• Nur 20 Reichsmark bekamen Kundinnen und Kunden ab dem 20. Juli 1931 vom Sparbuch ausgezahlt. : © Historisches Archiv des OSV

Krisenzeit vor 90 Jahren

Am 13. Juli 1931 geschah Ungeheuerliches im deutschen Bankenwesen. Die zweitgrößte Bank, die Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank), musste überraschend schließen. Massive Kapitalabzüge ausländischer Geldgeber und der Ausfall eines industriellen Großkunden hatten sie zahlungsunfähig gemacht. Die Reichsbank als „Lender of Last Resort“ konnte nicht mit Liquiditätsmitteln helfen. Sie sorgte sich um die Währungsstabilität, weil ihre Deckungsreserven zurückgingen. Internationale Anleger verloren damals zunehmend das Vertrauen in den Standort Deutschland. Verkündete Reichskanzler Brüning doch – um keine Reparationen mehr zahlen zu müssen – das Land stehe kurz vor dem Bankrott. Da deutsche Banken ihre ausländischen Gläubiger auszahlen mussten, schwanden die Gold- und Devisenreserven der Reichsbank. Damit sank die Notendeckung. Man befürchtete einen Eingriff in die Geldverfassung, etwa eine Abwertung der Währung. Das Misstrauen wuchs. Die „Flucht aus der Reichsmark“ betraf auch inländische Anleger. Nicht vertrauensbildend war, dass die deutsche Zentralbank sich nur noch mit einem Notkredit ausländischer Zentralbanken „über Wasser hielt“.

So gab es für die Danat-Bank bloß eine staatliche Ausfallbürgschaft und eine Garantie für die Einlagen. Das beruhigte ihre Kunden aber nicht. Und es beruhigte erst recht nicht die Kundschaft der deutschen Sparkassen. Die Sparkassen waren im Mengengeschäft tätig und wurden zwangsläufig von der Vertrauenskrise getroffen. Die Kundinnen und Kunden waren durch die Inflationserfahrung 1923 sensibilisiert. Das ab 1924 neu angesparte Geld war oft das einzige Vermögen. Der Schaltersturm traf also ebenfalls Geldinstitute, die nicht ans Ausland verschuldet oder insolvent waren. Es gab aber auch hausgemachte Probleme. So sorgten in Sachsen die Haushaltsschwierigkeiten der Träger für Beunruhigung. Es hatte sogar einen Konkurs gegeben. Dabei besaß das Sparkassenvermögen keinen Vollstreckungsschutz. Die kommunalen Geldinstitute waren Einrichtungen der Gemeinden und verfügten über keine rechtliche Selbstständigkeit. Vorgeworfen wurde klammen Kommunen, dass sie ihre Sparkassen als Finanzierungsinstrumente nutzten, obwohl sie ihre Kredite nicht zurückzahlen konnten. Solche Schlagzeilen zerstörten Vertrauen.

Am 13. Juli 1931 kamen also mehrere Krisen zusammen. Dies wird oft nicht erwähnt, wenn es um die Bankenkrise geht. Verheerende Wirkungen gab es wegen der gleichzeitigen Haushaltskrise des Reichs und der Kommunen sowie der Währungskrise. Die Menschen drängten an die Sparkassenschalter. In dieser Situation empfahl der Präsident des Sächsischen Sparkassenverbandes, Dr. Johann Christian Eberle, den Verbandsmitgliedern, die Kundschaft durch das Entsprechen ihrer Auszahlungswünsche zu beruhigen. Das war die einzige Möglichkeit. Worte halfen nicht. Bei einem sehr großen Andrang konnten die Barmittel aber nicht lange ausreichen. Kommunalkredite waren wegen der schwierigen Finanzlage der Gemeinden oft „festgefroren“. Hypothekenkredite waren langfristige Anlagen. Wertpapiere konnten nur unter großen Verlusten „flüssig gemacht“ werden. Schon am Folgetag benötigte man die Hilfe der Reichsbank. Diese wollte aber auch wegen der Notlage der Sparkassen nicht die Währungskrise verschärfen und eine Inflation heraufbeschwören.

Infolge des allgemeinen Bankruns soll im Deutschen Reich vor 90 Jahren ein Fünftel der umlaufenden Geldmenge gehortet worden sein. Das Bare landete zum Beispiel unter Matratzen. Die Regierung Brüning dachte zunächst daran, der Zahlungskrise mit Notgeld zu begegnen. Dieses Mittel der Inflationszeit wurde zum Glück nicht gewählt. Stattdessen erfolgte die Verordnung von zwei allgemeinen Bankfeiertagen am 14. und 15. Juli. Dies verschaffte den Geldinstituten eine Atempause, um Zahlungsmittel zu mobilisieren. Aber es gab auch negative Auswirkungen. So bezeichneten etwa die sächsischen Großsparkassen die Schließung als eigentliche Ursache für einen Run auf die Einlagen. Die Stadtsparkasse Leipzig als einlagenstärkstes sächsisches Institut schrieb in ihrem Geschäftsbericht:

„Die weitere Aufwärtsbewegung im Sparverkehr im ersten Halbjahr 1931 wurde durch die Zahlungskrise im Juli 1931 jäh unterbrochen. Die Bankfeiertage und die sich daran anschließenden weiteren Einschränkungen im Zahlungsverkehr erzeugten bei der Sparkundschaft eine noch nie dagewesene Vertrauenskrise, die sich in der Hauptsache in unüberlegten und überstürzten Angstkündigungen und -abhebungen äußerte. Alle Beruhigungsversuche scheiterten an der nicht wegzuleugnenden Tatsache, daß die große Zahl der Sparer wochenlang gehindert war, in der gewohnten Weise über ihre Sparguthaben zu verfügen.“

Mancher befürchtete in diesen Tagen eine staatliche Beschlagnahmung seines Eigentums, ein anderer eine neue Inflation. Am 15. Juli sank die Notendeckung unter die 1924 festgelegte Mindestgrenze, da die Bankfeiertage weitere ausländische Kreditkündigungen provoziert hatten. Überliefert ist für Sachsen, dass aus Furcht nicht nur Devisen und Edelmetalle gehamstert wurden. Es wurde auch Geld in Waren „angelegt“. Davon profitierte zum Beispiel die sächsische Möbelindustrie. Angesichts der Währungskrise ging die Regierung verstärkt gegen Kapitalflucht vor und die Reichsbank kontrollierte fortan den Gold- und Devisenverkehr. Erst als die Abflüsse ins Ausland eingedämmt wurden, erweiterte die Zentralbank ihr Angebot und gab den Sparkassen im Freistaat einen ersten Kredit. Auch weil Banken gerettet werden mussten, stellte sie nur begrenzt Liquiditätsmittel zur Verfügung. Zunächst durften zur Monatsmitte Empfänger beziehungsweise Sender von Lohn-, Gehalts- und Unterhaltsleistungen ans Sparkassenkonto. Erst ab dem 20. Juli 1931 bekamen Sparende etwas ausgezahlt. Bis zum 8. August durften Sparerinnen und Sparer nur alle Tage Beträge erhalten, zunächst 20, dann 30 und schließlich 50 Reichsmark (RM).

Dass der stärkste Ansturm danach erfolgte, berichtete nicht nur die Leipziger Stadtsparkasse. Wegen der staatlichen Vorgaben duften Kündigungsfristen von Guthaben erst ab dem 8. August 1931 laufen. Der Abfluss von Einlagen wurde so aufgeschoben. Es gab zwar im Juli besonders viele Auszahlungsvorgänge bei den sächsischen Sparkassen. In Leipzig waren es fast 64.000. Die umfangreichsten Auszahlungen erfolgten jedoch verzögert erst im September. Bei der Stadtsparkasse wurden knapp 14 Mio. RM konstatiert. Durch ihre Girozentrale in Dresden bekamen die Sparkassen Reichsbankdarlehn vermittelt, welche sie zur Finanzierung der Abflüsse benötigten. Erschwerend kam übrigens dazu, dass die Kundschaft nach den Erfahrungen mit den Zahlungsbeschränkungen im Sommer ihr Bares lieber zu Hause behielt und nicht zur Sparkasse brachte.

Wie konnte man Vertrauen aufbauen und die Menschen wieder zum Sparen bewegen? Hinsichtlich der Sparkassen verordnete Reichspräsident Hindenburg am 6. Oktober 1931 eine Umgestaltung zu Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit. Auch das Vermögen wurde von dem der Träger klar getrennt. Die Selbstständigkeit, welche im Freistaat Sachsen am 13. Mai 1932 angeordnet wurde, stellte angesichts der Krisenerfahrung eine Notwendigkeit zur Erhaltung und Wiedergewinnung von Kundenvertrauen dar. Die Finanzlage der Gemeinden konnte sich nicht auf die Sparkassen auswirken. Das Reich untersagte weitere Kommunalkredite, weil darin eine Ursache für Illiquidität gesehen wurde. Sachsen beschloss am 21. September 1931 ein umfassendes kommunales Konsolidierungsprogramm. Nicht nur die Sparkassen warben im Herbst 1931 intensiv für die Sicherheit der Reichsmark-Währung. Trotz sinkender Deckung vollzog die Reichsbank nämlich keine Abwertung. Der Staat praktizierte eine Deflationspolitik. Reichskanzler Brüning und Reichsbankpräsident Luther wollten eine Inflation unbedingt vermeiden. Dies mochte die Sparerinnen und Sparer beruhigen, verschärfte jedoch ebenso wie die Bankenkrise die fortschreitende Wirtschaftskrise. Wegen der ungünstigen Wirtschaftslage und der instabilen politischen Verhältnisse am Ende der Weimarer Republik konnte der Rückschlag im Spargeschäft nicht schnell ausgeglichen werden.

  • Auszug aus der Satzung der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam vom 17. Juni 1991, welche am 1. Juli 1991 in Kraft trat : © Historisches Archiv des OSV

30 Jahre Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam

Wie schnell doch die Zeit vergeht. Heute vor fünf Jahren wurde im Sparkassengeschichtsblog der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam zum 25. Geburtstag gratuliert. Und auch heute sagen wir wieder sehr gern: Alles Gute! Vor drei Jahrzehnten ist die MBS am 1. Juli 1991 als Zweckverbandssparkasse entstanden. Das ist das Datum der rechtlichen Fusion. Bereits am 17. Juni 1991 fand die konstituierende Sitzung der Verbandsversammlung der neuen Sparkasse im Kultursaal in der Havelstraße 3 in Oranienburg statt. Dabei wurde unter anderem die Sparkassensatzung beschlossen. Wenige Stunden zuvor war der öffentlich-rechtliche Vertrag über die Bildung des Zweckverbandes für die MBS im Marschallsaal des Potsdamer Schlosses Cecilienhof unterzeichnet worden. Den Institutsnamen gibt es übrigens schon seit dem Frühjahr. Er taucht erstmals im Satzungsentwurf vom 16. Mai 1991 auf. Bald darauf war als erster Schritt zur Gründung der Beschluss der Satzung des Zweckverbandes durch die Parlamente der Gewährträger erfolgt.

Die Fusion vor 30 Jahren war die erste nach der Wiedervereinigung in unserem Verbandsgebiet. Fünf Sparkassen im westlichen Umland von Berlin waren dabei: die Sparkasse Potsdam, die Stadt- und Kreissparkasse Brandenburg sowie die Kreissparkassen Oranienburg, Nauen und Belzig. Sie bündelten ihre Kräfte, erhöhten die Leistungsfähigkeit im Interesse der Wirtschaft, der Bevölkerung und der Kommunen. Die Sparkasse Potsdam hatte mit über 1,5 Mrd. DM die größte Bilanzsumme unter den fünf Partnern. Die brandenburgische Landeshauptstadt wurde Hauptsitz der neuen Sparkasse. So hatten es die kommunalen Gewährträger beschlossen. Mit einer Bilanzsumme von rund 3,6 Mrd. DM war die MBS bei ihrer Gründung die drittgrößte Sparkasse im Gebiet des damaligen Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Die Sparkasse hatte zunächst die Adresse Platz der Nationen 9. Er wurde in Luisenplatz rückbenannt. Seit 1996 ist die Zentrale an der Saarmunder Straße 61.

Zur Zeit der Fusion waren etwa 930 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Heute sind es über 1.500. Es gab 84 Geschäftsstellen in einem Gebiet von ca. 4.500 Quadratkilometern. Und wenige Jahre später wuchs die Sparkasse sogar noch. 1993 kam die Kreissparkasse Gransee dazu und 1994 die Kreissparkasse Rathenow. Zehn Jahre später folgte die Kreissparkasse Teltow-Fläming in Luckenwalde und 2005 die Sparkasse Dahme-Spreewald mit Sitz in Königs Wusterhausen. Die Bilanzsumme betrug nach dieser letzten Fusion bereits mehr als 7,9 Mrd. Euro. Sie hat sich in den letzten 15 Jahren bis 2020 fast verdoppelt, auf 15,7 Mrd. Euro. 2016 wurde die MBS zur bilanzmäßig größten Sparkasse im Ostdeutschen Sparkassenverband. Mit 11.000 Quadratkilometern ist sie die größte deutsche Flächensparkasse. Im riesigen Geschäftsgebiet befindet sich heute die nördlichste Filiale in Fürstenberg/Havel, die südlichste in Luckau. In Lieberose ist die östlichste Zweigstelle und in Ziesar die westlichste. Noch „weiter draußen“ ist der Sparkassenbus unterwegs. Kleinere Ortschaften werden so seit seit über 25 Jahren versorgt. Insgesamt gibt es 44 Standorte der zwei Fahrbaren Geschäftsstellen und 111 Geschäftsstellen der MBS. Ein weiterer Anlaufpunkt ist die moderne Internet-Filiale, die vor über 20 Jahren als Virtuelle Geschäftsstelle eingerichtet wurde.

  • Stadtarchiv Bad Liebenwerda - Breite Straße 10 : © Historisches Archiv des OSV

  • Neubau der Sparkasse in Bad Liebenwerda 1929 : © Sparkasse Elbe-Elster

Auf Recherchereise in Bad Liebenwerda

Genau vor einer Woche habe ich im Rahmen einer Dienstreise das Stadtarchiv in Bad Liebenwerda besucht. Um dorthin zu gelangen, durchschreitet man vom Bahnhof kommend den schönen Kurpark und die hübsche Altstadt. Im Archiv war ich tatsächlich der erste Nutzer nach der Corona-bedingten Schließung, wurde freundlich empfangen und sehr gut betreut. Das Stadtarchiv ist das letzte Archiv in einer längeren Liste, das ich im Rahmen eines Forschungsprojekts im Auftrag der Sparkasse Elbe-Elster aufgesucht habe. Begonnen wurden die Vor-Ort-Recherchen im Herbst 2019 in unserem Historischen Archiv in Potsdam und bei der Sparkasse in Finsterwalde. Kurzum: wir bieten Sparkassen nicht nur Recherchen in unseren eigenen Beständen an, wenn sie mehr über ihre Historie erfahren möchten. Sei es zum Jubiläum oder zu einem anderen Anlass.

Bad Liebenwerda nimmt in der Geschichte der Sparkasse Elbe-Elster einen wichtigen Stellenwert ein. 1995 war die Kreissparkasse Bad Liebenwerda eines von drei Instituten, das mit zur Sparkasse Elbe-Elster fusionierte. Bereits am 20. August 1856 wurde in der Stadt eine Kreissparkasse gegründet. In der Eröffnungsanzeige im Kreisblatt steht, dass sich das „Sparcassen-Local“ anfangs im Rathaus „zwei Treppen hoch, rechter Hand“ befand. Eine Imagebroschüre, welche die Sparkasse zur Einweihung ihres neuen Gebäudes (Abbildung 2) am 25. Februar 1929 herausgab, spricht jedoch vom Haus des Rendanten in der Schloßstraße 5. Anhand einer dritten Quelle muss geklärt werden, wo die Eröffnung tatsächlich stattfand. Heute ist die Sparkasse nicht mehr in dem, etwas auswärts liegenden, Haus von 1929 vor Ort. Doch gleich daneben befindet sich am Burgplatz ihr modernes Bürgerhaus. Die örtliche Geschäftsstelle liegt übrigens mit der Adresse Nordring 11e im Rösselpark.

  • Junge Eheleute bekamen ab 1972 in der DDR einen vergünstigten Sparkassenkredit. (Abb. Ausschnitt Titelblatt der Broschüre Junge Ehe, hrsg. vom Amt für Jugendfragen beim Ministerat der DDR, 1974; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Sparkassenkredite als Mittel der Bevölkerungspolitik

Vor einem halben Jahrhundert, vom 15. bis zum 19. Juni 1971, fand in Ost-Berlin der VIII. Parteitag der SED statt. Dabei verkündete Erich Honecker, neuer Erster Sekretär des Zentralkomitees der Partei, die Einheit von „Wirtschafts- und Sozialpolitik“. Das materielle und kulturelle Lebensniveau der Bevölkerung sollte erhöht, die Zufriedenheit der Menschen vermehrt werden. So wurde etwa der Wohnungsbau forciert. Zur Finanzierung des staatlichen Platten-Wohnungsbaus sollte bald auf die bei der Staatsbank der DDR liegenden freien Mittel der Sparkassen zurückgegriffen werden. Diese sammelten sich dort wegen fehlender Anlagealternativen. Den Sparkassen waren nämlich nur bestimmte Geschäfte erlaubt, die Aufgaben im System der zentralistischen Planwirtschaft reglementiert.

Als sozialpolitische Maßnahme in Durchführung der auf dem Parteitag beschlossenen Hauptaufgabe des neuen Fünfjahresplanes verordnete der Ministerrat der DDR am 10. Mai 1972, dass die Sparkassen Eheleuten unter bestimmten Bedingungen zinslose Darlehen gewährten. Mindestens ein Ehepartner musste Student, Arbeiter, Angestellter, Angehöriger der Streit- und Sicherheitskräfte, Genossenschaftsbauer, Mitglied einer gärtnerischen Produktionsgenossenschaft oder Produktionsgenossenschaft werktätiger Fischer sein. Man durfte nicht älter als 26 Jahre sein und zusammen ein maximales Bruttomonatseinkommen von 1.400 Mark haben.

Die Kredite konnten zum einen für die Finanzierung von Wohnungsbaugenossenschaftsanteilen, für den Kauf eines Fertighauses, den Bau beziehungsweise die Erweiterung eines Eigenheims, zum anderen zur Finanzierung von Wohnungsausstattungen gewährt werden. Dazu zählten etwa Möbel, hauswirtschaftliche und haushalttechnische Gegenstände, Rundfunk- und Fernsehgeräte und Haushaltswäsche. Krediterlasse gab es bei der Geburt von Kindern in der Ehe. Mit dem 3. Kind waren beide Kredite über jeweils 5.000 Mark getilgt. 1972 erfolgten durch die Sparkassen der DDR 29.594 Ausreichungen über 146,1 Mio. und 3.643 Erlasse über 3,7 Mio. Mark. Der Beweggrund zur Einführung der Darlehn war die demografische Entwicklung. Mit finanziellen Anreizen wollte man die Geburtenrate steigern. Am 25. April 1986 wurde eine Anhebung der Altersgrenze auf 30 Jahre und des Kreditrahmens auf 7.000 Mark verordnet. Die Einkommensgrenze fiel weg. Krediterlasse gab es nun auch für vor der Ehe geborene Kinder. Auch andere Erleichterungen kurbelten das Geschäft an. Im Effekt erfolgten in dem Jahr 111.631 Ausreichungen über 1,155 Mrd. und 150.896 Erlasse über 191,4 Mio. Mark.

  • Für die Sanierung des historische Rathausportals links gab es bereits 1870 Geld von der Sparkasse. (Abb. Ausschnitt Ansichtskarte Graph. Verlags-Anstalt Dresden, um 1910; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Das gemeinnützige Engagement der Sparkasse in Wittenberg

Nicht nur im Rahmen ihrer jüngsten Geburtstage engagieren sich Sparkassen für die Gesellschaft und geben Geld für Projekte in den Bereichen Kunst und Kultur, Soziales, Sport, Bildung und Wissenschaft sowie Umwelt. Interessant ist immer wieder, das Wirken der Sparkassen bis zu den Anfängen zurückzuverfolgen. Heute habe ich zum Beispiel in eine Festschrift geschaut, welche die Stadtsparkasse Wittenberg zum 100. Jubiläum herausgegeben hat. Diese 1825 eröffnete Sparkasse war die erste Gründung im Geschäftsgebiet der Sparkasse Wittenberg.

Belegt sind Zuweisungen für gemeinnützige Zwecke schon ab 1864, nachdem ausreichende Sicherheitsreserven aufgebaut waren. In diesen Zeiten durfte die Stadt als Träger mit Genehmigung der Aufsichtsbehörden die Verwendung verfügen. Mit 6.000 Talern wurde in dem Jahr der Zustand von Straßen verbessert. Immer wieder sind Beträge für Pflasterarbeiten ausgegeben worden. Auch Bürgersteige wurden erneuert. Diese nannte man damals Trottoirs. Bemerkenswerter sind Zuschüsse beim Bau anderer Einrichtungen für die Menschen in der Lutherstadt. Hier einige Beispiele aus dem 19. Jahrhundert: 1874 Bau einer Bade- und Schwimmanstalt, 1876 Bau der Schule in der Schlossvorstadt, 1877/79 Bau des Bürgerhospitals, 1884 Anlegung eines Springbrunnens im Kreisgarten, 1886 Bau einer Bade- und Bedürfnisanstalt und 1897 Bau eines Spritzenhauses für die Feuerwehr. Weil wir beim Thema Wasser sind: Zur Versorgung der Stadtbevölkerung brauchte es am Ende des Jahrhunderts neue Leitungen und einen Umbau des Wasserwerks. Damit Wasser fließen konnte, floss Geld der Sparkasse.

Ab 1878 profitierten gemeinnützige Anstalten beziehungsweise Institute von den Überschüssen der Stadtsparkasse. Die einzelnen Einrichtungen sind nicht namentlich erwähnt, wenngleich insgesamt erhebliche Beträge gegeben wurden, etwa 46.201,45 Mark im Jahr 1895. Im 20. Jahrhundert setzte sich das Engagement fort. Selbst während des Ersten Weltkriegs gab es Geld für gemeinnützige Zwecke. Mit der Inflation nach Kriegsende waren die wirtschaftlich guten Zeiten aber erst einmal vorbei. Überliefert ist, dass die Stadtsparkasse Wittenberg von 1864 bis 1918 insgesamt mehr als 1,5 Millionen Mark an Überschüssen bereitstellte. Eine stattliche Summe!

Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser in unseren Mitgliedssparkassen, auch gern erfahren möchten, was Ihr Institut in früheren Zeiten schon bewirkt hat, so stellen Sie gern eine Rechercheanfrage an Ihr Historisches Archiv des OSV. Das gesellschaftliche Engagement gehört nämlich zur DNA der Sparkassen. Damit hebt man sich von Wettbewerbern ab. Es geht um mehr als Geld. Gutes tun und darüber reden war auch schon früher angesagt. Deswegen finden sich nicht nur in zu transkribierenden Quellentexten, sondern auch in leicht zugänglichen Publikationen viele Hinweise, wie die Allgemeinheit von den Gewinnen der kommunalen Sparkassen profitierte.

  • © 1. Stadtkarte/Weg: Google, Kartendaten © 2021 GeoBasis-DE/BKG (©2009); 2. Bild Marienplatz 9: https://www.sparkasse-mecklenburg-schwerin.de; 3. weitere Bilder: Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

  • Sparkasse am Leninplatz (Marienplatz), 1980er Jahre : © Historisches Archiv des OSV

  • Schwerin um 1909 : © Historisches Archiv des OSV

  • Sparbücher aus Schwerin, 1942 und 1905 : © Historisches Archiv des OSV

  • Sieben Skulpturen schmücken das Haus Puschkinstraße/Ecke Lindenstraße. Im Bild die Allegorien auf die Wohltätigkeit, Arbeitsamkeit, Sparsamkeit und das Bewahren des Ersparten. : © Historisches Archiv des OSV

  • Blick in die Ausstellung, Puschkinstraße/Ecke Lindenstraße : © Historisches Archiv des OSV

  • Ausstellungsraum, Detailbild Vitrine : © Historisches Archiv des OSV

  • Unsere kleine Zeitreise endet am Schweriner Schloss, mit garantierter Erholung an oder auf den Gewässern der Stadt! : © Historisches Archiv des OSV

Auf einem Spaziergang durch Schwerin 200 Jahre Sparkassengeschichte erleben

Sommer, Sonne, Städtetrip. Unser Vorschlag für Sie: ein Besuch der sehenswerten Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns. Schwerin. Ein altehrwürdiger Ort, dem bereits 1160 das Stadtrecht verliehen worden ist.

In Corona-Zeiten ist es wahrlich nicht einfach, unterwegs zu sein, geschweige denn, Kultureinrichtungen zu besuchen. Doch ein historischer Stadtrundgang ist immer möglich. Wir haben für Sie anlässlich des Geburtstages der ältesten mecklenburgischen Sparkasse am 5. Juni einen Spaziergang zusammengestellt, der Sie auf die Spuren von Sparkassengeschichte(n) aus 200 Jahren führt:

Wir starten unsere Zeitreise in der Gegenwart, auf dem Marienplatz 9. Hier befindet sich heute der Hauptsitz der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, die mit der jüngsten Fusion in diesem Jahr nun zu den größten der acht Sparkassen in Mecklenburg-Vorpommern gehört. Über 500 Beschäftigte, die Auszubildenden eingeschlossen, stehen mit ihren Beratungsleistungen vor Ort den Menschen der Landeshauptstadt und des Landkreises Ludwigslust-Parchim stets zur Seite, auch in Pandemiezeiten. Die Aktivitäten im Jubiläumsjahr finden Sie hier.

Doch zurück zu unserer

1. Station, Marienplatz 9

Dieser zentrale Ort führte einst die Landstraßen nach Schwerin zusammen. Im 19. Jahrhundert sprach man noch vom „Platz vorm Mühlentor“. Erst 1843 benannte man den Platz um. Er erhielt seinen wohlklingenden Namen nach einer Schwester des Großherzogs Paul Friedrich (1800-1842), Enkel und Nachfolger von Friedrich Franz I., der uns noch einmal begegnen wird auf unserer Tour.

Seit 1938 ist der Platz um einen imposanten Backsteinbau reicher. In das modern ausgestattete Gebäude setzten die Architekten eine Kassenhalle, die mit dekorativen Holzbildhauerarbeiten und Deckenmalereien ausgeschmückt wurde. Es lohnt sich, einen Blick hineinzuwerfen. Die Sparkasse bezog das Haus als „Sparkasse der Landeshauptstadt Schwerin von 1821“ und war fortan in der Straße „An der Sparkasse“ zu finden. Heute, wie schon davor, heißt sie wieder Helenenstraße, ebenfalls nach einer Schwester von Paul Friedrich.

62 Mitarbeiter zählte die Sparkasse damals. Sie arbeiteten mit einem maschinellen Buchungsverfahren für den Giroverkehr, hatten ein automatisches Transportband für Sparbücher zur Verfügung, eine Frankiermaschine und ab 1940 sogar eine Geldzählmaschine. Die Bilanzsumme der Sparkasse betrug 1938 fast 27 Millionen Reichsmark, bereits 1929 war die 10-Millionen-Grenze überschritten worden. Der wachsende Geschäftsverkehr hatte letztlich zum Hausbau und zur Erweiterung des Betriebes geführt. So wurden 1936 fünf Grundstücke gekauft, die der Architekt und Stadtplaner Professor Paul Fliehter mit einem Neubau gestaltete, „der den stärkeren Verkehr abwickelt und zugleich Geschäftszentrum der Stadt ist.“

Bevor wir weitergehen, blicken Sie noch einmal in Richtung Deutsche Bank Filiale, Marienplatz 1-2. Hier gab es 1921 nach der Fusion mit der Vorschuß- und Grundbesitzerbank eine Zweigstelle der 1918 städtisch gewordenen Sparkasse, deren Hauptsitz sich zu dieser Zeit noch in der Königstraße, der heutigen Puschkinstraße, befand.

Zwischenstationen

Auf dem Weg dorthin – zu unserer 2. Station – machen wir einen kleinen Abstecher zu den Ursprüngen der Stadt Schwerin. So geht es vom Marienplatz über die Helenen-, Mecklenburg-, Schmiede- und Bischofstraße direkt zum ältesten Bauwerk der Stadt, dem Dom. Neben dem Schloss gehört er wohl zu den eindrucksvollsten Wahrzeichen Schwerins. Seine Grundsteinlegung fand 1171 statt, also nur wenige Jahre nach der Stadtgründung. Doch bis der ursprünglich romanische Bau, den Heinrich der Löwe persönlich mit einweihte, seinen über 117 Meter hohen Turm erhielt, sollten noch mehr als 600 Jahre vergehen. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts war es soweit und damit in jenem Jahrhundert, das bis heute mit seinen zahlreichen Um- und Neubauten das ehemals großherzogliche Stadtbild prägt.

Wenn Sie den Dom besucht und ausgiebig bewundert haben, dann lassen Sie uns die  Bischofstraße weitergehen und auf der Friedrichstraße links abbiegen. Wir stehen nun auf der Arsenalstraße und haben den Pfaffenteich, umgeben von zahlreichen denkmalgeschützten Gebäuden, vor uns. Eine Pracht. Und bevor wir nun die August-Bebel-Straße entlangschlendern, könnten Sie einen weiteren Abstecher in die Arsenalstraße machen. Das Haus Nummer acht beherbergte zwischen 1923 und 1945 die Girozentrale Mecklenburg, eine Zweigstelle der Hannoverschen Girozentrale. Davor war es ein hochherrschaftlicher Hotelkomplex: Stern’s Hotel. 1848 wurde es eröffnet und empfing bis zum Umbau prominente Gäste, wie Richard Wagner oder Fritz Reuter. Nach 1945 fungierte es als Haus der Kultur und noch heute wird es als Kulturzentrum genutzt.

Die Straße weiter hoch finden Sie an der Ecke Arsenalstraße 20 / Wismarsche Straße 127-129 ein Beratungscenter der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin für Firmenkunden. Das historisierende Bankgebäude steht ebenfalls unter Denkmalschutz und stammt aus dem Jahr 1905. Die Fassade wurde saniert und erstrahlt nach dreijähriger Bauzeit seit 2018 wieder in neuem Glanz.

Auf dem Rückweg zur August-Bebel-Straße lassen Sie den Pfaffenteich, früher „Mühlenteich“ genannt, einfach auf sich wirken. Hier war der Name tatsächlich Programm. Denn am Ostufer des künstlich angelegten Gewässers bepflanzten Geistliche der Domgemeinde ihre blühenden Gärten. Direkt am See war das sehr praktisch. Linkerhand sehen Sie übrigens einen weiteren Prachtbau, das im Tudorstil in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete Arsenal. Die einstige großherzogliche Waffenkammer ist heute Sitz des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Wenn wir nun die August-Bebel-Straße entlanglaufen und rechts auf die Gaußstraße abbiegen, führt uns das geradewegs auf die Schelfstraße, beginnende Puschkinstraße. Wieder nach rechts gewandt, können wir unser Ziel schon sehen, die

2. Station in der Puschkinstraße/Ecke Lindenstraße

Bis zum Umzug zum Marienplatz 1938, aufgrund des stark angewachsenen Geschäftsverkehrs, befand sich in diesem imposanten, hellgelben Gebäude die Hauptstelle der Sparkasse bzw. Ersparniß-Anstalt, wie es damals hieß. Das Haus wurde nach 1990 gründlich saniert, umgebaut und 2018 schließlich verkauft. Der äußerst repräsentative Bau stammt aus den Jahren 1856/57. Er genügte modernsten Sicherheitsanforderungen gegen Feuer und Diebstahl. Der Baumeister, Theodor Krüger, wirkte ebenfalls am inneren Umbau der Schelfkirche mit. Die Kirche, vis-à-vis von der Sparkasse, gehört zu den wenigen barocken Backsteinkirchen Norddeutschlands und war eine der bedeutendsten Grablegen der herzoglichen Familie. Es lohnt sich, auch hier einen Blick hineinzuwerfen.

Doch zurück zum Sparkassenbau. Der Beschluss zum Neubau wurde im Jahresbericht für 1856 dargelegt. Er sollte in einer nicht „zu abgelegenen Gegend der Stadt“ entstehen. Aus diesem Grund entschied man sich zum Kauf von Grundstücken nahe der Schelfkirche, riss die seinerzeit dort stehenden baufälligen Häuser ab und trug damit, wie Sie sich heute noch mit eigenen Augen überzeugen können, zur „Verschönerung der Stadt“ bei.  

Bevor Sie das Gebäude betreten, das seit einigen Monaten einen sehenswerten Ausstellungsraum zur 200-jährigen Geschichte beherbergt, lassen Sie die Fassade einmal auf sich wirken. Der neogotische Stil wurde damals ergänzt durch sechs lebensgroße Skulpturen aus Zementguss. Der auch für den Schlossbau tätige Bildhauer Carl Georg Ludwig Wiese erschuf Allegorien auf die Wohltätigkeit, die Arbeitsamkeit, die Sparsamkeit sowie das Bewahren des Ersparten. Zu bewundern auf der Seite der Lindenstraße. Wenn Sie ganz genau hinschauen, erkennen Sie bei der letztgenannten das im Arm gehaltene und auf dem Knie abgestützte große Hauptbuch der Sparkasse. Es war eines der wichtigsten Arbeitsmittel jener Zeit. Schließlich fand sich jeder Sparer akkurat mit seinen Ein- und Rückzahlungen verzeichnet in diesem Buch wieder.

Auf der Seite der Puschkinstraße, 1856 noch Königstraße, prägen zwei Figuren die Fassade, welche die Klientel darstellen und gleichzeitig typisch waren für Schwerin und Umgebung: der ländliche Arbeiter und der Handwerker. Die meisten Menschen lebten noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein in Mecklenburg-Schwerin von der Land- und Forstwirtschaft oder aber von der Fischerei. 1901 kam über dem Eingang eine letzte Skulptur von Ludwig Brunow hinzu: die Gelehrsamkeit. Damit haben wir insgesamt sieben Symbole, die eng mit der Sparkassenidee verbunden sind und wofür Sparkassen auch heute noch stehen.

Zu guter Letzt blicken Sie am Gebäude hinauf und erkennen abermals den romantisierenden Tudorstil mit einer auffallenden Eckausbildung. In großen Lettern wird an den ersten eigenen Sitz an dieser Stelle erinnert: „Ersparniß-Anstalt / eröffnet am fünften Juny 1821, / hierher verlegt am 7. August / 1857.“ Im ersten Stock, über den Geschäftsräumen, dürfen Sie sich die Wohnung des für diesen Neubau verantwortlich zeichnenden Sparkassendirektors und Geheimen Kanzleirats Peter Friedrich Rudolph Faull vorstellen.

Im Jahr 1918, also fast 100 Jahre nach ihrer Gründung, wurde die Ersparnisanstalt eine städtische Einrichtung. Das brachte viele Vorteile mit sich. So gab es keine Höchstgrenze mehr für Spareinlagen und der Scheck- und Überweisungsverkehr wurden aufgenommen. Eine bankmäßige Ausgestaltung des Instituts war nun möglich geworden und wurde vorangetrieben. Ab 1920 konnten Wertpapiere nicht nur sicher verwahrt, sondern auch an- und verkauft werden. Neue Annahmestellen in entfernt liegenden Stadtteilen wurden eröffnet. 1921 schließlich erfolgte die bereits erwähnte Fusion mit der Vorschuß- und Grundbesitzerbank.

Im selben Jahr fanden Verhandlungen mit der Girozentrale Hannover statt, zu der die Girozentrale Mecklenburg als Zweigstelle gehörte. Sie fungierte als Kommunalbank, betrieb kein Spareinlagengeschäft, wie die Sparkasse, sondern übernahm vielmehr deren Bankgeschäfte. Im Ergebnis reduzierte sich der Aufgabenbereich der Ersparnisanstalt wieder auf das Spareinlagen- und Hypothekengeschäft. Ein herber Rückschlag. Aus Ermangelung eigener Räumlichkeiten, bis zum bereits erwähnten Umzug in das ehemalige Hotel Stern’s am Pfaffenteich, kam die Girozentrale in der Königstraße 11 unter und nutzte zusätzlich die Sparkasseneinrichtungen gegenüber. Das Gebäude der Nummer 11 wurde übrigens um 1740 errichtet. Die Geschäftsstelle der Girozentrale nutzte das Eheschließungszimmer im Standesamt, das sich laut Historiker Wilhelm Jesse seit 1900 nicht mehr im Rathaus befand.  Mitte der 1990er Jahre wurde das denkmalgeschützte Haus saniert und beherbergt heute Wohnungen.

Wenn Sie mögen, dann schauen Sie sich unbedingt auch die Ausstellung an. Die Vitrinen zeigen interessante sparkassenhistorische Objekte aus den Sammlungen der Sparkasse selbst und des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, wie zum Beispiel Werbung längst vergangener Zeiten, Spiele, Maschinen, frühere Möglichkeiten der Geldaufbewahrung oder auch das Muster der DDR-Geldkarte. Schön ist, dass man im Ausstellungsraum auf der eigenen Reise in die Geschichte auch filmisch begleitet wird.

Haben Sie die Ausstellung gesehen, dann bewegen wir uns weiter und gelangen schließlich zur

3. Station, dem Altstädtischen Rathaus am Markt

Sie brauchen erst einmal eine kleine Verschnaufpause? Kein Problem. Die Puschkinstraße lädt, noch etwas abseits vom touristischen Trubel in der Schloßstraße und rund ums Schloss selbst, mit einigen schönen Lokalitäten zum Verweilen und Erholen geradezu ein. Wieder frisch und gestärkt den Weg anschließend fortsetzend, stehen Sie bald vor dem zweiten Domizil der Schweriner Sparkasse, dem alten Rathaus am Markt. Ein goldener Reiter ziert den Bau – der Stadtgründer Heinrich der Löwe. Zwei Zimmer, über dem Durchgang zum heutigen Schlachtermarkt gelegen, hatte die Sparkasse 1834 angemietet. Ab demselben Jahr erhielt das Rathaus zum Marktplatz hin seine noch heute erhaltene historisierende Fassadengestaltung im Stil der Tudorgotik. Ermöglicht wurde diese Verschönerung durch Sparkassengelder. Denn durch die Vorauszahlung der Miete konnte der Magistrat der Stadt nicht nur „den schon lange beabsichtigten Durchbau des Rathauses“ realisieren, sondern auch das Erscheinungsbild verbessern. Kein geringerer entwarf die Pläne als der Schinkelschüler und Schweriner Schlossbaumeister Georg Adolph Demmler (1804-1886).

Lange blieb die Sparkasse nicht an diesem Ort. Bereits 1856 stellte Direktor Faull im Jahresbericht fest: „Die […] überaus große Ausdehnung des Instituts hatte schon lange eine Unzulänglichkeit des jetzt im hiesigen Rathause […] benutzten Locals dargethan, indem eines Theils eine dringend nothwendige Vermehrung des Cassen-Personals wegen Mangels an Raum unterbleiben mußte, andern Theils der sich stets mehrende Andrang des Publicums in den Terminszeiten große Uebelstände nach sich zog.“  Der Gesamtverkehr, führte Faull weiter aus, „stieg auf mehr als eine Million Thaler.“ Interessant ist, dass der „größere Theil“ der Einlagen seinerzeit nicht aus Schwerin, sondern „aus anderen Städten und vom platten Lande“ stammte. Diese Tatsache tat dem karitativen Wirken der Sparkasse in der Stadt jedoch keinen Abbruch. Entweder vergab sie aus den jährlichen Überschüssen Geldgeschenke oder aber zinslose bzw. niedrigverzinste Darlehen. In den Jahren im Rathaus leistete die Sparkasse einen großen Beitrag, um die Not „ärmerer Volksklassen“ zu lindern. Das war dringend notwendig, denn fast die Hälfte der Bevölkerung galt als hilfsbedürftig. So kam 1856 die Eröffnung einer Suppenanstalt, die Essen auf Marken ausgab, zum richtigen Zeitpunkt. Gleichzeitig förderte die Anstalt den Straßenausbau in Schwerin. Sicherlich haben Sie auf Ihrem Spaziergang schon die Granitplatten entdeckt. Diese Befestigung der Bürgersteige förderte die Sparkasse über Jahrzehnte, ebenso wie die Einrichtung des Krankenhauses und von Schulen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war das Rathaus schließlich sogar für den Schweriner Verwaltungsapparat zu klein geworden. In der „Geschichte der Stadt Schwerin“ notiert Wilhelm Jesse, dass unter anderem Standesamt, Stadtkasse und Steuerverwaltung ausziehen mussten. Sie fanden schöne Domizile in der Puschkinstraße 11 und 13, gegenüber der Ersparnisanstalt. Und Sie erinnern sich: In der Puschkinstraße 11 zog einige Jahre später die erste Girozentrale für Mecklenburg ein.

Doch nun lassen Sie uns weitergehen zu unserer

4. und letzten Station, zur Schloßstraße 5

Der Puschkinstraße immer weiter nach Süden folgend, Richtung Großer Moor, biegen Sie links in die Schloßstraße ab. Vor der Nummer fünf stehend, stellen Sie sich vor, dass hier, im ehemaligen „Großherzoglichen Hofmarschall Amtsgebäude“ alles seinen Anfang nahm. Schwerin hatte zu dieser Zeit etwa 6.000 Einwohner. Im gesamten Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin lebten nach amtlicher Zählung etwa 380.000 Menschen, als am 5. Juni 1821 eine Sparkasse in einem kleinen Raum ihre Türen denjenigen „Bewohnern der Stadt Schwerin“ und „jedem Auswertigen“ öffnete, die als „minder Begüterte“ galten. Erstmals erhielten diese Bevölkerungsgruppen in der Geschichte Mecklenburgs eine Möglichkeit, „ihre geringen Ersparnisse vortheilhaft zu nutzen; sie gegen Diebstahl und andere Unglücksfälle zu sichern.“ So steht es in den „Grundeinrichtungen der Ersparniß-Anstalt zu Schwerin“ geschrieben, die im Wesentlichen vom Regierungsrat und Förderer der Sparkassenidee in Schwerin Ernst Johann Wilhelm von Schack ausgearbeitet worden ist. Als Vorlage diente ihm die Satzung der Ersparniskasse zu Neufchâtel in der Schweiz, die er in einer Schrift des Rostocker Kaufmanns Christian Friedrich Hennings fand. Nachfolgende Sparkassengründer in Mecklenburg nahmen sich Schacks Werk zum Vorbild.

Genehmigt und bestätigt wurde die wohltätig wirkende Privatanstalt von einem Großherzog, der seit seinem Regierungsantritt bestrebt war, „die Vervollkommnung aller Zustände seines Landes“ voranzutreiben. Der „leibliche und geistige Zustand eines großen Teils seiner Untertanen welcher ihn besonders nahe berührte, nämlich der bäuerlichen Bevölkerung auf den großen Domänen seines Hauses“, lag ihm sehr am Herzen. Die Rede ist von Friedrich Franz I. (1756-1837). Und so liegt es nahe, dass er sich mit eigenem Kapital ebenso an der Absicherung der Sparkasse beteiligte wie angesehene und vermögende Bürger der Stadt, von denen insgesamt zwanzig ehrenamtlich das Vorsteheramt und damit die Verantwortung für die Sparkasse übernahmen.

Die Denkschrift zum 100-jährigen Bestehen, verfasst vom zu der Zeit amtierenden Sparkassendirektor Wilhelm Schober, stellte die Entwicklung kurz nach der Gründung in Zahlen wie folgt vor: Bereits nach fünf Jahren waren 1.900 Sparer zu verzeichnen und die Einlagen auf 95.007 Taler angewachsen. Die anfangs ausgegebenen Aktien, die der Absicherung der Anstalt gedient hatten, waren vollständig zurückgezahlt. Noch vor dem 10. Jahr des Bestehens konnte die erste Million, keine 20 Jahre später die zweite, umgerechnet in Mark 1921, ausgewiesen werden. Die Sparkasse hatte sich besser entwickelt, als von den Gründern je beabsichtigt war. Die Menschen brachten der Anstalt von Anfang an großes Vertrauen entgegen, was sicherlich zu ihrem schnellen Erfolg beitrug. Beides machte es der Sparkasse schon bald nach ihrer Einrichtung möglich, sich in den Dienst „gemeinnütziger Zwecke“ zu stellen.

Das an französische Renaissancebauten erinnernde Hofmarschallamt vor dem Sie nun stehen, das 1834 aufgrund der genannten Entwicklungen zu klein geworden war für die Sparkasse, finden Sie heutzutage in einer architektonischen Version aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit hatte Schwerin etwa 40.000 Einwohner. Wie schon erwähnt, prägte insbesondere jenes Jahrhundert und Großherzog Friedrich Franz II. (1823- 1883) mit seinen in Auftrag gegebenen Bauten das Stadtbild neu und machte den Ort zu dem, was wir noch immer betrachten und genießen können: eine repräsentative Residenzstadt.

Hier endet unsere kleine historische Reise durch 200 Jahre Sparkassengeschichte in Schwerin. Vor Ihnen liegt nun das romantisch-prachtvolle Schloss, das zu besuchen, sich immer wieder lohnt. Da es natürlich noch viel mehr zu erzählen gäbe, an dieser Stelle einige interessante Tipps zum Stöbern und Nachlesen: