• Das Reichsgesetz regelte vor 100 Jahren unter anderem die Entschädigungen für die Sparkassenkundschaft, deren Ersparnisse in der Inflation entwertet wurden. : © Historisches Archiv des OSV

  • Die alten Guthaben mussten zunächst in Goldmark umgerechnet werden. Ein hilfreiches Tabellenwerk publizierte Gerhard Vollhaber, Sparkassendirektor in Wilhelmshaven. : © Historisches Archiv des OSV

  • Auch dieses Sparbuch der Schweinitzer Kreissparkasse mit Sitz in Herzberg (Elster) in Preußen wurde aufgewertet. Die Kundin bekam 67 Reichsmark. : © Historisches Archiv des OSV

  • Das Aufwertungsgesetz bestimmte eine Aufwertung von mindestens 12,5 Prozent des Goldmarkwertes der Altgutgaben. Bei der Sparkasse im sächsischen Olbersdorf gab es das Doppelte. : © Historisches Archiv des OSV/ Depositum Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien

Vor 100 Jahren – Das Aufwertungsgesetz regelte Entschädigungen

Zur staatlich verschuldeten Inflation Anfang der 1920er Jahre sind im Laufe der Zeit schon verschiedene Beiträge im Sparkassengeschichtsblog erschienen. Sie befassen sich unter anderem mit Milliarden auf dem Sparbuch oder Billionen-Scheinen. Im Herbst 1923 stoppte die rasante Geldentwertung. Im Folgejahr wurde die Reichsmark neue deutsche Währung. Kundinnen und Kunden konnten alte Mark-Guthaben bei ihrer Sparkasse anmelden, um eine Entschädigung zu erhalten. Bargeld tauschte die Reichsbank im Verhältnis 1 Billion zu 1 um.

Am 16. Juli 1925 wurde dann ein Reichsgesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen veröffentlicht. Es regelte die Aufwertung von Ansprüchen in Mark, die vom Währungsverfall betroffen waren. Voraussetzung war die Errechnung eines sogenannten Goldmark-Wertes. Man schrieb zahlreiche Umrechnungssätze fest. (Bild 2) Ab dem 20. November 1923 entsprach eine Billion Papiermark einer Goldmark.

Das Gesetz befasste sich zudem mit der Aufwertung von Sparkassenguthaben. Zunächst hieß es aber für die Sparkassen, ihre entwerteten Anlagen zum Teil wiederherzustellen. Dies betraf zum Beispiel die Hypothekenkredite. Zu den Aktiva gehörten auch viele Staatspapiere, etwa Anleihen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Deren Aufwertung regelte vor 100 Jahren ein separates Gesetz. Letztlich sollten sich unter Länderaufsicht Teilungsmassen bei den Sparkassen bilden.

Die Kundschaft musste laut Aufwertungsgesetz prinzipiell mindestens 12,5 Prozent des errechneten Goldmarkwertes ihrer alten Sparguthaben erhalten. Die obersten Landesbehörden bekamen aber die Ermächtigung, von der einheitlichen Regelung abzuweichen. So konnten etwa Gewinne der Geldinstitute oder Beiträge der kommunalen Träger in die Teilungsmasse eingehen. Preußen bestimmte einen Aufwertungssatz für alle Sparkassen. In Sachsen hingegen berechnete jedes einzelne Institut eine individuelle Quote. (Bilder 3, 4) Beides war gesetzlich erlaubt.

Die Aufwertung bedeutete eine Menge Rechenarbeit für die Sparkassen. Es mussten ja sämtliche Ein- und Auszahlungen berücksichtigt werden und nicht nur der Endstand des Kontos. Außerdem erfolgten noch staatliche Verfahrensänderungen, die zu Verzögerungen führten. So zog sich der Entschädigungsprozess bis in die 1930er Jahre. Ältere und bedürftige Sparende mussten aber nicht so lange warten. Sie bekamen Abschlagszahlungen. Sicherlich trug diese freiwillige Maßnahme dazu bei, das Vertrauen in die Sparkassen zu stärken.

  • Der Sitz der Sparkasse Elbe-Elster in Finsterwalde vor 95 Jahren. (Ansichtskarte Verlag Wilhelm Schade in Finsterwalde, 1929; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

  • Portal der Sparkasse, 2021 : © Thomas Einert

Das Historische Archiv im Jahresbericht

Vor kurzer Zeit hat der Ostdeutsche Sparkassenverband seinen Jahresbericht für 2023 online veröffentlicht. Auch das Historische Archiv wurde bedacht und taucht hier mit drei Projekten des vergangenen Jahres auf. Als großes Titelbild begegnet uns der historische Sitz der Sparkasse Elbe-Elster in Finsterwalde. Diese Postkarte wurde 1929 versendet. Da war das Gebäude links ganz neu. Am 18. Juni 1928 konnte die Stadtspar- und Girokasse Finsterwalde dort einziehen.

Vom Architekten und Regierungsbaumeister a.D. Kurt Vogeler stammt der Entwurf für das Haus. Der Bildhauer Walter Lemcke gestaltete unter anderem die interessanten Sandsteinfiguren an der Fassade. Sie nehmen Bezug auf örtliche Wirtschaftszweige, mit denen das Geldinstitut Geschäftsbeziehungen pflegte. Schauen Sie sich gern das zweite Bild des Blogs an. Über dem Eingangsportal sehen Sie links Merkur, den antiken Gott/ Schutzpatron der Reisenden, des Handels und der Wissenschaften. Rechts symbolisiert eine Frau die Güterzeugung, die Industrie.

Das ehemalige Postamt ist seit Anfang 2002 Teil der neugestalteten Hauptstelle der Sparkasse Elbe-Elster. Ein Um- und Erweiterungsbau erfolgte, der wertvolle alte Bausubstanz erhielt und historische mit moderner Architektur verband. Auch das Sparkassengebäude von 1928 wurde damals umgebaut. Die Fassade blieb dabei erhielten, wie schon bei einer weitreichenden Umgestaltung in den Jahren 1991/1992.

  • Ausschnitt des Zeitstrahls : © Sparkasse Elbe-Elster

Die neue Online-Chronik der Sparkasse Elbe-Elster

Nun ist sie im Internet zu finden. Die Rede ist von der Chronik der Sparkasse Elbe-Elster. In einem längeren Projekt hatten wir für diese Mitgliedssparkasse des Ostdeutschen Sparkassenverbandes zunächst eine ordentlich recherchierte und reich bebilderte Broschüre erarbeitet. Im Sparkassengeschichtsblog wurde dazu bereits mehrfach berichtet. Die wichtigsten Meilensteine der Unternehmensgeschichte finden Sie ab sofort unter www.spkee-chronik.de. Klicken Sie sich gern durch den bunten Zeitstrahl. Dort gibt es kleinere Geschichten. Auch Zeitzeugen sind eingebunden. Und wenn Sie noch mehr zur Historie der Sparkasse seit 1837 erfahren möchten, so steht im Menü auch die erwähnte Geschichtsbroschüre im PDF-Format mit umfangreichen Informationen und natürlich auch den Quellennachweisen bereit. Schauen Sie gern vorbei!

  • Marktplatz und Rathaus in Finsterwalde (Ausschnitt Ansichtskarte Kunstdruckerei Gebrüder Isenbeck in Wiesbaden, vers. 1907; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Die ersten Überschüsse der Stadtsparkasse Finsterwalde

Die Sängerstadt Finsterwalde ist Hauptsitz der Sparkasse Elbe-Elster, mit deren Geschichte wir uns in der Vergangenheit viel beschäftigt haben. Für die Erstellung einer Chronik sind umfangreiche Recherchen in Archiven erfolgt, die sich natürlich auch den Anfängen des gesellschaftlichen Engagements widmeten. Einen Beitrag zum Standort Kirchhain finden Sie beispielsweise hier im Blog.

Auch bei der Stadtsparkasse Finsterwalde dauerte es eine Weile – zwei Jahrzehnte – ehe sie der Kommune Geld zur Verfügung stellen konnte. Für die Überschüsse des Geschäftsjahres 1905 in Höhe von 7.200 Mark genehmigte die Aufsichtsbehörde 1906 die Verwendung. Damit konnte dann ein Bebauungsplan für die Stadt finanziert werden.

Diese Informationen lieferte die „Acta des Magistrats der Fabrikstadt Finsterwalde betreffend: die Verwaltung der Sparkasse“ im Kreisarchiv in Herzberg (Elster). Ein Glücksfall, denn zu vielen Vorgängerinstituten der Sparkasse Elbe-Elster gibt es keine regionale Überlieferung vor Ort. In der Akte, die von 1899 bis 1911 geführt wurde, fanden sich der Jahresabschluss der Sparkasse (Blatt 100) sowie das Genehmigungsschreiben des Regierungspräsidenten (Blatt 131).

Im Vorbericht zum Jahresabschluss steht, dass der Garantieverband erstmals Geld erhielt. Dies wurde verifiziert. Das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam verwahrt die „Nachweisung über den Geschäftsbetrieb und die Ergebnisse der Sparkassen im Regierungsbezirke Frankfurt a./Oder für das Kalenderjahr 1905″ aus dem Jahr 1906. Die Statistik belegt, dass die Stadtsparkasse Finsterwalde tatsächlich zum ersten Mal Überschüsse von 7.200 Mark bereitstellte.

  • Spareinlagen am Jahreschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

  • Spareinlagen am Jahresschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

Sparkassenrun in der Revolutionszeit

Die Unterlagen der Aufsichtsbehörden sind eine wertvolle Quelle, wenn man sich mit der älteren Sparkassengeschichte beschäftigt. So sind zum Beispiel im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg Akten des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen vorhanden, in denen die jährlichen Geschäftsdaten sämtlicher Sparkassen des Landesteils des Königreichs Preußen für die Mitte des 19. Jahrhunderts stehen. Das war für die Geldinstitute eine schwierige Zeit. Revolutionäre Ereignisse wirkten sich damals auf die Einlagenentwicklung aus. Ins Auge fällt, dass unter den 15 Sparkassen in den hier abgebildeten zwei Diagrammen eine besonders hart getroffen wurde. Die Hintergründe habe ich im Rahmen einer Auftragsarbeit erforscht. Wichtige Informationen fanden sich im Merseburger Standort des Landesarchis sowie im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin. Auch die Publikation von Karl Pallas zur Geschichte Herzbergs aus dem Jahr 1901 war sehr nützlich. Dieses Werk steht in der Berliner Staatsbibliothek.

Tatsächliche hatte der massive Rückgang der Spareinlagen in Herzberg verschiedene Ursachen. Kunden dieser seinerzeit einlagenstärksten Sparkasse im Regierungsbezirk Merseburg befürchteten nach den Straßenkämpfen am 18. März 1848 in Berlin, dass der König die Gelder der Kreissparkasse beschlagnahmen werde, um seine Truppen zu bezahlen. Auch in Herzberg kam es übrigens zu revolutionären Unruhen. Ende März wurde etwa auf Beschluss einer Volksversammlung dem Bürgermeister Biltz der Schlüssel zu seiner Amtsstube abgenommen. Seine Wohnung besetzte die Schützengilde, um ein angebliches Entwenden von Akten zu verhindern. Unter dem Druck der Verhältnisse und mit Genehmigung der städtischen Behörden entließ Landrat Gustav von Kleist den Bürgermeister. Somit musste auch dessen Stelle im Kuratorium (Verwaltungsrat) der Schweinitzer Kreissparkasse neu besetzt werden.

Für mehr Aufregung sorgten allerdings die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Sparkasse. Gerüchte kursierten. Der Rendant, Kaufmann Emil Rudolf Hoyer, erledige seine Arbeit nicht ordentlich. Noch mehr Zweifel an der Sicherheit der Spareinlagen kamen auf. Der Landrat entdeckte bei einer Revision Nachlässigkeiten und informierte die Aufsichtsbehörde in Merseburg, den Kreistag und am 15. April 1848 die Öffentlichkeit durch das Kreisblatt. Beschuldigt wurde Hoyer, die ihm gezahlten Zinsen für Kredite häufig verspätet zur Kasse gebracht und gebucht zu haben. Er musste seinen Posten aufgeben. Eine sachliche Information über diese Pflichtverletzungen hielt von Kleist für angebracht, damit die Kundschaft nicht noch mehr in Aufregung geriet.

Der abgesetzte Rendant ließ sich den Umgang mit seiner Person nicht gefallen, zumal er auch seine Kaution nicht wiederbekam. Um die „Volksgunst“ habe er dann „gebuhlt“ und sich für unschuldig erklärt, die Sparkasse öffentlich diskreditiert und letztlich sogar ein eigenes Geldinstitut gegründet, zu dem Kunden auch wechselten. Dies berichtete der Landrat der Regierung in Merseburg. Hoyer soll sogar die ihm übergebenen Sparkassenbücher der Kreissparkasse zur Auszahlung vorgelegt haben. Weil diese die geforderten Gelder nicht in bar vorrätig hatte, habe er die Abtretung der besten Hypothekenkredite verlangt.

Innerhalb eines halben Jahres wurden allein bis September 1848 rund 200.000 Taler Einlagen gekündigt. Ab 30 Talern galt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Ab 15 Talern war es ein Monat. Geringere Beträge bekam man satzungsgemäß sofort. Sofern es die Kassenverhältnisse zuließen. Die Kreissparkasse hatte fast ausschließlich in Hypothekenkredite investiert und verfügte über keine nennenswerten Wertpapierbestände, die sie verpfänden konnte. Der Staat nahm ihre Hypothekendokumente 1848 leider nicht als Sicherheitsleistung an und gewährte keine Vorschüsse als Hilfe. In der Not mussten Kredite gekündigt werden, um Geld zur Auszahlung der Sparer zu beschaffen. Außerdem versuchte man die Kunden 1849 durch eine Erhöhung der Sparzinsen zu halten. Um bei künftigen Notfällen besser gerüstet zu sein, legte ein Satzungsnachtrag am 15. Januar 1850 den Aufbau eines Reservefonds von 20.000 Talern in Wertpapieren fest.

  • Nicht nur bei der Schweinitzer Kreissparkasse gab es in der Inflationszeit mehr Sichteinlagen als Spareinlagen. (Abb. Siegel der Sparkasse) : © Historisches Archiv des OSV

Giro- und Spareinlagen in der Inflationszeit

Durch einen Erlass erlaubte der preußische Innenminister am 15. April 1921 den Oberpräsidenten der Provinzen des Freistaats, eine Erweiterung des Geschäftsbereichs der Sparkassen zuzulassen. Danach konnte zum Beispiel die Höchstgrenze für die Einlagen im Depositen- und Kontokorrentverkehr entfallen. Diese durften seit dem 10. August 1917 nur 25 Prozent des Gesamtbetrags der vorhandenen Einlagen auf Sparkassenbüchern betragen. Als den preußischen Sparkassen am 20. April 1909 erstmals der Giroverkehr für Kontokorrentguthaben erlaubt wurde, waren es sogar nur zehn Prozent.

Während der Inflation Anfang der 1920er Jahre nahm die Bedeutung der Girokonten bei der Sparkassen stark zu. Damals wollte die Kundschaft ihr Geld wegen der Furcht vor fortschreitender Entwertung gern täglich verfügbar halten. Traditionelles Sparen mit dem Sparkassenbuch hatte keinen Sinn. Wer den Wert des Ersparten retten wollte, erwarb Sachgüter, Devisen oder Wertpapiere. Die Sparkassen profitierten vom Wertpapierkommissionsgeschäft, das ihnen durch den Ministerialerlass erleichtert wurde. Langfristige Hypothekenkredite als Anlage der Sparguthaben waren nicht mehr gefragt. Bedeutung erlangten kurzfristige Kredite, etwa Vorschüsse an Giro- und Kontokorrentkunden.

Am Beispiel der ältesten kommunalen Kreissparkasse im Verbandsgebiet lässt sich das Verhältnis der lang- und kurzfristigen Einlagen verdeutlichen. Betrugen bei der Sparkasse des Schweinitzer Kreises 1921 die Sparguthaben 49,9 Millionen Mark und die Guthaben auf Giro- und Kontokorrentkonten 13,2 Millionen Mark, so waren es ein Jahr später 66,2 beziehungsweise 204,8 Millionen Mark. Nach der Hyperinflation lagen Ende 1923 auf den Sparbüchern mehr als 250 Billionen Mark. Die Giro- und Kontokorrenteinlagen betrugen hingegen fast 173 Billiarden Mark.