• Motiv eines Werbeplakates, das am 4. Oktober 1922 in der Zeitschrift Sparkasse veröffentlicht wurde

Werbung vor 100 Jahren

Vor 100 Jahren gab es noch keine einheitliche Sparkassenwerbung. In der Zeitschrift des Deutschen Sparkassenverbandes, der Sparkasse, wurden immer wieder vorbildliche Maßnahmen einzelner Institute vorgestellt. Unter der Rubrik „Zur Praxis“ ging es zum Beispiel am 4. Oktober 1922 um ein Werbemittel der Girozentrale-Kommunalbank für die Provinz Sachsen-Thüringen-Anhalt in Magdeburg. „Ausgehend von dem Grundsatz, daß das wichtigste Mittel zur Erfüllung der sozialen Zweckbestimmung der Sparkassen die persönliche Werbung Sparwilliger, unterstützt durch wirkungs-, aber taktvolle Reklame, ist, hat die Girozentrale das vorstehende, gediegene und allgemeinverständliche Werbeplakat anfertigen lassen.“ Das in Grün und Schwarz gedruckte Werbemittel konnte zum Aufkleben sowie zum Aushängen geordert werden. Der Preis der 34 x 47 Zentimeter großen Plakate betrug vier beziehungsweise sechs Mark. Dies sei ungewöhnlich niedrig. Zum Vergleich: ein Kilogramm Rogenbrot kostete in Magdeburg im Oktober 1922 inflationsbedingt 24 Mark. Zur umfangreicheren Bestellung wurde geraten. „Der Aushang einiger Exemplare in den eigenen Kassenräumen dürfte ohne große Wirkung sein; nur eine großzügige Reklame durch weitgehendste Verbreitung der Plakate in allen Bevölkerungsschichten bietet Gewähr für einen guten Erfolg.“

  • Das einheitliche Werbemittel wurde mit individuellem Aufdruck der Sparkassen versehen. In unserem Bestand befinden sich zum Beispiel sieben Freiberger Exemplare aus verschiedenen Jahren. : © Deutscher Sparkassenverlag GmbH

So schnell kann es gehen

Der Deutsche Haus- und Sparkalender war ein Werbemittel, das vor 90 Jahren vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband herausgegeben wurde. Neben einem nützlichen Jahreskalender mit kirchlichen Fest-, Erinnerungs- und Namenstagen sowie Angaben zu Aufgang und Untergang von Sonne und Mond bot das Heft vielerlei Inhalte der Sparerziehung. Diese war in den Aufbaujahren nach der Inflation sehr wichtig. Das Cover zeigt übrigens das damals bedeutendste Mittel zur Förderung des Kleinsparens, die Sparbüchse. Vermutlich ist auch ein Schulsparbuch abgebildet.

Die meisten Seiten widmeten sich aber anderen Themen. Es ging 1932 zum Beispiel um den 100. Todestag Johann Wolfgang von Goethes am 22. März oder den 100. Geburtstag Wilhelm Buschs am 15. April. Zu lesen waren Gedichte, Sinnsprüche und allerlei unterhaltsame Geschichten. Außerdem gab es Ernährungs- und Haushaltstipps. Rätseln war möglich. Man erfuhr Wissenswertes zur Natur, Landeskunde und Technik. Geschwindigkeiten wurden verglichen. Die Angaben erfolgten in Metern pro Sekunde.

Adler 31 – Automobil 20-25 – Brieftaube 20 – Dampfschiff 5-10 – Elektrische Wellen 300.000.000 – Elektrische Lokomotive 58 – Erde 30.800 – Flugmaschine 30-45 – Fußgänger 1,5 – Geschoss Feldkanone 450 – Geschoss Infanteriegewehr 860 – Lenkbares Luftschiff 40 – Licht 300.000.000 – Mond 1.000 – Ozeandampfer 10-11 – Pferd im Schritt 1,1 – Pferd im Galopp 4,5 – Radfahrer 5-10 – Schall in der Luft 330 – Schall im Wasser 1.435 – Schnecke 0,0015 – Segelschiff 4,6 – Schnellzug 20 – Schwalbe 54 – Schwimmer 1,10 – Sturm 25-50 – Torpedoboot 18,3

  • Magdeburger Ladenpreise für ein Kilogramm Kartoffeln (ab Juli für neue Ernte) 1922 in Mark : © Historisches Archiv des OSV

Preisanstieg bei der Preußenknolle

Die Preise steigen, nun auch kriegsbedingt. In die Zukunft kann der Historiker nicht schauen, sondern lediglich auf Vergangenes zurückblicken. Da gab es auch nicht gerade rosige Zeiten. Nach dem Ersten Weltkrieg führte die steigende Staatsverschuldung zu einer enormen Geldschöpfung und zu massiven Preiserhöhungen im Deutschen Reich.

Ein Kilogramm Kartoffeln kostete in Preußen, zu dem weite Teile des heutigen OSV-Gebiets gehörten, im Jahresdurchschnitt 1921 noch 1,55 und im Folgejahr bereits 8,79 Mark. Wer zu seinen Pellkartoffeln auch noch Butter wollte, zahlte 1922 durchschnittlich 175,48 Mark für 250 Gramm. Im Vorjahr waren es 14,23 Mark gewesen. Diese Angaben finden sich im Statistischen Jahrbuch für den Freistaat Preußen.

Informationen zur monatlichen Teuerung bietet hingegen das Statistische Jahrbuch des Deutschen Reichs, etwa für Magdeburg. Das war die Hauptstadt der preußischen Provinz Sachsen. Hier betrug der Ladenpreis für das Kilo Kartoffeln 1922 im März 4,00 und im Dezember 16,35 Mark. Das halbe Pfund Butter machte im März 24,48 und im Dezember 732,75 Mark. Noch gravierendere Preissteigerungen sollte es im Folgejahr geben.

  • Die Reichsbank musste seit 1924 für eine ausreichende Deckung ihrer Banknoten durch Gold- und Devisenreserven sorgen. : © Historisches Archiv des OSV

Währungspolitik vor 90 Jahren

Nicht nur in der heutigen Zeit machen sich Sparkassenkundinnen und -kunden Gedanken wegen der Inflation. Auch vor 90 Jahren waren viele Menschen besorgt. Die Währung war im Kern durch Gold- und Devisenvorräte gesichert. 30 Prozent des Banknotenumlaufs musste durch Gold gedeckt sein. Die Mindestdeckung wurde jedoch während der Bankenkrise im Sommer 1931 unterschritten, weil ausländische Investoren das Vertrauen in den Standort Deutschland verloren und deutsche Banken ihre ausländischen Gläubiger auszahlen mussten. Angesichts der Währungskrise ging die Regierung gegen die Kapitalflucht vor und die Reichsbank kontrollierte den Gold- und Devisenverkehr.

Die Reichsmark wurde nicht abgewertet, obwohl die Notendeckung weiter sank. Auch als Großbritannien im Herbst den Goldstandard wegen massiver Kapitalabzüge und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit aufgab, zog das Deutsche Reich nicht nach. Der Staat setzte auf Deflation, um schneller durch die Weltwirtschaftskrise zu kommen. Den Höhepunkt der Deflationspolitik der Regierung von Heinrich Brüning stellte am 8. Dezember 1931 die Senkung aller Tariflöhne und -gehälter sowie der gebundenen Preise, Zinsen und Mieten auf den Stand von Anfang 1927 dar. Durch die sinkenden Preise steigerte sich der Geldwert. Die Regierung war überzeugt davon, dass es zu einem neuen Aufschwung der Konjunktur komme, wenn die Preise niedrig genug waren und deswegen wieder Waren gekauft wurden. Der Konkurs von nicht konkurrenzfähigen Betrieben während der Wirtschaftsdepression wurde als natürlich erachtet und in Kauf genommen.

Reichsbankpräsident Hans Luther propagierte eine stabile Goldwährung und sprach sich gegen eine kontrollierte Inflation aus. Er sah darin eine Manipulation der Währung, um sich notwendigen Maßnahmen in der Wirtschaftspoltik zu entziehen. Jedwede Geldschöpfung und Kreditaufnahme zugunsten des Staates führe wieder zu einer verheerenden Inflation. Eine stabile Währung war wichtig für die Sparkassenkundschaft, die in der Hyperinflation 1923 schweren Schaden erlitten hatte. Durch den Zugriff der Reichsregierung auf die damals von ihr abhängige Zentralbank war sie um den Großteil ihrer Ersparnisse gebracht worden. In Vertrauen auf eine feste Reichsmark sollten die Menschen 1931 ihre Spargelder nicht zu Hause horten, sondern zur Sparkasse bringen, damit diese als Kredite vergeben werden konnten. Die Deflationspolitik verschärfte jedoch die Wirtschaftskrise. Die Sparfähigkeit der Bevölkerung reduzierte sich insbesondere wegen der massiven Arbeitslosigkeit.

  • © Historisches Archiv des OSV

1.000 Spardosen für die Kundschaft

Nach dem Verlust ihres Ersparten durch die Hyperinflation 1923 begannen die Sparkassenkunden erneut, sich Rücklagen zu bilden. Wegen des, durch die staatliche Geldpolitik verursachten, Rückschlags hieß es, ganz von vorne anzufangen. Das Vertrauen in die Reichsmark, die im Kern durch Gold und Devisen gedeckte neue Währung, führte zu einem „Sparwunder“ in der Weimarer Republik. Die Zunahme der Spareinlagen hatte auch mit der Werbung zu tun, welche die Sparkassen damals für sich entdeckten.

Ein Mittel zur Förderung der Spartätigkeit war die Abgabe von Heimspardosen. Bereits nach der Jahrhundertwende wurden sie im Kaiserreich von Sparkassen verliehen. Ab 1924 wurden sie richtig populär, denn es galt, Kapital schon durch kleine Sparbeträge zu bilden. Die Spardose stellte die Filiale zu Hause dar. Sie sollte das Heim des „kleinen Mannes“ zieren und ihn jederzeit ans Vorsorgen erinnern. Außerdem sparte man sich die Mühe mit vielen einzelnen Kleineinzahlungsvorgängen. Üblicherweise war der geringste Einzahlbetrag eine Reichsmark.

Der Schlüssel zur Dose blieb immer bei der Sparkasse, wo auch die Leerung stattfand. So konnte zum Beispiel die in Bad Liebenwerda ansässige Kreissparkase 1926 den vorbeigebrachten Exemplaren 3.913,17 Reichsmark entnehmen. 1.000 Spardosen hatte sie damals bereits in Umlauf. Auch die abgebildete Sparbüchse mit dem schönen Bienenkorbmotiv stammt von der Kreissparkasse und wurde von der Kundschaft bestimmt mit Bienenfleiß gefüllt. Nicht nur mit Münzen konnte man das dekorative Stück übrigens füttern, sondern auch mit gerollten Geldscheinen.

  • Historisches Archiv des OSV : © In der Notverordnung vom 6. Oktober 1931 wurde die rechtliche Selbstständigkeit der Sparkassen gefordert.

Wie die Sparkassen Körperschaften öffentlichen Rechts wurden

Heute sind die kommunalen Sparkassen rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Vor genau 90 Jahre ordnete Reichspräsident Paul von Hindenburg in einer seiner Notverordnungen an, dass die Sparkassen eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen sollten. In Kapitel I des fünften Teils der Verordnung „zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen“ wurden zunächst die Landesregierungen ermächtigt und verpflichtet, dies ihrerseits durch Verordnungen umzusetzen. Mit ihrer rechtlichen Selbstständigkeit sollten die Geldinstitute ein separates Vermögen erhalten. Probleme klammer Träger konnten sich so nicht auf das Sparkassenvermögen auswirken. Der Fall Glashütte war nicht lang her. Die kommunale Gewährträgerhaftung blieb erhalten. Neu war, dass den Vorständen der Sparkassen künftig auch Mitglieder angehörten, die nicht den Verwaltungen entstammten.

Diverse Anlagevorschriften gab es angesichts der Bankenkrise und der prekären Lage der Gemeinden. Kredite an Kommunen durften 25 Prozent der Einlagen nicht übersteigen. Inbegriffen war der Erwerb von kommunalen Anleihen, Bürgschaften und Wechselverpflichtungen. Des Weiteren konnten die Sparkassen nur 40 Prozent der Einlagen in Hypotheken anlegen. Jedem Kreditnehmer war höchstens ein Prozent der Einlagen als Personalkredit zu gewähren, wenn dessen Kredite 20.000 Reichsmark überstiegen. Zur Liquiditätssicherung galt es, 30 Prozent der Spareinlagen und 50 Prozent der sonstigen Einlagen in flüssigen Werten anzulegen. 10 Prozent der Spareinlagen und 20 Prozent der anderen Einlagen sollten als Liquiditätsreserve bei der zuständigen Girozentrale gehalten werden. Neben diesen ganzen Vorschriften gab es noch etwas Positives im Bereich Markenschutz. Die Bezeichnung „Sparkasse“ war fortan den öffentlichen Sparkassen vorbehalten. Jahrelang hatte es diesbezüglich Auseinandersetzungen mit genossenschaftlichen Kreditinstituten gegeben.

Umgesetzt wurde die Verordnung Hindenburgs zum Beispiel am 20. Juli 1932 durch eine Verordnung der letzten demokratischen Regierung des Freistaats Preußen. Mit dem Inkrafttreten einer Mustersatzung, die von den Trägern bis zum 30. September 1932 anzunehmen war, erhielten die preußischen Sparkassen „Rechtsfähigkeit und die Eigenschaft von Körperschaften öffentlichen Rechts“. Damit ging das Sparkassenvermögen einschließlich der Schulden auf die mit Rechtsfähigkeit ausgestattete kommunale Sparkasse über. Auch die anderen Vorgaben vom 6. Oktober 1931 wurden umgesetzt. Mit der neuen Satzung war auch ein neuer Vorstand zu bilden. Ihm sollte mindestens ein „Angehöriger des Gewährverbandes“ angehören, welchen der Bürgermeister beziehungsweise Landrat als Mitglied bestellte. Auch heute noch gehören sachkundige Bürger den Verwaltungsräten der Sparkassen an.