diesem Ziel.

Um 1950 standen noch die traditionellen Heimspardosen aus Metall in ovaler bzw. runder Form bei der West-Berliner Sparkasse im Mittelpunkt. Ein Werbefoto für die Schaufensterwerbung der Zweigstellen aus diesen Tagen zeigt Beschäftigte beim Plombieren der Spardosen, die dann an die Kunden kostenlos abgegeben wurden. Im Geschäftsbericht des Jahres 1950 heißt es dazu: „Die Pflege des Spargedankens diente die Wiederaufnahme des Kleinsparens. Heimspardosen und Spardosen wurden den Sparern zur Verfügung gestellt“. Das Sparen von kleinen Beträgen entwickelte sich sehr erfreulich. Rund 2.300 Spardosen mit einer Gesamtsparsumme von rund 56.000 DM wurden im Laufe des Jahres 1951 geleert. Diese Heimspardosen tragen je nach Form entweder ein auf der Vorderseite angebrachtes kleines Metallschild mit der Bezeichnung „Sparkasse der Stadt Berlin West“ oder als Aufdruck das bis 1955 verwendete runde Unternehmenszeichen mit dem Berliner Stadtwappen und der Inschrift „Die Sparkasse – Die Bank für alle“.

Die Geschäftsberichte der folgenden Jahre schildern ausführlich die Förderung des Spargedankens besonders bei Kindern und Jugendlichen. Neben der Durchführung des Schulsparens sowie der Ausgabe von Spargeschenkgutscheinen an Neugeborene und Schulanfänger berichtet der Geschäftsbericht 1955 auch über die Ausgabe von Heimspardosen und über die neu geschaffenen, mit verschiedenen Motiven versehenen Bilderspardosen für die jüngsten Sparer. In der Kundenbroschüre „Vom Segen des Sparens“ von 1957 wird ebenfalls auf die in den Zweigstellen kostenlos erhältlichen farbigen Bilderspardosen hingewiesen, die vor allem Kinder für das Sparen begeistern sollten. Am Weltspartag 1956 erhielt jeder Kunde, der ein Sparbuch eröffnete und jedes Kind, das in die Zweigstelle kam, eine Bilderspardose. Im Jahr 1956 wurden insgesamt 53.000 Heimspardosen verteilt. Im Geschäftsbericht 1957 wird über die starke Nachfrage nach den farbigen Bilderspardosen und den anderen Heimspardosen in verschiedenen Ausführungen berichtet. Insgesamt 73.000 Spardosen gab die Sparkasse in dem Jahr 1957 aus. Als Besonderheit hatte jede Zweigstelle zum Weltspartag 1957 ein Kontingent von 100 Spardosen erhalten, die mit einem Aufkleber zum Weltspartag versehen waren. Auch 1958 fanden die Bilderspardosen einen reißenden Absatz. Rund 70.000 Stück wurden kostenlos verteilt. Zusätzlich verkaufte die Sparkasse 6.000 Heimspardosen in Form von Reisekoffern, Hutschachteln oder Fußbällen an die Kunden.

Nach dem sensationellen Gewinn der Fußballweltmeisterschaft 1954 durch die deutsche Mannschaft lagen Spardosen in der Form eines Fußballs im Trend der Zeit. Diese Spardosen sind aufwendig gestaltet und den damals üblichen braunen Lederfußbällen nachempfunden. Versehen sind sie mit dem Aufdruck „Sparkasse der Stadt Berlin West“. Auch der Koffer hatte in der Nachkriegszeit eine große Symbolik. 1951 sang der populäre Sänger Bully Buhlan den Schlager „Ich hab´noch einen Koffer in Berlin“. Zudem nahm Mitte der 1950er Jahre der Wunsch nach einer Urlaubsreise bei vielen Menschen zu. Mit der Reisekofferspardose konnte dafür gespart werden. Diese aus Kunststoff hergestellten Spardosen sind detailgetreu mit kleinen Abziehbildern mit Motiven deutscher Urlaubsgebiete beklebt. Daneben befindet sich auf der Vorderseite das seit 1955 genutzte Geschäftszeichen der West-Berliner Sparkasse mit einem außergewöhnlich gestalteten Sparkassen-S. Beliebt war auch die Spardose in der Form eines Einfamilienhauses, die zugleich als Werbeobjekt für das Bausparen bei der 1951 als Abteilung der Sparkasse der Stadt Berlin West errichteten Öffentlichen Bausparkasse Berlin diente.

Klaus-Dieter Marten

Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

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Quellen:

  • Geschäftsberichte der Sparkasse der Stadt Berlin West von 1950, 1951, 1955, 1956, 1957 und 1958.
  • Kundenbroschüre „Vom Segen des Sparens“ der Sparkasse der Stadt Berlin West von 1957.
  • Werbenachrichten Nr. 7/1956 (26.11.1956) und Nr. 8/1957 (4.10.1957) der Sparkasse der Stadt Berlin West an alle Zweigstellen und Abteilungen.
  • Berlin war in die Sektoren der vier Besatzungsmächte aufgeteilt. Am 13. August 1961 wurde die bis dahin offene Sektorengrenze zwischen Ost und West abgeriegelt. (Ausschnitt Landkarte von Berlin und Brandenburg des Verlags Richard Schwarz in Berlin, 1947; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Der Mauerbau vor 60 Jahren

Hier sehen Sie eine Landkarte aus unserem Archivbestand, welche die in Sektoren aufgeteilte Stadt Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt. Deutlich zu erkennen ist die Linie zwischem dem Bereich der sowjetischen Besatzungsmacht (S) im Osten und den Zonen der Franzosen (F), Briten (B) und Amerikaner (A) im Westen. Diese offene Sektorengrenze stellte vor 60 Jahren das letzte Schlupfloch dar, um der SED-Diktatur zu entkommen. Die Zahl der Republikflüchtigen erreichte im Sommer 1961 einen Höhepunkt. Zehntausende gingen nach Westberlin. Bei der Sparkasse in Ostberlin war Republikflucht übrigens der dritthäufigste Grund, warum Beschäftigte damals aus dem Unternehmen ausschieden. Dass sich insbesondere viele junge und gut ausgebildete Menschen absetzten, schadete der Wirtschaft der DDR. Der Imageschaden war enorm. Wie konnte sich der Sozialismus als siegreich im Wettstreit der Systeme erweisen, wenn ihm die Menschen davonliefen? Außerdem gab es viele Ostberliner, die lieber in Westberlin arbeiteten und sich mit DM-Lohn ein gutes Leben leisten konnten. Auch diese waren dem Regime ein Dorn im Auge.

Die ökonomische Überlegenheit der Bundesrepublik hatte Staats- und Parteichef Walter Ulbricht intern längst als Ursache von Flucht ausgemacht und forderte immer wieder Wirtschaftshilfe und eine Abriegelung der innerstädtischen Grenze vom „großen Bruder“. Er wollte das „Ausbluten“ des SED-Staates unbedingt verhindern. Das eigentlichte Ziel Moskaus und Ostberlins war aber zunächst nicht die Errichtung einer Berliner Mauer, sondern die Verdrängung der anderen Besatzungsmächte. Man hätte so die Kontrolle über das freie Westberlin bekommen. Die Alliierten aber blieben standhaft, trotz Drohungen des KPdSU-Chefs Nikita Sergejewitsch Chruschtschow. Erst als er beim neuen US-Präsidenten John F. Kennedy nicht weiterkam, erlaubte Chruschtschow Ulbricht die Schließung der Sektorengrenze. Das war mit den Vorstellungen Kennedys vereinbar, der die Besatzungsrechte in und den freien Zugang nach Westberlin sowie die Freiheit der dortigen Bevölkerung nicht aufgeben wollte. Wegen der endgültigen Teilung Berlins hingegen sollte kein Krieg begonnen werden.

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Diesen Satz sprach Walter Ulbricht bei einer Pressekonferenz am 15. Juni 1961. Fraglich ist, ob es sich dabei um einen Freudschen Versprecher handelte. Er machte zugleich französische, englische, amerikanische und bundesdeutsche Spionagedienste im Westen der Stadt für „Menschenhandel“ verantwortlich und forderte die Schließung „sogenannter Flüchtlingslager“. Auch im Beschluss des Ministerrats der DDR vom 12. August, der zum 13. August 1961 gültig wurde, war von systematischer Abwerbung und von Menschenhandel, der von westdeutschen und westberliner Agenten betrieben werde, die Rede. Die Schließung der Grenze zu den Westsektoren wurde als Abwehrmaßnahme zur Sicherung des Friedens bezeichnet. So werde die feindliche Tätigkeit revanchistischer und militaristischer Kräfte verhindert. Vorausgegangen war der offizielle Vorschlag des Warschauer Pakts, die „Wühltätigkeit“ gegen die DDR und das sozialistische Lager durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen an der Grenze in Berlin zu unterbinden. So wurde damals die Errichtung des „antifaschistischen Schutzwalls“ gegenüber der Öffentlichkeit begründet.

Die streng geheime „Operation Rose“ begann am Sonntag um 00:00 Uhr. Bewusst war diese Zeit gewählt worden. Die Berliner sollten nicht zu viel mitbekommen. Die detaillierten Planungen hatten sowjetische Militärs geliefert. Marschall Ivan S. Konjew gab am 10. August den DDR-Ministern Erich Mielke (Staatssicherheit), Heinz Hoffmann (Verteidigung) und Erwin Kramer (Verkehr) den Befehl zum Start am 13. August. Zuständig für die Ausführung war übrigens der Sekretär für Sicherheitsfragen beim Zentralkomittee der Partei Erich Honecker als Stabschef. In der Nacht wurde das Nahverkehrsnetz gekappt. Polizei- und Kampfgruppenverbände marschierten auf und riegelten die Sektorengrenze und den Außenring um Westberlin ab. Die meisten Übergangsstellen wurden geschlossen, Stacheldrahtsperren gelegt und Barrikaden errichtet. Im Umland standen NVA- und Sowjettruppen zum Einsatz bereit. Wenige Tage später begann die Ersetzung der provisorischen Hindernisse durch Mauern. Am 24. August wurde der erste „Grenzverletzer“ erschossen. Der erste Tote an der Berliner Mauer hieß Günter Litfin.

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Mädchen für alles

Ist Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, der Begriff „Mädchen für alles“ geläufig? Meta Hänicke aus Görlitz war jahrelang als Dienstmädchen tätig, zunächst mit gerade einmal 14 (!) Jahren ab dem 1. Oktober 1901 bei einem Kaufmann in Zossen. Dies war ihr erster Dienstherr. „Mädchen für Küche und Haus“ notierte er im Zeugnisbuch. Sehr fleißig, ordentlich und ehrlich sei sie gewesen und ihr Betragen sehr gut. Beglaubigt wurde das Dienstverhältnis von der örtlichen Polizeibehörde, die auch das Gesinde-Dienstbuch ausgestellt hatte. Statt eines Passfotos gab es damals nur eine Personenbeschreibung. Das Führen des Buches mit den Beurteilungen war Pflicht für die unverheirateten Hausbediensteten. So wurde das Gesinde- beziehungsweise Dienstbotenwesen staatlich kontrolliert. Bei ihren späteren männlichen und auch weiblichen Dienstherrschaften war Meta dann immer das „Mädchen für alles“. Sprich: sie hatte alles zu tun, was angeordnet wurde. Über die Entlohnung erfahren wir leider nichts aus dem Buch. Üblicherweise bekamen Dienstleute Geld, Kost und Logis. Als potentielle Kundschaft aus der unteren Schicht der Gesellschaft wurden sie von Sparkassen umworben. Schon die erste deutsche Sparkasse in Hamburg 1778 bot männlichen und weiblichen Dienstboten die Möglichkeit, sich zum Beispiel etwas für die Hochzeit zusammenzusparen. Ein klassisches Sparziel war die Aussteuer. Ob dies auch Meta Hänicke im Blick hatte, ist nicht bekannt. Die Eintragung ihrer letzten Dienstherrin am 1. Januar 1910 gibt nur Aufschluss, dass sich die mittlerweile 22-Jährige wieder eine neue Anstellung suchte, um sich zu verbessern. Dieser Plan scheint nicht verwirklicht worden zu sein. Ob der passende Mann dazwischen kam, lässt sich nur spekulieren.

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Anfang und Ende der Goldmark

Vor 150 Jahren endete der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich formell. Im Friedensvertrag wurde unter anderem festgeschrieben, dass die besiegte Französische Republik innerhalb von drei Jahren Reparationszahlungen in Höhe von fünf Milliarden Francs zu leisten hatte. Bereits beim Schluss eines Vorfriedens am 26. Februar 1871 war dieser hohe Betrag festgelegt worden. Umgerechnet ergaben sich etwa 1,33 Milliarden Taler. Die deutschen Kriegskosten hatten die Militärs übrigens mit einer Milliarde Taler berechnet. Ein Großteil der Kriegsentschädigung wurde nicht bar, sondern mit Wechseln beglichen, die in Pfund Sterling notiert waren. Durch die Einlösung bei der Bank of England kam das Deutsche Reich an eine Menge Gold. Dieses stellte eine wichtige Grundlage für die rasche Einführung einer neuen Währung dar.

Die Reichsverfassung vom 16. April 1871 übertrug die bislang von den Ländern beanspruchte Geldhoheit dem Reich. Reichsgesetze regelten fortan das Münzsystem und die Herausgabe von Papiergeld. So bestimmte am 4. Dezember des Jahres ein Gesetz die Ausprägung erster einheitlicher Reichsgoldmünzen zu 10 und 20 Mark. Eine Mark wurde in 100 Pfennige geteilt. Die Mark entsprach 1/1395 Pfund Feingold. Die Goldmünzen bestanden aus 90 % Gold und 10 % Kupfer. Ende 1871 wurden die ersten Exemplare in Preußen geprägt. Es handelte sich um Münzen zu 20 Mark, die nach staatlichen Vorgaben 7,168 Gramm Gold enthielten.

Die Goldstücke galten im ganzen Deutschen Reich als gesetzliches Zahlungsmittel. Die zumeist silbernen Münzen der Länder blieben weiter im Umlauf. Es gab damals zwei Währungen nebeneinander. Erst am 9. Juli 1873 legte ein Münzgesetz das deutsche Währungssystem eindeutig fest. Es sollte nur noch die Reichsgoldwährung geben. Eingeführt wurde goldene 5-Mark-Stücke, die nicht einmal zwei Gramm wogen.* Als Scheidemünzen gab es: Stücke zu 5, 2, 1 Mark sowie 50 und 20 Pfennig aus Silber, zu 10 und 5 Pfennig aus Nickel und zu 2 und 1 Pfennig aus Kupfer. Am 1. Januar 1876 musste überall das neue System gelten. Die meisten deutschen Länder stellten schon ein Jahr zuvor auf die Reichswährung um.

Zwar wurden Münzen aus Gold in der zweiten Hälfte der 1870er-Jahre das dominierende Zahlungsmittel. Die alten Silbertaler verschwanden aber nicht ganz von der Bildfläche. Deswegen spricht man von einer „hinkenden Goldwährung“**. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Taler offiziell im Umlauf. Für sie gab es dann Ersatz. Eine reine Goldwährung existierte im Deutschen Reich nur kurz. Bereits am Anfang des Ersten Weltkriegs wurde der Goldstandard gesetzlich faktisch abgeschafft. Die Reichsbank und die privaten Notenbanken mussten ihre Geldscheine nicht mehr in Gold einlösen. Währen des Krieges verschwanden die Goldmünzen aus dem Zahlungsverkehr. Der Staat brauchte Goldreserven, um Importe zu finanzieren. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, in patriotischer Gesinnung ihr Edelmetall für Kriegszwecke abzuliefern.

Die Geschichte der goldenen Mark begann und endete also mit einem Krieg. Nach der Niederlage Deutschlands verlangten die Siegermächte 1919 im Versailler Vertrag Reparationen. Eine erste Forderung betrug 20 Milliarden Goldmark. Dies war nicht die offizielle Bezeichnung der deutschen Währung, die durch die seit Kriegsbeginn vermehrt betriebene Papiergeldproduktion mittlerweile schon erheblich entwertet war. Vielmehr bezog sich die Festlegung auf die goldgedeckte Mark der Vorkriegszeit. Der Wert der Währung verschlechterte sich übrigens im Verlauf der Inflation noch deutlich. So zahlte die Reichsbank beispielsweise für das abgebildete 20-Mark-Stück aus Gold Ende Juli 1923 drei Millionen Mark. Anfang Februar 1924 war ein Geldschein von einer Billion Mark eine Goldmark wert.

* Sie wurden bereits 1900 wieder außer Kurs gesetzt, weil sie so klein und unpraktisch waren.
** Sprenger, Bernd: Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zu Gegenwart, 1995, S. 179

  • Die Stadt Glashütte war die erste deutsche Gemeinde, die in Konkurs ging. (Ansichtskarte Verlag Albert Ernst in Dresden, gelaufen 1924; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Der Konkurs der Stadt Glashütte

Im März 1929 ereignete sich Unerhörtes. Die durch die Uhrenindustrie weltbekannte Stadt Glashütte in Sachsen musste einen Konkursantrag stellen. Das war das erste Mal, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Konkurs ging. Die Überschuldung hatte mehrere Ursachen. Die Finanzpolitik des Reichs verschlechterte in der Weimarer Republik die finanzielle Lage der Gemeinden, insbesondere durch die Wegnahme der Einkommensteuer. Zugleich waren enorme soziale Lasten zu tragen. In Glashütte ging die Uhrenindustrie zurück. Dazu kam im Jahr 1927 eine Hochwasserkatastrophe. Die Stadt trug aber auch Mitschuld an der Misere. Sie hatte sich nämlich ausgiebig privatwirtschaftlich betätigt. Dies war riskant. Wenn öffentliche Gelder in Unternehmen investiert wurden, die in privatrechtlicher Rechtsform organisiert waren, so bestand die Gefahr des Einfrierens beziehungsweise Versickerns des Kapitals. Unter dem Vorwand, für die heimische Industrie Kredite zu beschaffen, nahm Glashütte zum Beispiel 1924 zu ungünstigen Konditionen ein Darlehn über eine Million Reichsmark auf. Die Finanzmittel wurden vor allem in unproduktive kommunale Unternehmen investiert, da der Bedarf der privaten Firmen mittlerweile wegen des Rückgangs der Aufträge gesunken war. Eine Zinstilgung war so nicht möglich.

Schließlich hatte die kleine Stadt über zwei Millionen Reichsmark Schulden. Nach der Konkurseröffnung wurden sogar insgesamt fast drei Millionen Reichsmark Forderungen angemeldet. Im Sommer 1929 wurde das Konkursverfahren eröffnet. Das sächsische Innenministerium hatte zu diesem Zeitpunkt bereits verordnet, dass viele Vermögensgegenstände unentbehrlich für die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben seien und deswegen für diese ein Pfändungsverbot bestehe. Die Stadt focht dies an und klagte. Ihr gesamtes Vermögen gehöre aus dem Grund nicht zur Konkursmasse. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht verkürzte schließlich durch ein Urteil vom 3. Mai 1930 den Schutz auf einen Teil des Vermögens. Dies hieß etwa für die örtliche Girokasse und die Sparkasse, dass zwar das Inventar, aber nicht die Einlagen Vollstreckungsschutz genossen. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die kommunalen Geldinstitute noch keine eigene Rechtspersönlichkeit und ihr Vermögen war nicht von dem des Trägers getrennt. Dies wurde erst am 6. Oktober 1931 vom Reich angewiesen. Sachsen verordnete am 21. September 1931, dass fortan an Stelle des Konkurses von Gemeinden als Liquidationsverfahren die staatliche Verwaltung unter Kommissaren stattfinden sollte. Ende des Jahres schloss das Konkursverfahren mit einem Vergleich. Der Freistaat Sachsen war Treuhänder. Um die verbliebenen Schulden zu begleichen, musste Glashütte unter anderem seine städtischen Werke verkaufen.

Quellen:
– Richter, Siegfried: Die Haftung des Staates als Träger der Gemeindeaufsicht in Sachsen, unter Berücksichtigung des Konkurses der Stadt Glashütte. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde bei der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig. Ebersbach in Sachsen. 1932.
– Hornfischer, Felix: Die Insolvenzfähigkeit von Kommunen. Stuttgart. 2010.